Der vergessene Templer
Unterlagen in der letzten Zeit wieder aufgetaucht sind. Ein Pfarrer soll sie gefunden haben. Aber mich hat das nicht interessiert.«
»Danke für die Auskünfte«, sagte ich. »Sie waren sehr interessant.«
»Gut, ich habe noch zu tun.« Der Wirt stand auf. Sein Restaurant mit den großen Scheiben war recht leer. Nur in einer Ecke saßen zwei Männer, die irgendwelche Unterlagen durchforsteten. Diese Leute waren bestimmt keine Touristen.
Harry und ich blieben sitzen. Wir tranken beide einen Schluck Bier, und mein deutscher Freund fragte mich: »Was sagst du nun, John? Glaubst du die Geschichte?«
»Ja, jetzt schon.«
»Und auch das mit dem Hügel?«
»Mach dir selbst ein Bild, Harry. Du weißt doch, was ich mit den Templern erlebt habe. Da ist nichts unmöglich. Ich werde in den nächsten Minuten in Alet-les-Bains anrufen und mit Godwin de Salier sprechen. Es kann sein, dass er mehr darüber weiß, denn er sammelt alles, was die Geschichte der Templer angeht.«
»Tu das. Ich werde...« Stahl verstummte mitten im Satz, weil er etwas gehört hatte. Die Tür zum Restaurant war nicht geschlossen. Von der Rezeption her wehten Stimmen zu uns hin.
»Das ist doch Dagmar«, sagte Harry Stahl.
»Okay, dann geh hin.«
»Und du?«
»Ich werde telefonieren...«
***
»Das ist aber toll, dass wir wieder voneinander hören«, vernahm ich kurz darauf die Stimme des Templerführers Godwin de Salier aus dem fernen Südfrankreich. »Geht es dir gut?«
»Würde ich nein sagen, hätte ich gelogen. Aber unsere Freunde ruhen nicht, wie du dir denken kannst.«
»Aha, das hört sich an, als wäre dein Anruf nicht nur privater Natur. Oder täusche ich mich?«
»Du täuschst dich nicht, Godwin. Es geht mal wieder um deinen Orden, aber diesmal müssen wir einen langen Schritt zurück in die Jahrhunderte gehen.«
»Ich bin gespannt.«
Was ich erfahren hatte, bekam er zu hören. Godwin war ein guter Zuhörer. Er lauschte, unterbrach mich nicht und fing schließlich leise an zu lachen, als ich meinen Bericht beendet hatte.
»Was hast du?«
»Ich weiß nicht, ob es Zufall ist. Aber es liegt noch nicht lange zurück, da habe ich genau wegen dieser Sache eine Nachricht von einem Vertrauten bekommen. Es sind einige alte Unterlagen aufgetaucht, in denen dieses Thema angeschnitten wurde. Als wäre das Schicksal von einer kräftigen Strömung gelenkt worden.«
»Das ist wohl wahr.«
»Und jetzt ist Victor von Narbonne erwacht?«
»Das soll so sein. Ich selbst habe ihn nicht gesehen.« Da Godwin de Salier aus dieser Zeit stammte, fragte ich ihn: »Ist dir der Name denn ein Begriff?«
Lange musste er nicht überlegen. »Im Prinzip schon, denn fremd ist er mir nicht.«
»Und weiter?«
»Leider nichts, John. Ich selbst bin ihm persönlich nie begegnet. Ich weiß nur, dass er ein großer Kämpfer ist. Oder gewesen ist. Man hat von ihm gesprochen, doch was sein Schicksal angeht, so hatte ich keine Ahnung, bis vor kurzem eben.«
»Und du weißt auch nicht, auf welcher Seite er gestanden hat?«
»Doch. Auf unserer. Er war ein glühender Verehrer des Ordens. Da gab es nichts.«
»Keine Spur von Abweichung?«
»Nichts. Aber man kann nur vor den Kopf eines Menschen schauen. Das weißt du selbst. Was mit ihm später passierte, kann ich beim besten Willen nicht sagen.«
»Das ist klar. Jedenfalls habe ich wohl ein Problem mit diesem vergessenen Templer.«
»Wenn ich dir irgendwie helfen kann, John, dann...«
»Nein, nein, wohl eher nicht. Bleib du mal in deinem Kloster. Ach ja, da fällt mir ein. Wie klappt es mit dem Auf- und Neubau?«
»Es geht voran, John. Ich denke, dass in einem Monat alles wieder perfekt ist. Und besser als zuvor. Wir haben auch noch etwas ausbauen können. Was die Technik angeht, sind wir auf dem neuesten Stand, und endlich habe ich für die Wissenschaftler und Forscher unter uns ein kleines Labor einrichten können. Das hat verflixt viel Geld verschlungen, aber der Templerschatz hat uns eben aus allen finanziellen Sorgen gerissen. Auch dank deiner Hilfe.«
»Nun ja, das hat sich eben so ergeben. Jedenfalls vielen Dank noch mal für deine Auskünfte.«
»Nichts zu danken. Halte mich bitte auf dem Laufenden.«
»Daran werde ich denken.«
Ich unterbrach die Verbindung und steckte mein Handy weg. Das Bier war etwas warm geworden, ich trank dennoch einen Schluck, weil ich vom Reden einen trockenen Mund bekommen hatte, und schaute zur Tür hin, denn dort tauchte soeben Harry Stahl allein auf.
»He, wo steckt
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