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Dhampir - Seelendieb

Dhampir - Seelendieb

Titel: Dhampir - Seelendieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb & J. C. Hendee
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»Nachtstimme«.
    Nur wenig war über diesen mutmaßlichen Anführer und seine Horden bekannt, die den Heimatkontinent des Weisen und andere Teile der Welt heimgesucht hatten. Jede Kultur hatte ihren eigenen Namen für ihn, doch der stand immer mit der Erwähnung einer Stimme im Dunklen in Verbindung. Die vagen, unterschiedlichen Beschreibungen machten es unmöglich, Fakten und aus Furcht gewachsene wilde Spekulationen voneinander zu trennen. Tilswith vermutete, dass nur sehr wenige Individuen, wenn überhaupt, jenes Wesen mit eigenen Augen gesehen hatten. Nur drei Hinweise erschienen gelegentlich: Die »Nachtstimme« war männlichen Geschlechts, gewaltig und immer mitternachtsschwarz. Manche Berichte schilderten sie als schimärisch, andere als Reptil. In einigen Fällen war von einem Humanoiden die Rede, aber Details wurden nie genannt. Ihre wahre Natur ließ sich ebenso wenig feststellen wie der Grund dafür, warum sie über viele Jahre hinweg, vielleicht Jahrzehnte, Krieg geführt hatte, offenbar mit der Absicht, alles intelligente Leben zu vernichten, das sich ihrer Kontrolle entzog. Und jenen, die unter ihrem Einfluss standen, blieb nichts anderes übrig, als alle niederzumetzeln, die sich ihnen in den Weg stellten.
    Man ging davon aus, dass der Krieg in der fernen Wüste nördlich des Sumanischen Reiches begonnen hatte, und auch im Süden, im heutigen Malourné. Irgendwie war die »Stimme« über Nacht besieg t – manche sprachen von »getötet « – worden, und daraufhin verschwand sie. Berichte aus der Zeit danach ließen den Schluss zu, dass die gesamte Zivilisation vollkommen untergegangen war. Es gab keine Ordnung mehr: Einzelne Clans und Stämme kämpften gegeneinander, um die wenige Nahrung und das übrig gebliebene unverwüstete Land.
    Bevor Chane zu einem Edlen Toten geworden war, hatte er sich kaum für Geschichte interessiert. Den Umgang mit dem Schwert und Sprachen hatte er nur gelernt, weil man so etwas vom Sohn eines Adligen erwartete. Er war immer viel mehr an den arkanen Künsten interessiert gewesen, sehr zum Ärger seines Vaters, doch damals hatten sich seine Fähigkeiten darauf beschränkt, einige kleine Luftgeister zu beschwören, wie zum Beispiel Staubteufel, um Unruhe im Haus zu schaffen. Wenn er heute zurückblickte, sah er sich selbst als eine sehr oberflächliche Person, einen nutzlosen Snob, der irgendwann gestorben und im Grab verfault wäre. Aber jetz t …
    Jetzt war er ohne Alter, und die Vergangenheit bot viel für jemanden, der über eine Ewigkeit verfügte. Chane wollte alles verstehen.
    Wynn beobachtete seinen Blick, der dem Pergament galt, und aus den Augenwinkeln bemerkte er ihr sanftes Lächeln. Sie war schön, hatte ein ausgewogen proportioniertes Gesicht mit intelligenten Auge n – sie wäre eine gute Adlige gewesen.
    Er hörte ihr Blut, ein pulsierendes Rauschen unter ihrer Haut.
    Unbewusst erweiterte Chane seine Sinne, bis er Wynns Körperwärme an der Wange spürte.
    Blutdurst stieg in ihm auf, und rasch konzentrierte er sich wieder auf die Schriftrolle. Intellektuelle Gesellschaft erfüllte für ihn ein ebenso dringendes Bedürfnis wie Nahrung. Blut konnte er überall finden, doch die Präsenz einer Person wie Wynn war sehr kostbar.
    Chane richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das faszinierende Pergament.
    Leesil kletterte die kurze Treppe in den Frachtraum des Schoners hinunter und versuchte, nicht zu denken. Doch er bemühte sich vergeblich, trotz des Alkohols, der ihn noch immer umnebelte. An seinem Hals hingen eine kleine Flasche Öl und eine zweite mit Wasser. Er trug eine Laterne, und der Kasten mit seinen Werkzeugen steckte unter dem zerrissenen Hemd.
    Magiere hatte dem ersten Angreifer die Kehle aufgeschnitten und ihn damit getötet. Chap hatte den zweiten festgehalten, der sich jetzt in einem Abstellraum unter Deck befand. Der dritte war entkommen, was er Leesils Trunkenheit verdankte.
    Der nützliche, zuverlässige Leesil hatte die Sache erneut verpatzt.
    Magiere sprach von Assassinen, aber Leesil wusste es besser. Geschickte Assassinen waren Schemen, die das Opfer weder sah noch hörte. Sie arbeiteten nicht in Gruppen. Sie platzten nicht durch eine Kabinentür, wodurch das Opfer erwachte, und sie verwendeten weder Schlagstangen noch einfache Messer. Jemand hatte gewöhnliche Halunken damit beauftragt, Magiere zu ermorde n – jemand, der entweder nicht viel Geld für den Auftragsmord ausgeben wollte oder nicht wusste, wie man sich mit einem echten

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