Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wanderchirurg

Der Wanderchirurg

Titel: Der Wanderchirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serno Wolf
Vom Netzwerk:
Er blickte Enrique fragend an.
    »Keine Ahnung.« Schiefhals zog die Schultern hoch. Mateo überging die Antwort und blätterte in einem Protokoll. »Der Jüngling Vitus hat in seiner Verhandlung behauptet, er sei Puer oblatus auf Campodios gewesen. Ist dem so?«
    »Keine Ahnung.«
    »Über den Landsknecht Martinez ist so gut wie nichts bekannt. Man sagt, er käme aus dem Süden. Das allein wäre noch kein Grund, ihn als Ketzer einsitzen zu lassen, was gibt es noch über diesen Fall zu sagen, Pater Enrique?«
    »Keine Ahnung.«
    »Was soll das heißen, Ihr habt keine Ahnung? Als mein Assistent, ich muss Euch nicht daran erinnern, ist es Eure Pflicht, so viele Informationen über die Ketzer zu besorgen wie irgend möglich. Ich darf also annehmen, dass es sich um einen Eurer, äh ... Scherze handelt, wenn Ihr mir antwortet, Ihr hättet »keine Ahnung« von den Dingen, die in Erfahrung zu bringen ich für notwendig erachte.«
    »Ach, mein Bischof.« Die Stimme von Schiefhals klang, als wollte er ein Kind beruhigen. Er legte die Beine bequem über den Tisch, auf dem die Papiere noch immer peinlich exakt ausgerichtet lagen. Ein paar Erdkrumen lösten sich von seinen Sandalen. »Ihr solltet mich allmählich kennen. Ich habe die Arbeit nicht erfunden, und morgen ist auch noch ein Tag. Lasst uns noch ein, zwei Gläschen lupfen und den schönen Nachmittag genießen. Ich habe gehört, dass in dem maurischen Haus eine großartige Prostituierte ihre Dienste anbietet.«
    Sein Mund verzog sich zu einem lüsternen Grinsen.
    »Sie soll eine sehr gelenkige Zunge haben. Wir beide könnten ihr einen Besuch abstatten; ich würde mich sogar bereit erklären, Euch den Vortritt zu lassen.«
    »Ich muss tatsächlich annehmen, dass Ihr einen Eurer, ahem ... geschmacklosen Scherze mit mir treibt!«
    Säuerlich blickte der Bischof auf seinen Rubinring und dachte angestrengt nach. Wenn er nur wüsste, was hinter der aufreizend selbstsicheren Art dieses Proleten steckte!
    Gewiss, der Mann war tüchtig, sogar außerordentlich tüchtig, wenn er sich erst einmal aufgerafft hatte, seinen Dienst zu tun. Der Spürnase von Schiefhals war es schon häufig zu verdanken gewesen, dass hartnäckige Ketzer, darunter vielfach geschickte Lügner und gute Bibelkenner, überführt werden konnten. Die Fähigkeiten von Enrique standen deshalb außer Zweifel. Wenn nur diese ständigen Unverschämtheiten und Respektlosigkeiten nicht wären!
    Der Preis, den er, Mateo, für seinen inquisitorischen Erfolg zu zahlen hatte, war wirklich hoch.
    Er gestattete sich ein Seufzen. Eingedenk der Qualitäten von Enrique und seiner vermutlich adligen Abstammung würde ihm wohl nichts anderes übrig bleiben, als weiterhin gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Sein Blick fiel auf die Füße seines Assistenten, der in diesem Augenblick die Beine übereinander schlug, wodurch abermals ein Klumpen Dreck von den Sandalen herabfiel. Diesmal direkt auf die sauberen Papiere. Es gab ein kleines, dumpfes Geräusch, als der Schmutz beim Aufprall auseinander platzte. Das war zu viel für Bischof Mateo de Langreo y Nava.
    »Verdammt seist du, du dämlicher, dreister, verfressener Abklatsch eines priesterlichen Inquisitors! Wenn du nicht augenblicklich alle notwendigen Informationen für mich herbeischaffst, werde ich dich exkommunizieren!« Mateo schrie seine Wut so laut heraus, dass sein Mund einem schwarzen Loch glich. Erstaunt über sich selbst hielt er inne. So schnell wie der Anfall gekommen war, so schnell war er wieder verflogen. Seiner Natur entsprechend überprüfte er sofort alle möglichen Konsequenzen, die sich aus der Entgleisung für ihn ergeben konnten. Äußerlich ruhig und um Haltung bemüht, setzte er sich wieder. Es sah aus, als hätte er einen Stock verschluckt. Verstohlen musterte er seinen Assistenten. Schiefhals' Kopf wirkte womöglich noch schiefer. Er blickte eigenartig versunken drein, als hätte er den Vorfall gar nicht wahrgenommen. Dann riss er die Beine vom Tisch und sprang auf die Füße.
    »Jawohl, Euer Exzellenz. Sofort. Ich werde tun, was ich kann!«
    Er stürmte an den Wachen vorbei hinaus und ließ einen höchst verwunderten Bischof zurück.

    »Du bist ein guter Koch«, lobte Vitus. Er saß mit dem Magister in seiner Zelle und genoss das Abendessen, das der kleine Gelehrte auf dem Kohlenfeuer zubereitet hatte.

»Wenn die Forelle frisch ist, kann das jeder«, wehrte der kleine Gelehrte ab. »Die Kunst besteht lediglich darin, den richtigen Abstand zwischen

Weitere Kostenlose Bücher