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Der Vampir, den ich liebte

Der Vampir, den ich liebte

Titel: Der Vampir, den ich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Fantaskey
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vergaß beinahe, dass ich gerade eben noch geweint hatte.
    Jake wandte
sich zum Gehen, dann drehte er sich noch einmal um. »Jess?«
    »Ja?«
    »Ich bin
froh, dass du mich gefragt hast.«
    »Ich auch«,
antwortete ich und dankte im Stillen Mindy und ihrem Glauben an die Cosmo und
an Horoskope.
    Lucius
saß draußen vor der
Schule auf einer niedrigen Ziegelsteinmauer in der Nähe des Eingangs und
wartete. Als er mich sah, sprang er von der Mauer und streckte die Hände nach
meinen Büchern aus, wie er es immer tat, wenn es ihm gelang, mich nach der
Schule abzufangen.
    »Wir haben
den Bus verpasst«, stellte er fest. Er klang nicht enttäuscht.
    »Wir können
zu Fuß zu Moms Büro gehen. Sie kann uns mitnehmen.« Das Grantley College war
nur wenige Minuten von unserer Schule entfernt.
    »Hervorragende
Idee.« Einträchtig liefen wir nebeneinander durch die kühle Luft des
Herbstnachmittags in Richtung Campus. Nach einigen Momenten des Schweigens zog
Lucius aus einer Innentasche seines Mantels ein gestärktes Leinentaschentuch
mit Monogramm und reichte es mir. »Dein Gesicht ist noch ganz verweint.«
    »Danke«,
sagte ich und nahm das Taschentuch entgegen. Ich wischte mir über die Wangen
und putzte mir die Nase. »Hier«, sagte ich und hielt ihm das Taschentuch hin.
    Lucius hob
abwehrend die Hand. »Behalt es. Bitte. Ich habe noch andere.«
    »Danke.«
Ich knüllte das Taschentuch zusammen und stopfte es in meine Tasche.
    »War mir
ein Vergnügen, Jessica.« Lucius' Blick war in die Ferne gerichtet, sein Tonfall
geistesabwesend. Etwa einen Häuserblock weiter überholte er mich, drehte sich
um und ging rückwärts, wobei er mir forschend ins Gesicht blickte. »Dieser Junge
... dieser Bauer Zinn ...«
    »Was ist
mit Jake?« Jetzt war es an mir, den Blick abzuwenden und mich auf die von
Eichen gesäumte Straße zu konzentrieren.
    »Er ist ...
fühlst du dich wirklich ehrlich zu ihm hingezogen?«
    Ich
verschränkte die Arme vor der Brust, zuckte die Achseln und trat gegen eine am
Boden liegende Eichel. »Oh, ich weiß nicht. Ich meine ...«
    »Na ja, du
begleitest ihn zu dieser Gala, von der alle sprechen ...«
    »Es ist
eine Party. In der Turnhalle. Keine ›Gala‹. Niemand sagt ›Gala‹.
Zumindest niemand auf der Woodrow Wilson.«
    Lucius
runzelte die Stirn. »Gala, Party ... wie auch immer. Ihr geht miteinander?«
    Ist das
Enttäuschung in Lucius' Augen? Oder nur die gewohnte Düsternis? »Es ist ja nur ein einziges Date,
aber ja, ich schätze, so ist es«, gab ich zu und wunderte mich, dass ich
plötzlich ein schlechtes Gewissen hatte. Es gab keinen Grund dazu. Nur weil
Lucius glaubte, wir seien verlobt, machte mich die Verabredung mit Jake nicht
zur Betrügerin, verdammt noch mal. Dennoch fügte ich lahm hinzu: »Ich hoffe,
das ist kein Problem. Wegen des Paktes und allem.«
    »Es fällt
mir nur schwer, es zu verstehen.«
    »Was?«
Plötzlich war ich neugierig. »Ich dachte, du wüsstest alles.«
    »Er hat
dich nicht verteidigt.« Lucius rieb sich das Kinn, aufrichtig verwirrt.
    Jetzt hatte
ich das Gefühl, Jake verteidigen zu müssen. »Hier verteidigen Frauen sich
selbst. Männer müssen nicht für uns kämpfen. Ich habe es dir doch schon gesagt – ich werde allein mit Dormand fertig.«
    »Nicht so,
wie ich es für dich tun kann. Nicht so, wie Zinn es hätte tun sollen. Ob es dir gefällt oder nicht, dein Geschlecht erlegt dir gewisse Grenzen
auf. Du kannst nach ihm schlagen wie nach einer lästigen Fliege, aber ich hätte
ihn zerquetschen können. Jeder ehrenhafte Mann hätte eingegriffen.«
    »Hey«,
protestierte ich. »Jake ist ehrenhaft.«
    »Nicht
genug, um dich zu beschützen.«
    »Oh,
Lucius«, stöhnte ich auf. »Jake denkt, dass du total übertrieben hast – und er
hat recht.«
    Lucius
schüttelte den Kopf. »Dann hat er dein Gesicht nicht gesehen.«
    Ich war mir
nicht ganz sicher, was ich darauf erwidern sollte.
    Schweigend
gingen wir weiter, wobei Lucius seine langen Schritte meinen kürzeren
anpasste. Er wirkte noch abwesender als zuvor, die Stirn in tiefe Falten
gelegt.
    Wir ließen
die Tore zum Campus des Grantley hinter uns und liefen
in Richtung Schreyer Hall, wo Moms Büro lag. Plötzlich hellte Lucius' Miene
sich auf. »Du kannst doch fahren, oder? Du hast einen Führerschein?«
    »Äh, ja,
klar. Warum? Wo willst du denn hin?« Zur Blutbank?
    »Ich
glaube, ich würde mir gern ein Paar Jeans kaufen«, verkündete Lucius.
»Vielleicht ein T-Shirt. Und sie sind sehr streng, was das Tragen

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