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Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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dass Charlotte tot ist.«
    »Das tut mir leid!« Mitleidig fasste Walther den anderen um die Schulter und hielt ihn für einen Augenblick fest. »Weiß man, wie es geschehen ist?«
    »Sie ist erloschen wie eine Kerze«, antwortete Albert Poulain mit schwankender Stimme. »Dieses verfluchte Texas hat sie umgebracht!«
    »So darfst du nicht denken! Charlotte hätte an jedem Ort der Welt sterben können«, versuchte Walther, ihn zu beruhigen.
    »Es war das Gift der Klapperschlange. Von diesem Biss hat sie sich nie mehr erholt.«
    »Klapperschlangen gibt es auch in Louisiana, wohin ihr ursprünglich auswandern wolltet. Also hätte sie auch dort gebissen werden können. Denke an eure Tochter! Du willst doch für sie eine neue Heimat schaffen. Charlotte würde es wollen.«
    Walther klang nun schärfer, um den Franzosen aufzurütteln. Albert Poulain war ein guter Mann, und er wollte nicht, dass er sich in seiner Trauer gehen ließ.
    »Arme Cécile! Sie hätte die Mutter doch noch so sehr gebraucht.« Jetzt brach Albert endgültig in Tränen aus.
    Bevor Walther etwas sagen konnte, griff Diego Jemelin ein. »Lassen Sie ihn, Señor Waltero! Tränen spülen die Trauer fort. Ich wollte, ich könnte so um Rosita und die Kinder weinen wie er. Doch in mir ist nur Hass auf Santa Ana und den Mann, der die Tonkawa aufgestachelt hat, die Siedlungen zu überfallen.«
    »Wissen Sie, wer dieser Mann war?«, fragte Walther erstaunt.
    Jemelin nickte mit düsterer Miene. »
Si,
Señor! Es war Don Ramón de Gamuzana. Er ist zu den Tonkawa geritten und hat ihnen Schnaps und Feuerwaffen gegeben. Einer seiner Begleiter hat in einer Cantina in San Antonio damit geprahlt und gesagt, dass alle Siedler sterben müssten, damit sie sich nicht noch einmal gegen den Generalissimus Santa Ana erheben können.«
    Zwar hatte Santa Ana San Antonio bereits vor einigen Tagen eingenommen, dennoch gelangten immer noch Nachrichten aus der Stadt zu ihnen. Auch wenn vielen Tejanos das selbstbewusste und teilweise ruppige Auftreten der Americanos missfiel, so war Santa Ana den wenigsten willkommen. Selbst Ramón de Gamuzanas Bruder Hernando hatte sich nach Süden zurückgezogen, um den Diktator nicht unterstützen zu müssen.
    Es fiel Walther nicht leicht, die richtige Antwort zu finden. Ohne den Überfall der Tonkawa auf Jemelins Hacienda hätte dieser sich ebenso wie viele andere Tejanos aus dem Krieg herausgehalten. Nachdem Santa Ana in Texas eingefallen war, strömte nun eine erkleckliche Anzahl mexikanischstämmiger Farmer Houston zu, um ihre Heimat zu verteidigen, und diese Männer konnten über Sieg oder Niederlage entscheiden. Darüber hätte er sich freuen können, aber da er Rosita Jemelin gemocht hatte, fühlte er eine tiefe Traurigkeit in sich und eine ähnliche Wut wie Diego, wenn er daran dachte, auf welche Weise sie ums Leben gekommen war.
    »Es ist schade um Rosita, so, wie es schade um Charlotte ist«, sagte er und musste an Gisela denken, die hoffentlich bereits in Louisiana in Sicherheit war. Es würde nicht leicht für sie sein, fern der Heimat zurechtzukommen, denn ihre Niederkunft stand kurz bevor. Wenn er sie wiedersah, würde das Kind bereits geboren sein. Walther bedauerte, dass er nicht bei ihr sein konnte. Doch er musste alles tun, um ihr und den Kindern eine sichere Heimat zu schaffen. Das war nur in einem freien Texas möglich, in dem kein Diktator selbstherrlich regierte und jeden Mann, der nicht schnell genug den Rücken vor ihm krümmte, erschießen ließ.

5.
    W ir dürfen nicht länger warten!« Gisela drängte nicht zuletzt deswegen zum Aufbruch, um ihre Unsicherheit und Schwäche zu verbergen. Im letzten Stadium ihrer Schwangerschaft ging es ihr schlechter als all die Jahre zuvor. Fast schien es, als würde ihr das ungeborene Kind alle Kraft entziehen.
    »Gisela hat recht! Wir sollten noch heute den Wagen beladen und losfahren«, stimmte Nizhoni ihr zu.
    Anneliese blickte nachdenklich durch das Fenster auf die Straße. »Soweit wir wissen, hält Fort Alamo sich, und deswegen ist Santa Ana noch nicht über San Antonio hinausgekommen. Vielleicht gibt er es auf, weiter nach Osten vorstoßen zu wollen!«
    »Wir wissen nur wenig über die Kämpfe dort«, wandte Gisela ein. »Fort Alamo kann längst gefallen und Santa Anas Truppen auf dem Marsch hierher sein.«
    Anneliese schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. In dem Fall hätte Sam Houston uns längst informiert. Seine letzte Anweisung war ja, bei Annäherung der Mexikaner die

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