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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Rees Brennan
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wie es passiert ist?«, fragte er.
    Â»Nein.« Mae wurde flau im Magen. Sie hatteAlan nie nach seinem Hinken gefragt. Sie hatte einfach so getan, als sei es nicht da.Vielleicht war er bei einem schrecklichen Kampf verwundet worden, vielleicht war es aber auch angeboren. So zu tun, als sei es nicht vorhanden, war ihr als das Höflichste vorgekommen, und nach einerWeile war aus der Höflichkeit Realität geworden. Es war nicht so, als bemerkte sie es nicht, aber sie hatte sich daran gewöhnt. Das Hinken gehörte ebenso zuAlan wie sein vorsichtiges Lächeln.
    Sie war sich nicht sicher, ob sie es überhaupt wissen wollte.
    Â»Es war meine Schuld«, sagte Nick mit eisiger Stimme und Mae konnte kaum nach Luft schnappen, bevor er fortfuhr: »In der Nacht, als Dad gestorben ist, habe ich meinenTalisman abgenommen.Alan gab mir seinen. Sie haben mit Feuer geworfen und er wurde getroffen. Meinetwegen hat er seinenVater und sein Bein gleichzeitig verloren.«
    Mae biss sich auf die Unterlippe.Alan, der Sportler, der Fußballspieler, das Kind, das sein panischerVater nicht einholen konnte. Sie musste anAlans Gesicht denken, als er Sin gefragt hatte, wie er rennen sollte.
    Â»Könntest du nicht …«, begann sie zögernd, denn ihr fiel ein, dass Gerald gesagt hatte, Nick könne Merris nicht heilen. »Könntest du sein Bein heilen? Kannst du so was?«
    Er sah auf und seineAugen waren Schattenschlitze in seinem kalten Gesicht. Mae spürte, wie ihr dieAngst über den Rücken kroch, denn ihr wurde klar, dass sie genau das Falsche gefragt hatte.
    Â»Ja«, flüsterte Nick und seine Stimme klang beängstigend wie dasWispern in einem leeren Haus, in dem man nachts aus einemAlbtraum erwacht. »Der Gedanke ist mir tatsächlich auch schon gekommen.AberAlan lässt mich nicht.«
    Fast hätte sie aufgelacht. Es schien absurd, so etwas von ihm zu hören, etwas so Einfaches und Kindisches.
    Â»Wie kann er dich daran hindern?«, stieß sie hervor.
    Er klammerte sich mit schrecklich starken, weißen Fingern ans Fensterbrett. »Du hast recht. Niemand kann mich daran hindern. Ich kann jederzeit alles tun, was mir beliebt, und kein Mensch auf derWelt könnte mich aufhalten.«
    Ihre zum Zerreißen gespannten Nerven, die bei jedem seiner Geräusche vibrierten, gaben fast nach, als seine Stimme sich veränderte. Doch dann sah sie, dass er nur die breiten Schultern zusammengezogen hatte, zumindest ein wenig, und dass seine Stimme nicht nur vor Ärger so rau klang.
    Â»Aber er lässt mich nicht«, sagte Nick. »Und ich … ich weiß nicht warum.«
    Â»Weil er möchte, dass du dich wie ein Mensch verhältst«, äußerte Mae ihreVermutung. »Er will nicht, dass du Magie einsetzt.«
    Sie musste ihm irgendeineAntwort geben, sie hatte versprochen, ihm zu helfen. Sie hatte zwar keineAhnung, ob das stimmte, aber immerhin sah Nick sie an.
    Â»So wie er will, dass du zur Schule gehst«, fuhr sie fort, vorsichtig nachWorten suchend.
    Â»Und sich dafür in dem blöden Buchladen zuTode ackert«, sagte Nick und sah auf den Fußboden. Dann blickte er mit einem seltsamen Glitzern in denAugen erneut zu ihr. »Und was ist mit dir?«
    Â»Wie bitte?«, fragte Mae.
    Er wandte sich vom Fenster ab und ihr zu. Plötzlich wirkte er ungeheuer interessiert, wie eine Katze bei ihrem Spiel mit einer Maus.
    Â»Was ist mit dir?«, wiederholte er. »Was willst du? Ich könnte dir alles geben.« Seine Stimme senkte sich zu einem grollenden Schnurren, das seineVersprechen in Drohungen verwandelte. »Ich könnte dich an jeden Ort derWelt bringen. Ich könnte dich schön und mächtig und unvorstellbar reich machen. Es muss doch etwas geben, was du willst?«
    Â»Ich will eine Menge Dinge.«
    Nick kräuselte die Mundwinkel. »Aber du hastAngst, sie dir zu nehmen.«
    Â»Ich habe keineAngst«, widersprach Mae. »Ich will eine Menge Dinge, aber ich will sie selbst erreichen.«
    Er senkte den Blick zu Boden und einenAugenblick lang dachte Mae, dass sie schon wieder das Falsche gesagt hatte. Doch als er sprach, klang seine Stimme wieder normal, gleichmäßig und ruhig, sodass sie annahm, dass ihreWorte für ihn einen Sinn ergaben.
    Â»Na gut«, meinte er abrupt und sah auf. »Mitleid.«
    Â»Ã„h, Mitleid womit?«
    Â»Nein«, erklärte Nick ungeduldig. »Mitleid. Du hast mir letztes Mal etwas

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