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Der Vampir, den ich liebte

Der Vampir, den ich liebte

Titel: Der Vampir, den ich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Fantaskey
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ließ die Tränen
einfach über mein Gesicht laufen und auf unsere verschränkten Hände tropfen.
Lucius trieb mich in den Wahnsinn. Er war wahnsinnig. Aber das spielte
keine Rolle. Ich wollte dieses Gefühl, diese abgrundtiefe Trauer nie wieder
spüren. Niemals.
    Ich stieß
einen Laut aus, halb Schluchzen, halb Schluckauf, außerstande, das Geräusch
zurückzuhalten. Dad brummte etwas Unverständliches: das gequälte Schnarchen
eines Menschen, der versuchte, auf einem harten Stuhl zu schlafen. Ich hatte
Angst, dass er aufwachen könnte, deshalb ließ ich Lucius' Hand los, wischte mir
mit dem Ärmel übers Gesicht und kehrte wieder in mein Zimmer zurück.
Inzwischen war ohnehin fast Tag.

Kapitel 24
    Lieber Onkel Vasile,
    mit
tiefem Bedauern – und einem nicht geringen Maß an Furcht, was deine Reaktion
betrifft – setze ich dich über ein Ereignis aus der jüngsten Vergangenheit in
Kenntnis. Ich hatte einen kleinen Unfall mit einem Pferd, das ich »online«
gekauft habe.
    Oh,
welche Freude du an Hell's Belle gehabt hättest. Ein so schreckliches,
furchterregendes, wildes Geschöpf Schwarz von der Stirnlocke bis zu den Hufen
und, überflüssig es zu erwähnen, bis ins Mark ihres Wesens. Hätte ich etwas
Geringeres begehrt?
    Doch
zurück zu dem, was ich erzählen wollte. Meine wunderbar bösartige Stute hat mir
eine bewundernswerte Tracht Prügel versetzt – wobei ich ihr meine uneingeschränkte
Absolution erteile. Das Ergebnis waren ein gebrochenes Bein, einige gebrochene
Rippen und ein kleines, klaffendes Loch in einem Lungenflügel. Nichts, das ich
nicht schon vonseiten der Familie erlitten und überlebt hätte. Aber ich
fürchte natürlich, dass ich mindestens eine Woche darniederliegen werde.
    Ich
schreibe weniger in der Hoffnung, dein Mitgefühl zu erwecken ... (Oh, das ist
ein großartiger Gedanke, nicht wahr? Du, Vasile, wie du wegen des Wohlergehens
eines anderen weinerlich wirst. Ich würde wirklich laut darüber lachen, wenn
ich dadurch nicht noch mehr Blut husten müsste.)
Nein, ich greife eher deshalb zur Feder, weil ich den Packwoods mein Lob
aussprechen möchte, da ich bisher in
Bezug auf Kritik ihnen gegenüber nie hinter dem Berg gehalten habe. (Wirklich,
mein Schreiben nach diesem ersten Linseneintopf? Bei der Erinnerung schäme ich
mich ein wenig. Es gibt niemals wirklich einen Grund, sich in Kraftausdrücken
zu ergehen.)
    In
dieser jüngsten Krise haben Ned und Dara sich jedoch, was ich ihnen hoch
anrechne, der Situation gewachsen gezeigt und unverzüglich begriffen, dass der
Transport eines untoten Individuums ins Krankenhaus ein entschieden unglückseliger
Schritt gewesen wäre. (Wie viele unserer Brüder haben tagelang in höchst
unbequemen Positionen in Leichenschauhäusern geweilt – und sogar jahrelang in
steinernen Mausoleen – wegen eines Mangels an dem, was die Menschen
»Vitalzeichen« nennen?)
    Aber wie
gewöhnlich schweife ich ab. Vielleicht waren wir in Bezug auf die Packwoods
ungerecht hart. Sie haben großen Scharfsinn an den Tag gelegt und, noch
wichtiger, sich um meinetwillen sogar in Gefahr gebracht. Ich wünschte beinahe,
ich könnte ihre abscheulichen Folklorepuppen zurückholen, als Geste meiner
Dankbarkeit. Könntest du vielleicht einer der einheimischen Frauen den Auftrag
geben, aus, sagen wir, einer Holzspule und einigen Wollresten eine primitive
Puppe zu fertigen? Nichts Extravagantes. Die ästhetischen Maßstäbe für diese
spezielle Sammlung waren nicht hoch, glaube mir. »Hässlich« und »schlecht
gemacht« scheinen die Schlüsselkriterien gewesen zu sein.
    Was
Antanasia betrifft ... Vasile, was kann ich sagen? Sie hat auf meinen Unfall
mit der Tapferkeit, der Willenskraft und der Furchtlosigkeit einer wahren
Vampirprinzessin reagiert. Und doch einer Prinzessin, die ein gütiges Herz
besitzt. Was, müssen wir uns fragen, würde das für sie in unserer Welt
bedeuten?
    Vasile,
gering ist die Zahl der Gelegenheiten, da ich behaupte, über größere Erfahrung
als du zu verfügen, ganz gleich zu welchem Thema. Du weißt, dass ich mich demütig
vor deiner Autorität beuge. Aber ich werde das Risiko eingehen, dir an dieser
Stelle meinerseits mit einer gewissen Autorität gegenüberzutreten, als jemand,
der inzwischen beträchtliche Zeit in engem Kontakt mit Menschen verbracht hat.
    (Zweifellos
bist du bereits wütend ob meiner Impertinenz – glaube mir, ich kann das
Brennen deiner Hand auf meinem Gesicht spüren, selbst über eine Entfernung von
mehreren Tausend Meilen

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