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Der Zauberhut

Der Zauberhut

Titel: Der Zauberhut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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allen entsprechenden Symptomen zu leiden: feuchte Handflächen, ein seltsames Brennen in der Magengrube, das Gefühl, als bestehe die Haut auf der Brust aus straff gespannten Gummibändern. Und wenn Conina sprach, gewann er den Eindruck, als striche ihm jemand mit heißem Stahl über den Rücken.
Rincewind blickte auf Truhe herab, die neben ihm über den Weg stapfte, und er glaubte, gewisse Anzeichen zu erkennen.
»Du auch?« fragte er.
Vielleicht lag es nur an einigen Reflexen, die der Sonnenschein auf der zerkratzten Klappe hervorrief, aber für einige Sekunden bemerkte Rincewind ein rötliches Schimmern.
Nun, zwischen intelligentem Birnbaumholz und seinem Eigentümer gab es natürlich eine seltsame mental-emotionale Verbindung, und… Rincewind schüttelte den Kopf, doch der Gedanke kehrte mit sturer Beharrlichkeit zurück und erklärte wenigstens, daß Truhe einen großen Teil ihrer Boshaftigkeit verloren hatte.
»Es kann unmöglich klappen«, sagte er. »Ich meine, sie ist eine Frau, und du bist, nun, du bist…« Er zögerte. »Äh, was du auch sein magst – erinnere dich an deine hölzerne Natur. Eine Beziehung zwischen dir und ihr… Nein, unmöglich. Du kämst ins Gerede. Du…«
Er drehte sich um und musterte die schwarzgekleideten Wächter.
»Was gibt’s da zu grinsen?« fragte er streng.
Truhe trippelte zu Conina, folgte ihr in einem so geringen Abstand, daß sie mit der Ferse an ein Scharnier stieß.
»Verschwinde!« zischte sie und gab der Kiste einen wuchtigen Tritt.
Truhe zeichnete sich durch einen eklatanten Mangel an Mimik aus, aber es gelang ihr dennoch, schockierte Enttäuschung zum Ausdruck zu bringen.
Der Pavillon weiter vorn erwies sich als ein zwiebelförmiges, mit glitzernden Edelsteinen geschmücktes Etwas, das auf vier Säulen ruhte. Das Innere bestand aus zahllosen Kissen, auf dem ein ziemlich dicker, rund vierzig Jahre alter Mann lag. Drei junge Frauen leisteten ihm Gesellschaft. Er trug einen purpurnen, mit goldenem Zwirn und besonders großen Pailletten geschmückten Umhang. Rincewind hielt unwillkürlich den Atem an und die drei jungen Frauen um ihn herum bewiesen, daß man mit sechs kleinen Kochtopfdeckeln und etwas Vorhangstoff weit kommen konnte – allerdings nicht weit genug. Er dachte an die Tempelfresken und schauderte hingebungsvoll.
Der Mann schrieb, und nach einer Weile hob er den Kopf.
»Wahrscheinlich kennt ihr keinen guten Reim auf ›du‹, oder?« fragte er gereizt.
Rincewind und Conina wechselten einen kurzen Blick.
»Im Nu?« schlug der Zauberer vor. »Hab Ruh?«
    »Kuh?« sagte Conina mit erzwungener Fröhlichkeit.
Der dicke Mann zögerte. »Kuh gefällt mir«, sagte er. »Ja, Kuh bietet gewisse Möglichkeiten. Kuh könnte wirklich passen. Übrigens: Zieht euch ein Kissen heran und nehmt Platz. Möchtet ihr Fruchtsaft? Warum steht ihr so steif da?«
    »Es liegt an den Stricken«, sagte Conina.
»Ich bin gegen kalten Stahl allergisch«, fügte Rincewind hinzu.
»Ach, wie langweilig«, stöhnte der Dicke und klatschte in die Hände. An den wurstartigen Fingern steckten so viele Ringe, daß es laut rasselte und klirrte. Sofort traten zwei Wächter vor, durchschnitten die Fesseln und verschwanden zusammen mit ihren Gefährten. Rincewind sah sich mißtrauisch um und erahnte Dutzende von neugierigen und argwöhnischen Augenpaaren, die sich im nahen Dickicht verbargen. Zwar schienen er und Conina nun mit dem Mann allein zu sein, aber der Überlebensinstinkt warnte ihn vor einem aggressiven Verhalten und meinte, dadurch könne sich dieser Bereich des Parkes in einen außerordentlich unangenehmen und schmerzvollen Ort verwandeln. Er versuchte, Ruhe und ein möglichst hohes Maß an Freundlichkeit auszustrahlen.
Rasch blätterte er in seinem psychischen Wörterbuch und sah unter ›Höflichkeit‹ nach.
»Nun«, brachte er schließlich hervor, während er Brokatvorhänge, mit Rubinen besetzte Säulen und Kissen aus kostbarem Samt betrachtete, »du hast dich recht hübsch eingerichtet. Dein Heim wirkt wie…« – er bemühte seine deskriptive Phantasie –,»… wie ein wundervolles Wunder.«
    »Man bemüht sich um Schlichtheit«, seufzt der Mann, während sein Federkiel emsig übers Papier kratzte. »Warum seid ihr hier? Oh, versteht mich bitte nicht falsch. Selbstverständlich ist es mir eine Freude, Musenkollegen kennenzulernen, die sich ebenfalls der so anspruchsvollen poetischen Kunst widmen.«
    »Man brachte uns hierher«, antwortete Conina.
»Einige Männer mit

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