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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ist er kein Lügner.«
    »Auch auf mich hat er nicht den Eindruck eines Menschen gemacht, welcher dummer Weise eine erwiesene Thatsache in Abrede stellt. Aber wenn er wirklich die Wahrheit spricht, wie kommen dann die Spitzen in seinen Rock?«
    »Hm!« brummte Arndt, der noch nichts sagen, sondern zuvor die Ansicht des Anwaltes erfahren wollte.
    Dieser Letztere fühlte sich von dem gegenwärtigen Gedanken gepackt; er schritt, nachdenklich den Blick auf die Diele gerichtet, langsam im Zimmer auf und ab und meinte dabei: »Man müßte sie ihm heimlich hineinpracticirt haben?«
    »So ist es!«
    »Aber wer kann dies gethan haben?«
    »Ein Feind von ihm.«
    »Ganz recht! Wer aber ist dieser Feind?«
    »Eine Frage, welche nicht leicht zu beantworten ist!«
    »Gewiß! Und dennoch höre ich eine leise, innere Stimme, welche mir unaufhörlich eine Antwort wiederholt.«
    »Diese inneren Stimmen haben oft sehr Recht. Der Criminalist soll auf sie hören.«
    »Das möchte ich gern thun. Mir ist nämlich dieser Fritz Seidelmann nicht sympathisch.«
    »Mir auch nicht,« meinte Arndt.
    »Und mir noch weniger,« fügte der Förster hinzu.
    »Sein Verhalten ist mir aufgefallen,« fuhr der Staatsanwalt nachdenklich fort.
    »Wieso?«
    »Fast möchte ich sagen, daß er mir verdächtig geworden ist. Zunächst beobachtete ich ihn nicht. Ich schenkte seinen Worten Vertrauen. Dann aber fiel mir nach und nach der Eifer, mit welchem er gegen Hauser agitirte, immer mehr auf. Sein Verhalten ließ auf einen glühenden Haß schließen. Später hörte ich von seinem Verhalten zu Hofmann’s Tochter, und es trat mir der Gedanke nahe, daß dieser Seidelmann nur unter dem Einflusse einer ungezügelten Rachsucht handle.«
    »Wie lautete die Anzeige, welche er Ihnen erstattete? Nur auf den Brief?«
    »Nein. Auch den Spitzenschmuggel erwähnte er.«
    »Ah! Wie konnte er davon wissen?«
    »Er hatte Hauser belauscht.«
    »Wann?«
    »Am Abende, nach der Maskerade. Er war ihm und dem Mädchen gefolgt, um zu hören, was sie sprechen würden.«
    »Und sie haben von dem Spitzenschmuggel gesprochen?«
    »Nein. Aber als Hauser von dem Mädchen fortgegangen ist, hat er sich nicht, wie doch zu erwarten gestanden hätte, nach Hause begeben.«
    »Wohin sonst?« fragte Arndt gespannt.
    »Er ist mit einem Manne zusammengetroffen, mit dem er sich jedenfalls bestellt gehabt hat.«
    »So! Hm! Eigenthümlich! Wer ist dieser Mann gewesen?«
    »Ein Schmuggler.«
    »Woher will Seidelmann das wissen?«
    »Aus dem Gespräch, welches er belauscht hat. Hauser hat nämlich mit dem Fremden die Spitzenpascherei besprochen.«
    »Und das hat Seidelmann belauscht?«
    »Ja.«
    »Lüge!«
    Der Anwalt blieb, als Arndt dieses Wort stark und mit Nachdruck aussprach, rasch stehen und fragte:»Lüge? Haben Sie einen Grund, Seidelmann’s Aussage für eine Lüge zu halten?«
    »Ja.«
    »Welchen?«
    »Hauser hat mit dem Fremden kein einziges Wort von Pascherei gesprochen. Es ist auch von Spitzen keine Rede gewesen.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Sehr einfach: Ich selbst war der Fremde, von welchem Sie soeben gesprochen haben.«
    Das machte einen überraschenden Eindruck auf den Staatsanwalt.
    »Sie selbst?« fragte er.
    »Gewiß! Ich wußte, daß Hauser zur Maskerade gehen werde. Ich ahnte, daß ihm da Gefahr drohe. Ich ging also in die Schänke, um ihm nöthigenfalls beizustehen. Ich kam auch wirklich in die Lage, Fritz Seidelmann zu packen und zurückzuwerfen. Dann ging ich, um mit Hausern zu sprechen.«
    »So lügt also Seidelmann?«
    »Gewiß.«
    »Das, was er erlauscht haben will, ist ersonnenes Zeug?«
    »Ohne allen Zweifel!«
    »So fällt ein ganz und gar eigenthümliches Licht auf ihn: Er hat die Absicht gehabt, Hauser als Pascher zu verdächtigen.«
    »Und um dieser Absicht Nachdruck zu geben, hat er –«
    »Hat er die Spitzen in Hauser’s Rock practicirt, wollen Sie sagen?« fiel der Anwalt schnell ein.
    »Das will ich allerdings sagen.«
    »Dieser Gedanke liegt allerdings sehr nahe. Aber, wie soll Seidelmann das angefangen haben?«
    »Hm! Er hat sich in Hauser’s Wohnung geschlichen.«
    »Sie sprechen da meine eigene Vermuthung aus. Ich dachte ganz das Ähnliche bereits, als ich mich bei Hauser’s befand, und mich erkundigte, ob man des Nachts unbemerkt in das Haus eindringen könne.«
    »Welche Antwort wurde Ihnen?«
    »Der Alte sagte, daß Jedermann durch die Hinterthüre herein könne. Aber Eduard Hauser hat seinen Rock stets in der Stube gehabt, und die ist stets

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