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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ist?«
    »Gewiß! Darf ich Ihnen das Wechselformular zur Ausfüllung vorlegen?«
    »Bitte! Wie lange wollen Sie mir die Summe lassen?«
    »Nun, wie lange wünschen Sie?«
    »Hm, möglichst weit hinaus. Ein halbes Jahr?«
    »Na, meinetwegen! Hier ist der Wechsel. Bitte!«
    Das ging so exact und jovial wie am Schnürchen. Der Lieutenant griff zur Feder und begann, das Formular auszufüllen. Da wurde am Vorsaale geklingelt, und einige Augenblicke später hörte man die Frage: »Grüß Gott, liebes Kind! Ist Willibald da?«
    »Ja.«
    »Wo?«
    »Im Theezimmer. Aber es ist ein –«
    »Schon gut, schon gut! Finde ihn schon!«
    »Aber, lieber Vater, es ist –«
    »Gut, gut. Bin schon da!«
    Die Thür wurde aufgerissen, und ein älterer Herr, dem man den Lebemann sofort ansah, trat ein.
    »Guten Tag, mein Söhnchen! Wie geht’s? Wie – ah, Du bist nicht allein! Ich störe? Entschuldigung!«
    Er verbeugte sich vor dem Lieutenant, drückte dem Hausherrn die Hand und bemerkte:
    »Werde nicht lange belästigen. Bin gleich fertig.«
    »Willst Du nicht einstweilen da eintreten?«
    Er deutete nach der Thür.
    »Danke, danke sehr! Habe keine Zeit, zu warten, gar keine! Bin außerordentlich pressirt. Werde gleich wieder gehen!«
    »Na, da mag es erlaubt sein – mein Schwiegervater – Herr Lieutenant von Scharfenberg!«
    Die beiden Genannten verbeugten sich vor einander, und dann wendete sich der Schwiegervater an den Schwiegersohn: »Höre, Willibald, eine Nachricht, eine famose Nachricht!«
    »So? Geschäftlich?«
    »Ja, natürlich! Die Peruaner fallen fürchterlich –«
    »Das nennst Du famos?«
    »Ja, denn dafür steigen die Chilenen riesig. Sie steigen von Stunde zu Stunde, von Minute zu Minute, von Augenblick zu Augenblick. Die Chilenen haben drei Schlachten gewonnen. Erhielt heute bereits die zweite Depesche, Chilenen anzukaufen, so viel nur immer möglich. Bin bis jetzt im alleinigen Besitze des Geheimnisses. Kann sie ganz billig bekommen und hoch, sehr hoch losschlagen. Ausgezeichnetes Geschäft!«
    »Gratulire!«
    »Danke, mein Junge!« Dabei schlug er ihn gutmüthig auf die Achsel und fuhr heiter fort: »Ist aber ein verteufeltes Pech dabei. Hast Du Baargeld liegen?«
    »Hm! Warum?«
    »Habe bereits für vierzigtausend Gulden gekauft und mich ganz ausgegeben. Kann noch eine Partie bekommen, leider aber, wie natürlich, nur gegen Baar. Hast Du Geld?«
    »Ich habe allerdings fünfzehntausend Gulden daliegen, aber über diese Summe ist bereits –«
    »Daliegen?« unterbrach ihn der Schwiegervater »Fünfzehntausend? Bravo! Hurra! Da komme ich zur guten Stunde! Uebermorgen zahle ich sie zurück. Schaff her!«
    »Das wird wohl kaum gehen.«
    »Warum nicht?«
    »Ich habe bereits anderweit darüber verfügt.«
    »Anderweit? Unsinn! Wie denn?«
    Schönlein that einigermaßen verlegen; er konnte ja auch anständiger Weise nicht den Officier verrathen. Darum machte er die Ausrede: »Ich habe es auf Hypothek versprochen.«
    »Auf Hypothek? Was? Dein Schwiegervater muß Dir näher stehen, als die beste Hypothek. Ueberhaupt kann der Mann noch bis übermorgen warten.«
    »Er braucht es heute.«
    »Papperlapapp! Mit diesen fünfzehntausend kann ich gegen fünftausend gewinnen, gerade den dritten Theil. Und Du giebst das Geld einem Anderen? Schäme Dich, Willibald! Das hätte ich von Dir nicht gedacht! Aber warte!«
    Er stieß ein lustiges Lachen aus und eilte durch die andere Thür davon.
    Der Lieutenant hatte wie auf Kohlen gestanden. Erst die Freude, so viel Geld zu bekommen, und nun plötzlich dieser verteufelte Schwiegervater! Der Wechsel war schon ausgefüllt, und der Ehrenschein auch bereits angefangen.
    »Herr Schönlein, wäre es nicht am Besten,« stotterte er.
    »Was, Herr Lieutenant?«
    »Sie theilten dem Herrn Schwiegerpapa aufrichtig mit, daß ich es bin, der das Geld empfangen soll.«
    »So, so! Ich dachte, daß Sie Discretion wünschen!«
    »Unter diesen Verhältnissen halte ich die Mittheilung für angezeigt. Im Uebrigen darf ich dem Herrn Schwiegervater doch wohl Verschwiegenheit zutrauen.«
    »Gewiß, gewiß! Ich werde also – mein Himmel, er lachte, als er hier hinausging. Ich ahne etwas!«
    »Doch nichts Unangenehmes?« fragte der Officier besorgt.
    »O nein. Aber, wissen Sie, wir nehmen einander nichts; die Cassen stehen uns gegenseitig zur Verfügung, und der Papa ist ein Wenig gewaltthätig, obgleich man ihm Nichts übel nehmen kann. Es fällt mir ein, daß ich den Feuerfesten offen gelassen habe. Darin

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