Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)
General stieg vom Pferd, reichte die Zügel einem herbeieilenden Knecht und trat ein. Ein Diener nahm Hut und Mantel entgegen, ein anderer stellte den Stuhl bereit, damit der General sich setzen konnte, und zog ihm die Stiefel aus.
Santa Ana blickte an sich herab und verzog angesichts der Schlammspritzer auf seinen Hosenbeinen das Gesicht. »Ich will ein Bad! Und leg eine frische Uniform bereit. Die hier muss gewaschen werden!«
»
Si,
General!«, antwortete der Diener und eilte hinaus, um die entsprechenden Befehle zu erteilen.
Santa Ana zog sich unterdessen bis auf die Unterhosen aus und trat an das mit glühender Holzkohle gefüllte Becken, welches gegen die feuchtklamme Kälte im Zelt ankämpfte. »Diese Texaner sind Barbaren und noch schlimmer als die Komantschen, Apachen und all die wilden Indios zusammen, die immer wieder unsere Dörfer überfallen. Aber wir werden ihnen ein Ende bereiten, Major. Wir werden durch Tejas fegen wie ein eiserner Besen, und danach wird keiner dieser aufgeblasenen Kerle mehr in unserem Land leben.«
»Sie sind es nicht wert, noch länger den heiligen Boden Mexikos zu beschmutzen«, stimmte Ramón de Gamuzana dem Diktator zu.
»Das werden sie auch nicht! Wein!« Das Letzte galt einem Diener, der sofort mit einem vollen Pokal heraneilte und diesen Santa Ana überreichte.
»Wein für den Major!«, befahl Santa Ana barsch.
Auch Gamuzana erhielt umgehend einen gut gefüllten Becher.
»Auf unseren Sieg!« Santa Ana stieß mit ihm an, trank und fragte anschließend: »Gibt es noch keine Nachricht von General Urrea? Er müsste Goliad mittlerweile eingenommen haben.«
»Ich werde mich erkundigen, Exzellenz!«
Gamuzana verschwand und kehrte kurz darauf wieder. »Eben kam ein Kurier von General Urrea. Er hat Goliad wie befohlen erobert und den Rebellen Fannin mit dreihundert Mann gefangen genommen.«
Santa Anas Gesicht verzerrte sich. »Was heißt hier: gefangen genommen? Es gibt keine Gefangenen in diesem Krieg! Teilen Sie das General Urrea umgehend mit. Die Rebellen sind zu erschießen!«
»General Urrea rät davon ab, Exzellenz. Er befürchtet, dass zu viel Härte den Widerstandswillen der Rebellen stärken könnte.«
Gamuzana war es sichtlich unangenehm, diesen Einwand weitergeben zu müssen, doch Santa Ana musste lachen. »General Urrea sollte weniger befürchten als gehorchen. Diese Rebellen müssen erkennen, dass es keine Gnade für sie gibt. Umso eher werden sie Tejas verlassen! Mein Befehl steht fest: Fannin und seine Männer werden hingerichtet. Dies gilt auch für alle anderen Rebellen.«
Ramón de Gamuzana nickte und verließ das Zelt. Unterdessen brachten Santa Anas Diener die aus mehreren Lagen geteertem Leinen bestehende Badewanne und füllten diese mit warmem Wasser.
Zufrieden stieg der General hinein und nahm Seife und Schwamm zur Hand.
Kurz darauf kehrte Gamuzana zurück. »Darf ich einen Wunsch äußern, General?«
»Jeden, solange es nicht mein Amt als Präsident der Republik Mexiko ist«, antwortete Santa Ana gut gelaunt.
»Es geht um einen ganz bestimmten Rebellen, einen dreckigen Verräter! Den will ich persönlich hinrichten. Einst war er Sargento in meiner Kompanie, später habe ich einen Señor aus ihm gemacht und ihm Land in Tejas überlassen. Doch das Schwein hat sich diesem Houston angeschlossen. Eine Kugel ist für den Schuft zu schade. Ich will ihn hängen sehen!«
»Der Wunsch ist gewährt! Wer ist dieser Kerl eigentlich?«
Ramón de Gamuzanas Miene wurde hart. »Diego Jemelin! Ich habe ihn zu meinem Stellvertreter auf dem Siedlungsland ernannt, das ich von der damaligen Regierung von Mexiko erhalten habe. Doch der Hund hat es mir mit Verrat gedankt.«
»Jemelin gehört Ihnen, Major. Sie können ihm bei lebendigem Leib die Haut abziehen oder ihn ausweiden lassen, ganz wie Sie wollen. Doch nun reichen Sie mir das Handtuch. Das Essen wird gleich aufgetragen, und hinterher will ich mit einer oder zwei Chicas ins Bett. Mein Angebot gilt! Eines der anderen Mädchen können Sie haben. Ich gebe gleich Befehl, dass hier ein paar Decken ausgelegt werden. Zum Glück ist es im Zelt trocken, so bekommt die Kleine keinen nassen Hintern!«
Santa Ana lachte darüber wie über einen guten Witz und zwinkerte Gamuzana übermütig zu. Auch wenn es regnete und die einfachen Soldaten in ihren nassen Zelten froren, so wollte er sich das Leben nicht verdrießen lassen. Die Texaner waren nur ein paar zusammengelaufene Bauern und würden es nach den Niederlagen von
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