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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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stirbt.«
    »Warum, Sire?«
    »Jedesmal, wenn Margot einen Geliebten verliert, hält sie es in dem Haus, wo sie wohnt, nicht mehr aus und baut sich auf meine Kosten ein neues.«
    »Oh, das geht über deine Schatulle, Henriquet!« sagte der Narr. »Margot hat schon mehr Galane auf sich zerrieben als du unter dir Rösser.«
    Wieder lachte der König, während Vitry und Roquelaure etwas verzögert einfielen, weil der Scherz sie ein bißchen stark dünken mochte.
    »Sire«, meinte darauf Roquelaure, »stimmt es, daß der spanische Gesandte Don Pedro im Namen seines Herrn von Euch verlangt hat, Euer Bündnis mit den flämischen Niederländern aufzugeben?«
    »Es stimmt, Roquelaure«, sagte der König. »Eine seltene Unverschämtheit! Ich habe rundweg abgelehnt.«
    »Es heißt, Sire«, sagte Roquelaure, »Don Pedro soll mit Eurer Antwort nicht sehr zufrieden gewesen sein und gesagt haben, unter der Bedingung könnte sein Herr sich gezwungen sehen, zu Pferde zu steigen und Euch mit Krieg zu überziehen.«
    »Worauf ich«, sagte Henri, »ohne zu fackeln, entgegnete: Dann habe ich aber den Arsch eher im Sattel als sein Herr den Fuß im Steigbügel.«
    Welche Freude, aus Henris eigenem Mund, mit seinem Gascognerakzent und seiner kräftigen, fopplustigen Stimme diese schneidende Antwort zu hören, aus der man schon den Galopp der Pferde und die Fanfaren des Sieges zu hören wähnte. Denn an diesem Sieg zweifelten wir keinen Augenblick, die Veteranen, der Narr und ich! Henri hatte die Einmärsche Philipps II. seit jeher zurückgeschlagen. Nicht daß die spanische Infanterie etwa schlecht war, ganz im Gegenteil. Aber sie wurde vonschwerfälligen österreichischen Generälen befehligt, während unser Henri an der Spitze seiner Reiterei, die ganz aus französischen Edelleuten bestand, rasch war wie der Blitz. Diese Raschheit machte den ganzen Unterschied aus zwischen jenem »Fuß«, der nicht rechtzeitig in den Steigbügel kam, und dem »Arsch«, der so hurtig im Sattel saß: mir sträubte sich bei diesem kraftvollen Wort das Fell, und ein Schauer rann mir über den Rücken. Ich vergaß, in welcher demütigen Haltung ich mich befand, und sah mich augenblicks, der ich noch kein Feuer erlebt hatte, galoppieren wie mein Vater zu Ivry, den Degen in der Faust und vor mir den weißen Helmbusch des Königs.
    Da ging die Tür halb auf, und de Praslin steckte den Kopf herein.
    »Sire, Monsieur de Réchignevoisin hat eine Botschaft für Euch von Ihrer Hoheit der Herzogin von Guise.«
    »Soll er sie sagen!«
    Die Tür schloß sich, eine Weile später ging sie wieder auf, und Praslin zeigte sich aufs neue.
    »Sire, Ihre Hoheit die Herzogin von Guise bittet Eure Majestät, ihr gnädigst ein Gespräch in ihrer alten Kemenate gewähren zu wollen.«
    »Soll warten. Ich komme.«
    Im Augenblick war es mit der Fröhlichkeit im Gesicht des Königs vorbei, und er sah auf einmal viel älter aus.
    »Was will sie? Wißt Ihr es, Vitry?«
    »Nein«, sagte Vitry, der es sehr wohl wußte.
    »Dann werde ich es Euch sagen. Sie will sich auf die Hinterbeine stellen, um ihr Kücken zu verteidigen. Donnerschlag! Wozu gibt es Weiber, wenn sie doch bloß zetern.«
    »Sire«, sagte Roquelaure, »sie sind die Zier unserer Tage und die Freude unserer Nächte.«
    »Wohl wahr!« sagte der König und erhob sich mit einem Seufzer von seinem Stuhl, »aber das lassen sie einen teuer bezahlen! Manchmal frage ich mich, ob der Spaß die Kerze lohnt.«
    ***
    Im Ballsaal fand ich meinen Schemel zwischen der grünen Pflanze und der Musikantenestrade besetzt, und ich fühltemich wie aus meinem Heim verstoßen. Da ich es gewöhnt war, beizeiten zu Bett zu gehen, begann ich die Länge dieser Nacht zu spüren. Ich hätte mich um so lieber gesetzt, als in der Abwesenheit des Königs, der ja bei meiner lieben Patin weilte, nicht getanzt wurde und ich allein war, denn weder mein Vater noch La Surie, noch Bassompierre oder Joinville, der wohl noch seine Augen wässerte, ließen sich finden, um mich freundlichst einer Schönen vorzustellen, die mir den nächsten Tanz versprochen hätte.
    Ich durchstreifte den ganzen Saal, indem ich immer längs den Wänden ging, suchte entweder meine Mentoren oder aber einen erlösenden Sitz, in beiden Fällen vergeblich. Doch sah es so aus, als sei meine Müdigkeit auch allgemein. Mehr als eine Dame hatte, wie ich beobachten konnte, heimlich die Schuhe ausgezogen und verbarg ihre gemarterten Füße unterm Rocksaum.
    Nachdem ich also eine volle Runde um

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