Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
achtzehn, und das wollen wir feiern. Haben Sie schon etwas zu essen bekommen?« Dann sah er den noch halb vollen Teller und lachte.
    »So ist es richtig! Durch Ihr Leben in der Wildnis müssen Sie doch auf einiges verzichten. Haben Sie Wein? Nein? Pedro, lauf ins Haus und hole ein paar Flaschen. Übrigens, mein Bruder kommt auch gleich. Er will sich nur noch von Señorita Carmen de Vicario verabschieden. Vielleicht wird sie seine Braut.«
    Walther hatte Hernando de Gamuzana etwas weniger lebhaft in Erinnerung. Wie es aussah, hatte dieser dem Wein bereits kräftig zugesprochen. Er selbst sagte kaum etwas, sondern hörte zu, wie der Alcalde von der Geburtstagsfeier seiner Tochter schwärmte.
    Schließlich vollzog Gamuzana eine bedauernde Geste. »Wie schade, dass Ihre Gattin nicht mitgekommen ist. Meine Frau und Mercedes hätten sich gewiss gefreut, sie begrüßen zu dürfen. Wollen Sie mit mir hinübergehen, sobald Sie mit meinem Bruder gesprochen haben?«
    »Ich danke Ihnen für die Einladung, Don Hernando, doch für ein solches Fest bin ich unpassend gekleidet. Überbringen Sie Ihrer Tochter meine aufrichtigsten Glückwünsche zu ihrem Geburtstag.«
    »Das werde ich, Señor Waltero. Doch sagen Sie, wie geht es Ihnen in der Wildnis?«, antwortete Gamuzana.
    »Ganz gut! Meine Frau hat vorletzte Woche einen Sohn geboren und …«
    Zu mehr kam Walther nicht, denn Gamuzana unterbrach ihn erregt. »Sie Glücklicher! Sie nennen einen Sohn Ihr Eigen! Meine Frau hat mir leider nur diese eine Tochter geboren. Nun habe ich die ganzen Nichtsnutze am Hals, die sie unbedingt heiraten wollen. Einige sind sogar aus der Ciudad de Mexico hierhergekommen.«
    Trotz der etwas spöttischen Worte merkte Walther, dass es den Alcalden schmeichelte, Gäste aus der Hauptstadt begrüßen zu dürfen. Dabei entging ihm Gamuzanas unterschwelliger Neid nicht. Wie es aussah, hatte der Alcalde sich einen Sohn als Erben gewünscht und würde sich nun mit einem Schwiegersohn zufriedengeben müssen.
    Gamuzana fing sich jedoch rasch wieder und wies mit einer ausladenden Geste auf sein prachtvolles Haus, das durch das Fenster der Hütte gut zu sehen war. »Wir haben heute auch einen ganz besonderen Gast bei uns, Señor Waltero, einen echten Helden, nämlich General Antonio López de Santa Ana.«
    »Das freut mich für Sie!« Walther wollte nicht sagen, dass er nicht einmal den Namen des genannten Generals kannte, um Gamuzana nicht zu verärgern.
    Dieser lachte jedoch nur. »Ich sage Ihnen, Santa Ana ist der kommende Mann in Mexiko. Zu gegebener Zeit werde ich Sie daran erinnern!«
    Die Rückkehr des Vaqueros mit zwei Flaschen Wein unterbrach Gamuzanas Rede, und er schenkte Walther eigenhändig ein.
    »Auf Ihren Sohn!«, sagte er, als er sein Glas erhob.
    »Auf Ihre Tochter und auf General Santa Ana!« Das Letzte setzte Walther hinzu, weil er annahm, sein Gastgeber würde dies erwarten. Er täuschte sich nicht, denn Gamuzana lächelte wohlwollend.
    »Sie werden den General gleich kennenlernen, Señor, denn ich sehe, dass er mit meinem Bruder herüberkommt.«
    Tatsächlich näherten sich zwei Männer in Uniform der Hütte. Der Jüngere war Don Hernando auffallend ähnlich. Das muss sein Bruder sein, dachte Walther. Er war gut einen halben Kopf größer als der General und trug seinen Zweispitz unter dem Arm. Obwohl Ramón de Gamuzana in seiner Paradeuniform prachtvoll aussah, stellte Santa Ana ihn in den Schatten. Zwar war der Mann eher klein gewachsen, wirkte aber so, als gäbe es niemanden auf der Welt, der ihm das Wasser reichen konnte. Der mit Goldborte und Federn geschmückte Zweispitz saß leicht schräg auf seinem Kopf, und auf seiner Uniform blitzten unzählige Orden.
    Bevor die beiden die Tür erreichten, riss ein Vaquero sie auf. Ramón de Gamuzana ließ dem General den Vortritt, und dieser baute sich sofort mit eisiger Miene vor Walther auf.
    »Es war sehr unbedacht von Don Hernando, einen Americano zum Vize-Empresario zu ernennen.«
    Der Alcalde schrumpfte bei diesen tadelnden Worten sichtlich. Im Gegensatz zu ihm war Walther jedoch nicht bereit, klein beizugeben.
    »Ich muss Ihre Exzellenz berichtigen, denn ich bin kein Nordamerikaner.«
    Santa Ana kniff kurz die Augen zusammen. »Auch wenn Sie mexikanische Tracht tragen, sehen Sie trotzdem nicht wie ein Mexicano aus!«
    »Ich bin Deutscher«, erklärte Walther ruhig. »Ich wollte mit meiner Frau in die Vereinigten Staaten auswandern, doch ein Sturm verschlug unser Schiff an diese Küste, und

Weitere Kostenlose Bücher