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Der Vampir, den ich liebte

Der Vampir, den ich liebte

Titel: Der Vampir, den ich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Fantaskey
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nicht so schlimm dran war, wie wir dachten,
warum wollte er keine Sanitäter?«, fragte sie sich laut.
    Ich war mir
selbst nicht ganz sicher, aber ich hatte das Gefühl, dass es etwas mit Lucius'
Wahnvorstellungen, ein Vampir zu sein, zu tun hatte. Da das aber definitiv
keine passende Antwort für Faith war, erwiderte ich: »Ich denke, er ist einfach
zu stolz. Zu tapfer, um sich mit Sirenen und vor Dutzenden Zuschauern
davontragen zu lassen.« Tatsächlich hätte auch das Lucius ähnlich gesehen,
dachte ich.
    Faith
lächelte schwach, wobei sie immer noch in die Ferne schaute. Die Gerte
trommelte einen stetigen Rhythmus gegen ihren Stiefel. Sie wirkte jetzt
vollkommen ruhig, beinahe entspannt. »Ja«, sagte sie, mehr zu sich selbst als
zu mir. »Lucius Vladescu macht den Eindruck, als hätte er vor gar nichts Angst.
Und er weiß wirklich, was er will, nicht wahr?«
    Du hast
ja keine Ahnung, hätte
ich ihr am liebsten geantwortet. Aber gerade in dem Moment kam eine ganze
Truppe von Turnier-Offiziellen in unsere Richtung marschiert und ich drehte
mich zu ihnen um, bereit zu weiteren Lügen.

Kapitel 23
    Es war dunkel, als ich nach Hause kam;
ich war mit Belle querfeldein geritten, hatte Abkürzungen durch abgeerntete
Maisfelder genommen und die Straßen so weit wie möglich gemieden, beinahe als
hätte ich Angst, verfolgt zu werden. Ich hatte nicht den Wunsch gehabt, mich
von den Leuten nach Hause bringen zu lassen, die es mir angeboten hatten: weder
von Faith noch von den Offiziellen des 4-H-Turniers. Vor allem nicht von
Letzteren, deren Fragen ich bereits mindestens fünfzigmal beantwortet hatte.
Sie hätten nur die ganze Zeit auf der Frage herumgehackt, warum keins der
Krankenhäuser im Ort etwas über einen Jungen wusste, der von einem Pferd
verletzt worden war. Und dann hätten sie mit meinen Eltern reden wollen oder wären
vielleicht sogar einfach in unser Bauernhaus spaziert, um festzustellen, dass
Lucius Vladescu auf unserer Couch dem Tode nah war – oder vielleicht sogar
schon gestorben –, während mein Vater versuchte, ihn mit Kräutern und
Teeaufgüssen wiederzubeleben.
    Bei diesem
Gedanken trieb ich Belle noch ein wenig mehr an.
    Konnte
Lucius wirklich tot sein? Wie würde ich mich fühlen, wenn es so war? Würde ich
um ihn trauern? Schuldgefühle
nagten an mir. Würde ich auf irgendeiner Ebene vielleicht sogar erleichtert
sein?
    Und
machte ich mir mehr Sorgen um Lucius oder um den Anteil meiner Eltern an dieser
Katastrophe?
    All diese
Fragen brodelten in meinem Kopf wie ein giftiger Eintopf aus verdorbenen
Zutaten, während Belle und ich zurückritten und ich mich nach der
Geschwindigkeit eines Jets sehnte. Wir schienen lächerlich langsam voranzukommen. Einstein hat dieses Gefühl erklärt, oder? Relativität. Die eigene Wahrnehmung
der Zeit ist relativ, abhängig von dem Wunsch nach ihrem Verstreichen. Richtig?
    Zeit.
Relativität. Wissenschaft.
    Ich
versuchte, mich auf diese Dinge zu konzentrieren, statt mir sinnlos Sorgen zu
machen, aber meine Gedanken wanderten immer wieder zurück zu dem Blut auf
Lucius' Hemd. Dem Blut, das aus seinem Mund gequollen war. Dem roten, roten
Blut. Als ich das Ende unseres Feldwegs erreichte, hatte ich Belle zu einem
verwegenen, gestreckten Galopp angetrieben. Ich ließ die Zügel fallen und rutschte
von ihrem Rücken. Der Van meiner Eltern stand vorm Haus. Und es war noch ein
anderer Wagen da. Ein unbekannter, aber genauso klappriger Kombi. Im Haus
herrschte größtenteils Dunkelheit, aber tief in seinem Innern brannten
gedämpfte Lichter.
    Ich ließ
die arme Belle stehen, obwohl ich wusste, dass ich sie eigentlich trocken
reiten und in ihre Box bringen sollte, stürmte die Stufen hinauf und rannte ins
Haus.
    »Mom!«,
brüllte ich aus Leibeskräften und schlug die Tür hinter mir zu.
    Meine
Mutter kam aus dem Esszimmer und legte warnend einen Finger an die Lippen.
»Jessica, bitte. Nicht so laut.«
    »Was ist
passiert? Wie geht es ihm?« Ich drängte mich an ihr vorbei in Richtung
Esszimmer, aber Mom hielt mich am Arm fest.
    »Nein,
Jessica ... nicht jetzt.«
    Ich sah sie
forschend an. »Mom?«
    »Es ist
ernst, aber wir glauben, dass er durchkommen wird. Er ist in guten Händen. Ihm
wird die beste Pflege zuteil, die wir ihm gefahrlos zukommen lassen konnten«,
fügte sie kryptisch hinzu.
    »Was meinst
du mit ›gefahrlos‹?« Gefahrlose Pflege kam von Krankenhäusern. »Und
wessen Auto ist das da draußen?«
    »Wir haben
Dr. Zsoldos angerufen ...«
    »Nein,
Mom!«

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