Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache
bin - dass man sich dort nicht mehr an mich erinnert, dessen bin ich sicher. Wir wollen zurück an den Ort, wo wir darauf vorbereitet worden sind, uns unserem Schicksal zu stellen. Es war eine Art Schule, könnte man sagen. Ich weiß, dass ich dir schon einmal davon erzählt habe. Und ich habe dir auch erzählt, dass ich von dort fortgelaufen bin, als sie sich geweigert haben, die Wahrheit anzuerkennen, die ich ausgesprochen habe. Dort wird man sich noch sehr gut an mich erinnern und auch an Prilkop. Dort erinnert man sich an jeden Weißen Propheten.«
»Dann sollen sie sich doch an dich erinnern. Offenbar haben sie dich dort nicht allzu gut behandelt. Warum willst du wieder zurück?«
»Um dafür zu sorgen, dass das, was mir passiert ist, keinem anderen Kind mehr widerfährt. Um zu tun, was noch nie getan worden ist: zurückzukehren und für sie die alten Prophezeiungen im Lichte dessen zu interpretieren, was wir jetzt wissen. Um alles aus ihren Bibliotheken zu verbannen, was die Bleiche Frau dort vergraben hat, oder zumindest um es in einem anderen Licht dastehen zu lassen. Um ihnen die Erfahrungen zu bringen, die wir in der Welt gesammelt haben.«
Ich schwieg für lange Zeit. Dann fragte ich: »Und wie wollt ihr dorthin kommen?«
»Prilkop sagt, er könne die Pfeiler benutzen. Zusammen könnten wir auf diese Weise weit nach Süden reisen, bevor wir uns nach einer anderen Reisemöglichkeit umsehen müssten. Irgendwann werden wir schon dort ankommen.«
»Er kann die Pfeiler benutzen?« Ich war erstaunt. »Warum ist er dann all die Jahre hier geblieben?«
Der Narr schaute mich an, als wäre das offensichtlich. »Ich glaube, er kann sie benutzen, aber er hat Angst vor ihnen. Selbst in unserer eigenen Sprache kann er mir einige Konzepte der Uralten nur schwer erklären. Die Magie, welche die Pfeiler antreibt, nimmt sich jedes Mal ein Stück von dir, wenn du sie benutzt. Noch nicht einmal die Uralten haben sich ihrer einfach so bedient. Ein Kurier mit einer wichtigen Botschaft hat einen, vielleicht auch zwei Pfeiler benutzt, dann wurde die Botschaft an einen anderen weitergegeben. Aber das war nicht der einzige Grund, warum er hier geblieben ist. Er ist geblieben, um den Drachen zu beschützen. Und um auf die Ankunft des Weißen Propheten und seines Katalysten zu warten, jener beiden, die die Aufgabe vielleicht zu Ende führen konnten. Immerhin war das der Dreh- und Angelpunkt seines Lebens.«
»Solch eine Hingabe kann ich mir kaum vorstellen.«
»Nein? Ich schon.«
Ich hörte das Knarren der Tür, und Prilkop kam herein. Er wirkte überrascht, mich zu sehen, was ja auch nicht verwunderlich war, doch dann rief er dem Narren etwas zu. Der Narr übersetzte. »Er ist erstaunt, dass du so schnell wieder zurückgekehrt bist, und er fragt, ob eine dringende Angelegenheit dich dazu gezwungen hat, dich den Pfeilern erneut hinzugeben.«
Ich machte eine abschätzige Geste und sagte zu Prilkop: »Ich wollte euch nur etwas zu essen bringen. Schau, hier sind Butter und Käse, wie du es dir gewünscht hast, und auch etwas Wein und Pflaumen. Ich hatte gehofft, euch beide bereit zu finden, mit mir nach Hause zu kommen, doch der Narr scheint mir noch immer schwach zu sein.«
»Wir sollen mit dir zu dir nach Hause kommen?«, fragte er mich, und ich nickte lächelnd.
Er drehte sich zum Narren um und sprach in ihrer eigenen Sprache mit ihm. Der Narr antwortete ihm knapp, drehte sich dann zu mir um und sagte widerwillig: »Fitz, mein Freund. Bitte, komm und setz dich ans Feuer. Ich muss mit dir reden.«
Er stand steif auf, die Decke locker über die Schultern gelegt, und ging langsam zu einem Graskissen am Kamin. Vorsichtig ließ er sich darauf nieder, und ich setzte mich neben ihn. Prilkop schaute in den Essenskorb. Er brach ein Stück Käse ab, steckte es sich in den Mund und schloss genussvoll die Augen. Als er sie wieder öffnete, verneigte er sich zum Dank vor mir. Ich nickte. Ich hatte ihm gerne diese Freude gemacht. Als ich mich wieder zum Narren umdrehte, atmete dieser tief durch und sprach.
»Prilkop hat nicht die Absicht, mit dir nach Bocksburg zu gehen - und ich habe sie auch nicht.«
Ich starrte ihn an und wiederholte seine Worte im Geiste immer wieder und wieder. Sie ergaben keinen Sinn. »Aber warum ? Seine Aufgabe hier ist beendet, wie auch deine. Warum an einem solch ungastlichen Ort bleiben? Es ist kalt, und das hier ist der Sommer! Das Leben hier ist hart und öde. Und wenn der Winter kommt ... Ich kann mir
Weitere Kostenlose Bücher