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Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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geben würde«, antwortete das Bürschlein treuherzig.
    »Du hast wohl Angst vor den Indios?«
    »Oh ja, sehr, Señor!«
    Lachend spornte Walther seinen Mustang an, und der Kleine blieb hinter ihm zurück. Bis zu Hernando de Gamuzanas Hacienda war es noch eine ordentliche Wegstrecke, und so fühlte er sich ganz zerschlagen, als das Anwesen in Sicht kam.
    Im Gegensatz zu Jemelins Besitz strahlte die Hacienda etwas Feudales aus. Das mochte an der hohen Mauer liegen, die mehr als ein halbes Dutzend Gebäude umgab. Selbst der Pferch für die Pferde befand sich innerhalb der Umwallung sowie ein großer Platz, auf dem nun etliche gelangweilte Kutscher mit ihren Gespannen darauf warteten, dass ihre Herrschaft das Fest wieder verließ.
    Ein Peon kam auf Walther zu, um ihm das Pferd abzunehmen. Gleichzeitig stiefelte ein untersetzter Mann in der Phantasieuniform eines Haushofmeisters heran.
    »Was willst du hier?«, fragte er streng, da er Walther wegen seiner schlichten, staubbedeckten Kleidung für einen Vaquero hielt.
    »Ich will mit Don Hernando und Don Ramón de Gamuzana sprechen«, antwortete Walther gelassen.
    »Dann komm morgen wieder! Heute wird gefeiert«, beschied ihm der Mann.
    In Walther stieg der Zorn auf. »Ich bin nicht fast hundert Leguas geritten, um mich von einem Lakaien abwimmeln zu lassen! Entweder du meldest mich jetzt bei den Herren an, oder ich werde es selbst tun.«
    Der andere kniff verblüfft die Augen zusammen und versuchte, Walther abzuschätzen. Mit dem blonden Haar und den hellen Augen konnte dieser kein Mexikaner sein. Ein Americano war er seiner Aussprache nach auch nicht, obwohl seine Manieren ähnlich ruppig waren.
    »Und wen soll ich Don Hernando und Don Ramón melden?«, fragte er mit einer Mischung aus Nachgiebigkeit und Trotz.
    »Walther Fichtner, im Auftrag von Don Ramón Verwalter des nördlichen Siedlungsbereichs.«
    Der Uniformierte hatte von den Siedlern gehört, die den Schiffbruch der
Loire
vor der Küste überlebt hatten. Dennoch war er nicht bereit, Walther einen höheren Stellenwert einzuräumen als Diego Jemelin, der kurz zuvor hier gewesen war. Dieser wäre auch nicht zu Señorita Mercedes’ Geburtstagsfeier eingeladen worden.
    »Ich bedauere, doch ich kann Sie nicht einlassen. Ich werde jedoch den Herren melden, dass Sie angekommen sind.«
    Die Blasiertheit des Mannes ärgerte Walther gewaltig. Er wusste jedoch selbst, dass er keine weiteren Zugeständnisse erwarten konnte. Außerdem kamen bereits mehrere Vaqueros heran, und einer fragte sogar, ob er Schwierigkeiten machen würde.
    »Noch mache ich keine, aber schon bald, wenn dieser Hanswurst Don Hernando nicht unverzüglich mitteilt, dass ich angekommen bin!«
    Dem Vaquero dämmerte, wer vor ihm stand. »Sie sind es, Señor! Kommen Sie in unsere Hütte und essen Sie etwas. Juanito wird sich um Ihr Pferd kümmern. Und du meldest endlich Don Hernando, dass der Alemán gekommen ist.«
    Das Letzte galt dem Haushofmeister, der den Befehl erhalten hatte, die Gäste zu begrüßen. Sichtlich wütend, weil ein einfacher Vaquero ihn zurechtgewiesen hatte, verschwand er im Haus, während Walther dem Hirten in eine Hütte folgte. Sein Gastgeber schenkte ihm sofort einen Tequila ein, und kurz darauf stand ein großer Teller mit einem prachtvollen Stück Fleisch und etlichen Tortillas vor ihm.
    Da Walther unterwegs nur von seinem Proviant gelebt hatte, griff er beherzt zu, unterhielt sich mit den Vaqueros und fragte, wie es hier in San Felipe de Guzmán so stehe.
    »Wir haben gestern zwei Karankawa erwischt, die ein paar Rinder stehlen wollten, und sie gleich aufgeknüpft«, erklärte der Anführer. »Das bringt mich darauf, dass Sie einen ausgezeichneten Mustang reiten. Der sieht aus, als wäre er ein Komantschenpferd.«
    »Er ist auch eines«, gab Walther zu. »Ich habe das Tier für zwei Decken und ein Messer eingetauscht.«
    Die Büchse, die er Po’ha-bet’chy gegeben hatte, wollte er lieber nicht erwähnen.
    Der Vaquero riss vor Staunen die Augen weit auf. »Sie handeln mit den Komantschen? Aber das wagt sonst niemand! Nur diese dreckigen Americanos tun es und tauschen Schnaps und Feuerwaffen gegen Pferde ein.«
    Langsam wurde Walther das Gespräch zu heikel, und so war er froh, als Hernando de Gamuzana mit langen Schritten auf die Hütte zueilte und kurz darauf eintrat.
    »Willkommen, Señor Waltero! Es tut mir leid, dass ausgerechnet heute so viel bei uns los ist. Aber ein Mädchen wird eben nur einmal in seinem Leben

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