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Der Vampir, den ich liebte

Der Vampir, den ich liebte

Titel: Der Vampir, den ich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Fantaskey
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Wahnsinnig. Ich schaute zu meinen Eltern auf die Tribüne hinüber. Sie
wirkten verängstigt und auf einmal hatte auch ich Angst.
    Als Lucius
über den fünften Zaun segelte, umklammerte plötzlich
eine Hand meinen Unterarm und ich zuckte zusammen. »Sieh ihn dir an«,
flüsterte Faith, an niemand Bestimmten gewandt. Ich war mir ziemlich sicher,
dass ihr nicht einmal bewusst war, wen sie berührte, so gebannt beobachtete sie
Lucius. Faith klopfte sich geistesabwesend mit der Reitgerte gegen die Wade, im
Rhythmus mit den Hufschlägen. Ich zog den Arm weg.
    »Entschuldige«,
murmelte Faith, ohne den Blick von Lucius abzuwenden.
    Hell's
Belle überwand den letzten Zaun und der Kommentator verkündete eine neue
Rekordzeit für das 4-H-Turnier.
    Lucius und
das Pferd blieben vor dem Tor stehen. Lucius glitt aus dem Sattel und zog sich
mit völlig gelassener Miene die Reithandschuhe aus, als käme er gerade von
einem Spazierritt durch einen Park zurück. Den Applaus schien er gar nicht zu
bemerken.
    Angeber.
    »Ich werde
ihm gratulieren«, sagte Faith.
    In ihren
Augen lag ein seltsamer Ausdruck.
    Faith
verschwand in Richtung Ausgang in der Menge und folgte Lucius hinter den Ring.
In dem Moment fiel mir die Reitgerte ein. Hell's Belle würde Faith' Gerte nicht
gefallen. Lucius hatte vor ein paar Tagen sogar ein Warnschild im Stall
aufgehängt – ein Schild, das mich fast jeden Tag warnte. »Faith, warte«, schrie
ich und folgte ihr.
    Aber ich
war zu langsam. Als ich sie hinter den Ställen einholte, hatte Faith Lucius und
Hell's Belle gerade erreicht und schwenkte die Gerte, um Lucius' Aufmerksamkeit
auf sich zu ziehen. Leicht berührte die Gerte die Flanke des Pferdes. Hell's
Belle wirbelte zornig herum, wich zurück und riss Lucius beinahe die Zügel aus
den Händen, bevor er begriff, was geschah.
    Ich hörte,
wie er Faith befahl, die Gerte fallen zu lassen, doch es war zu spät.
    Die Stute
bäumte sich hoch auf und schlug mit den Vorderbeinen aus. Ich schrie, weil ich
vorhersah, was gleich geschehen würde, während Lucius Faith wegstieß und damit
selbst gefährlich nahe an die um sich schlagenden Hufe geriet. Dann fiel er zu
Boden.
    Es folgte
ein Übelkeit erregendes, deutlich hörbares Knacken, als Hell's Belles Hufe,
angetrieben von einer Unmenge Sehnen und Muskeln, Lucius' Beine und Rippen
trafen. Das Ganze war binnen Sekunden vorüber, bevor ich auch nur ein Mal
aufschreien konnte. Lucius lag zusammengekrümmt und mit gebrochenen Knochen im
Gras. Auf seinem weißen Hemd war Blut, Blut sickerte aus den hohen
Lederstiefeln und befleckte die rehbraunen Reithosen.
    »Lucius!«
Endlich fand ich meine Stimme wieder, rannte zu ihm hin und ließ mich neben ihn
fallen. Ich hatte solche Angst um ihn, dass ich das gefährliche Tier, das – immer noch frei – hinter mir schnaubte, vollkommen vergaß.
    »Fang sie
ein«, befahl Lucius mit zusammengebissenen Zähnen, während er versuchte, sich
auf die Seite zu rollen. Er deutete auf das Pferd, das mit bebenden Flanken,
verängstigt, aber immer noch argwöhnisch, dastand. »Du kannst es schaffen.
Bevor sie ...«
    Faith
begann zu weinen, abrupt und laut, als sie begriff, was geschehen war. Aber
hier, hinter dem Stall, hörte uns niemand. Alle waren auf den Tribünen und
beobachteten den Wettbewerb. Hell's Belle stand mit gesenktem Kopf über Lucius
und schnaubte wie ein zorniger Wächter. Ich konnte ihren heißen Atem an meinem
Hals spüren und plötzlich hatte ich auch um mich selbst Angst. Keine unbedachten
Bewegungen ...
    »Sie muss
angebunden werden, Jess«, flehte Lucius und krümmte sich, weil die Worte ihn so
viel Kraft kosteten.
    Ich nickte
stumm. Ich wusste, dass er recht hatte. So langsam wie möglich stand ich auf
und drehte mich um.
    »Ganz
ruhig, Mädchen«, flüsterte ich und streckte die Hände aus, die Innenflächen
nach oben.
    Das Pferd
zuckte zurück und ich tat das Gleiche. Du musst nur ruhig bleiben, Jess ...
    Ich schob
mich näher heran. Hell's Belles Augen rollten hin und her, aber sie lief nicht
weg. Trat nicht aus.
    Sie schien
zu verstehen, dass etwas furchtbar schiefgelaufen war. Mit zitternden Händen
griff ich nach den losen Zügeln, die von ihrem Zaumzeug herabbaumelten. »Ganz
ruhig, Mädchen.« Während ich dem Pferd fest in die Augen sah, ertastete ich mit
den Fingerspitzen die Zügel. Der Atem der Stute ging immer noch schnell und
schwer, aber sie bewegte sich nicht. Lucius stöhnte. Ich musste mich beeilen.
Entschlossen, aber mit zitternden

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