Der Weg des Feuers
Amu.
Hartnäckig und grausam vernichtete der Syrer einen Stamm der Kanaaniter und Beduinen nach dem anderen, weil sie vielleicht aus seinen Brunnen getrunken oder ihm eine seiner Ziegen gestohlen hatten. Iker konnte sich zwar vordergründig frei bewegen, wurde aber von Fang bewacht und beschützt. Er hütete sich vor jeder Unternehmung, die den Verdacht seiner neuen Waffenbrüder hätte wecken können. Tag für Tag bemühte er sich darum, dass man ihn gleichzeitig vergaß und duldete.
Amu hielt an seiner Vorgehensweise fest und fiel wie ein Wirbelsturm über seine Beute her, wodurch er so viel Angst und Schrecken erzeugte, dass die Angegriffenen wie gelähmt waren und sich kaum verteidigten.
Aber der Schreiber war noch immer ratlos.
Mächtig, gewalttätig, gnadenlos… All das waren Wesenszüge, die zu dem Propheten passten. Aber warum gab er seine wahren Beweggründe nicht preis? Misstraute er etwa noch immer einem Ägypter, den er eigentlich hätte töten müssen und auf dessen ersten Fehler er jetzt lauerte? Auf die eine oder andere Weise war ihm Iker also zu Diensten. Womöglich um Nesmontu mit falschen Nachrichten zu versorgen und so die Niederlage der ägyptischen Armee zu betreiben. Deshalb versuchte der Königliche Sohn auch nicht die kleinste Botschaft zu verschicken. Erst musste er sich ganz sicher sein.
Als die tapfersten Krieger des Stammes um ein Lagerfeuer saßen und Hammelbraten aßen, setzte sich Iker zu ihrem Anführer, der bereits ziemlich betrunken war.
»Ich glaube, dass Ihr unter einem besonderen magischen Schutz stehen müsst.«
»Und welcher wäre das deiner Meinung nach?«
»Die Königin der Türkise.«
»Die Königin der Türkise«, wiederholte Amu
gedankenverloren. »Was soll das sein?«
»Ich habe diesen sagenhaften Stein in einer Mine auf dem Sinai entdeckt, in die mich der Pharao zur Zwangsarbeit geschickt hatte. Eigentlich gehört er mir. Aber eine Mörderbande hat Sicherheitskräfte und Minenarbeiter getötet und mir diesen Schatz gestohlen.«
»Und jetzt willst du ihn wiederhaben… Bei mir ist er jedenfalls nicht. Das waren bestimmt Sandläufer! Mit etwas Glück findest du deine Königin wieder. Von solchen Wundern hört man immer irgendwann jemand reden.«
»Ein hochrangiger ägyptischer Würdenträger, General Sepi, wurde mitten in der Wüste getötet. War das etwa nicht Eure Heldentat?«
Amus Verblüffung schien echt zu sein.
»Ich soll einen General getötet haben! Wenn das so wäre, würde ich mich dessen natürlich rühmen! Die ganze Gegend hätte mich anerkannt, Dutzende von Stämmen hätten sich mir unterworfen.«
»Trotzdem gibt es keinen Zweifel, dass der Prophet der Mörder des Generals ist.«
Verärgert stand Amu auf und packte den Schreiber an der Schulter.
Augenblicklich begann der Fleischerhund zu knurren.
»Dieses Vieh soll ruhig sein!«
Ein Blick Ikers genügte, um Fang verstummen zu lassen.
»Komm mit in mein Zelt.«
Der Hund folgte ihnen.
Mit einem Fußtritt in die Rippen weckte Amu eine Kanaaniterin, die sich hastig anzog und verschwand. Dann trank der Syrer erst einmal einen großen Becher Dattelschnaps.
»Jetzt will ich wissen, was du eigentlich wirklich denkst, mein Junge.«
»Ich frage mich, ob Ihr wirklich der Prophet seid, oder ob Ihr nur so tut.«
Sich so offen zu äußern, bedeutete für Iker ein gewagtes Spiel.
»Du bist ganz schön unverschämt, Bürschchen!«
»Ich will einfach nur die Wahrheit wissen.«
Amu lief wie ein gefangenes Tier in seinem Zelt auf und ab und vermied es, Iker in die Augen zu sehen.
»Und was spielt das für eine Rolle, wenn ich nicht dieser Prophet bin?«
»Ich habe mein Leben aufs Spiel gesetzt, um ihm zu dienen.«
»Reicht es dir nicht, wenn du mir dienst?«
»Der Prophet will Ägypten vernichten und dort die Macht übernehmen. Euch geht es doch nur um Euer Gebiet.«
Der Syrer ließ sich schwer in die Kissen sinken.
»Lass uns offen reden, mein Junge. Deine Zweifel sind berechtigt, ich bin nicht der Prophet.«
Das hieß, dass Iker der Gefangene eines miesen kleinen Bandenführers, Mörders und Plünderers war!
»Warum habt Ihr mich belogen?«
»Weil du einer meiner besten Krieger werden könntest. Da du unbedingt wolltest, dass ich dieser Prophet bin, wäre es dumm gewesen, dich zu enttäuschen. Außerdem… So ganz hast du dich eigentlich nicht geirrt.«
»Was soll das heißen?«, fragte Iker.
»Ich bin nicht der Prophet«, wiederholte der Syrer, »aber ich weiß, wo er sich
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