Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Vampir, den ich liebte

Der Vampir, den ich liebte

Titel: Der Vampir, den ich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Fantaskey
Vom Netzwerk:
Nicht Dr. Zsoldos. Der verrückte ungarische Quacksalber, der seine
Approbation verloren hatte, weil er umstrittene »Volksheilmittel« aus dem Alten
Land benutzt hatte, hier in den Vereinigten Staaten, wo die Menschen genug
Verstand hatten, um an echte Medizin zu glauben. Ich hätte den Wagen erkennen
sollen. Lange nachdem der Rest des Landes ihn zu meiden begonnen hatte, waren
der alte Zsoldos und meine Eltern Freunde geblieben, hatten am Küchentisch
zusammengesessen und bis spät in die Nacht über Narren schwadroniert, die kein
Vertrauen in »alternative Therapien« hatten. »Er wird Lucius umbringen!«
    »Dr.
Zsoldos versteht Lucius und seine Rasse«, erwiderte Mom und fasste mich an den
Schultern. »Man kann ihm vertrauen. «
    Als meine
Mom »vertrauen« sagte, bekam ich das Gefühl, dass sie nicht nur davon sprach,
ob der Quacksalber eine Approbation besaß oder nicht. »In welcher Hinsicht kann
man ihm vertrauen?«
    »Diskretion.«
    »Warum?
Warum müssen wir diskret sein? Hast du das Blut gesehen, das aus seinem Mund
kam? Sein zertrümmertes Bein?«
    »Lucius ist
etwas Besonderes«, sagte Mom und schüttelte mich ganz
leicht an den Schultern, als hätte ich diese Tatsache schon vor einer Million
Jahren begreifen sollen. »Akzeptiere es, Jessica. In einem Krankenhaus wäre er
nicht sicher.«
    »Und hier
ist er sicher? In unserem Esszimmer?«
    Mom ließ
meine Schultern los und rieb sich die Augen. Ich begriff, wie müde sie sein
musste. »Ja, Jessica. Sicherer.«
    »Aber er
hat innere Blutungen. Selbst ich konnte das erkennen. Er braucht
wahrscheinlich Blut.«
    Meine Mom
sah mich seltsam an, als hätte ich endlich eine wichtige Wahrheit begriffen.
»Ja, Jess. Er braucht Blut.«
    »Dann
bringt ihn ins Krankenhaus, bitte!«
    Mom sah
mich lange an. »Jessica, es gibt Dinge in Bezug auf Lucius, die die meisten
Ärzte nicht verstehen würden.
    Wir können
später darüber reden, aber jetzt muss ich zu ihm. Bitte, geh nach oben und
versuch, Geduld zu haben. Ich sag dir Bescheid, wenn es Neuigkeiten über seine
Fortschritte gibt.«
    Mit diesen
Worten drehte Mom sich um und öffnete die Tür zum Esszimmer. Ich hörte leise
Stimmen in dem verdunkelten
Raum. Die Stimme meines Vaters. Dr. Zsoldos' Stimme. Mom schlüpfte hinein und
die Tür fiel mit einem Klicken ins Schloss.
    Wütend,
verängstigt und frustriert lief ich nach oben. Die arme Belle hatte ich
vollkommen vergessen. Ich schäme mich
zuzugeben, dass sie die ganze Nacht in der Novemberkälte
verbrachte, den Sattel noch auf dem Rücken, und um die Ställe und die Koppel
wanderte. Ich stand zu sehr neben
mir, um an das Pferd zu denken, das mich wenige Stunden zuvor noch so
glücklich gemacht hatte. Stattdessen legte ich mich auf mein Bett, starrte aus
dem Fenster und versuchte zu überlegen, was ich tun sollte.
    Während ich
darüber nachdachte, auf eigene Faust einen richtigen Arzt anzurufen, bemerkte
ich auf einmal meinen
Vater, der zur Tür hinausschlüpfte und über den Hof zur
Garage hastete. Das Licht in Lucius' Appartement ging an, aber nur für wenige
Sekunden. Dann wurde es wieder
ausgeknipst und kurz darauf war Dad wieder da und ging
mit langen Schritten über den Rasen. Im Mondlicht konnte ich sehen, dass er
etwas in den Händen hielt.
    Etwas, das
ungefähr die Größe eines Schuhkartons hatte, aber mit abgerundeten Ecken. Es
sah aus wie ein in Papier gewickeltes Päckchen.
    Ich
wartete, bis Dads Schritte im Haus verklungen waren und die Esszimmertür ins
Schloss fiel, bevor ich mich nach unten
schlich, wobei ich alle knarrenden Stellen mied, die mich hätten verraten
können. Ich kroch praktisch zum Esszimmer, drehte den Knauf der Tür und öffnete
sie einen Spaltbreit. Gerade weit genug, um hineinzuschauen.
    Das Feuer
im Kamin war fast erloschen und das Licht des eisernen Kronleuchters war
gedimmt worden, aber ich konnte trotzdem erkennen, was sich abspielte.
    Lucius lag
auf unserem langen Holzesstisch, dem, den wir nur für besondere Anlässe
benutzten. Sein Oberkörper war nackt,
die blutbefleckten Kleider waren verschwunden – aufgeschnitten worden,
vermutete ich – und seine untere Körperhälfte war mit einem weißen Laken
bedeckt. Sein Gesicht wirkte vollkommen friedlich. Die Augen geschlossen, der
Mund entspannt.
    Er sah aus
wie der leibhaftige Tod. Wie eine Leiche. Ich war noch nie zuvor bei einer
Beerdigung gewesen, aber wenn jemand toter aussehen konnte als Lucius in diesem
Moment ... Nun, ich konnte mir nicht vorstellen, dass das

Weitere Kostenlose Bücher