Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
erschrak, als sie sah, dass Giselas Gesicht mittlerweile ganz grau geworden war.
    »Geht es dir nicht gut?«, fragte sie.
    Mühsam schüttelte Gisela den Kopf. »Doch, doch! Ich fühle mich nur müde und möchte mich hinlegen.«
    »Du solltest etwas essen«, mahnte Nizhoni, weil ihre Freundin kaum etwas angerührt hatte.
    »Ich habe keinen Hunger!«, wehrte Gisela ab, denn ihr wurde bereits beim Gedanken an Essen übel.
    Mit einem gezwungenen Lächeln erhob sie sich und kletterte auf den Wagen. Doch als sie sich in ihre Decke hüllte und hinlegte, drehte sich alles in ihrem Kopf. Sie hörte Stimmen aus der Vergangenheit und sah in blasse, erschöpfte Gesichter. Ohne dass sie es wahrnahm, rannen ihr die Tränen über die Wangen.

11.
    D er nächste Morgen brach für die erschöpften Flüchtlinge viel zu früh an. Sogar Nizhoni stöhnte, als der Weckruf des Rangers ertönte. Trotzdem stand sie auf, entzündete ein kleines Lagerfeuer und kochte ihren bitteren Tee.
    Diesmal lehnte ihn auch Rachel nicht ab. Wie prophezeit hustete sie und war dadurch noch unausstehlicher als sonst.
    Nach einer Weile forderte Silas Parker die Flüchtlinge zum Weiterziehen auf. Doch nur wenige gehorchten sofort. Einige musste er anbrüllen, und Moses Gillings spannte seine Mähre erst ein, als der Ranger die Pistole zog und ihn damit bedrohte. Allerdings hatte er seinen Wagen zu schwer beladen, und obwohl er sein Pferd voller Wut peitschte, brachte es den Karren kaum vorwärts.
    »So behinderst du den Zug! Entweder wirfst du einen Teil deiner Sachen herab, oder du wartest, bis alle anderen an dir vorbeigefahren sind, und schließt dich als Letzter an«, befahl Parker ihm schließlich.
    Zornbebend lud der Farmer mehrere Packen ab, befahl aber seiner Frau und seinen Töchtern, einen Teil davon mitzunehmen, dann zog er seinem Pferd erneut die Peitsche über die Kruppe.
    Jetzt waren Gisela und ihre Gruppe an der Reihe. Nizhoni und Cécile führten die beiden Pferde, so dass sie ohne Schwierigkeiten aufschließen konnten.
    »Wenigstens sind unsere Decken trocken«, erklärte Gertrude nach einer Weile. In dem Moment krachte es, und der Wagen blieb stehen, während die beiden Stuten weitergingen.
    »He! Bleibt stehen!«, rief Anneliese Nizhoni und Cécile zu. Die beiden drehten sich erschrocken um und kamen zurück.
    Die Zugvorrichtung, die der Stellmacher angebracht hatte, war gebrochen. Nizhoni wollte sie mit einem Strick festbinden, doch Parker schüttelte den Kopf.
    »So wird das nichts mehr. Ihr werdet den Wagen zurücklassen und zu Fuß gehen müssen.«
    »Nein!«, stieß Nizhoni aus und deutete auf Gisela. »Sie kann nicht gehen, denn sie bekommt bald ihr Kind.«
    »Das tun andere auch«, antwortete der Ranger, der Giselas schlechten Zustand nicht wahrnahm. »Wenn zwei von euch die Frau stützen, wird es schon gehen. Und ihr schafft den Wagen aus dem Weg, damit die anderen vorbeikommen!«
    Der letzte Befehl galt mehreren Männern, die neugierig näher gekommen waren. Diese schoben kurzerhand das Gefährt beiseite. Ohne sich weiter um die Frauen zu kümmern, kehrten sie danach zu ihren eigenen Wagen zurück und fuhren weiter.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte Anneliese besorgt.
    »Wir haben zwei Pferde. Wir können ihnen einen Teil unserer Habseligkeiten aufladen und abwechselnd auf ihnen reiten!« Da Gisela nur stumm dasaß und weinte und die anderen Frauen wie verschreckte Hühner wirkten, sah Rachel die Gelegenheit, sich wieder zur Anführerin aufzuschwingen. Arlette und Marguerite stimmten ihr sofort zu, während Nizhoni den Kopf schüttelte.
    »Gisela kann weder gehen noch reiten!«
    »Sie wird sowieso sterben!«, prophezeite Rachel. »Aber darauf können wir in unserer Situation keine Rücksicht nehmen. Immerhin sind wir auf der Flucht vor Santa Anas Mordbrennern.«
    »Das stimmt!«, sprang Marguerite ihrer Schwägerin bei. »Außerdem müssen wir weiter, sonst verlieren wir den Anschluss an die anderen.«
    Nizhoni spürte die Angst der Frauen, war aber nicht bereit nachzugeben. »Wenn ihr gehen wollt, könnt ihr es tun. Ich werde bei Gisela bleiben. Die Schecke bleibt auch!«, setzte sie hinzu, da Rachel nach deren Zügeln greifen wollte.
    »Von einer dreckigen Indianerin lasse ich mir nichts sagen«, fuhr Rachel auf.
    »Es ist Giselas Pferd, und da ihr nicht bei Gisela bleiben wollt, bekommt ihr es auch nicht.«
    »Du willst es nur für dich selbst!« Rachel war außer sich vor Wut und trat auf Nizhoni zu, um sie zu ohrfeigen. Der

Weitere Kostenlose Bücher