Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache
sprechen.
Ich kann jetzt nicht. Frag Dick.
Du kennst all die Grunde, warum das nicht funktionieren würde. Bitte, Fitz. Es wird nicht lange dauern.
Das hast du beim letzten Mal auch gesagt Außerdem bin ich noch nicht einmal in der Nähe der Königin. Ich bin durch den Pfeiler gegangen. Ich bin beim Narren.
Was ? Ohne uns vorzuwarnen oder dich vorher mit uns zu beraten?
Ich glaube, mein Leben gehört immer noch mir.
Nein
, widersprach mir Chade schlicht.
Nein, es gehört Euch nicht, mein Herr. Vergangene Nacht hast du eine Linie vor mir durch den Sand gezogen, und ich habe gefühlt, dass du es mit Zustimmung der Königin getan hast. Du kannst diese Autorität nicht im einen Augenblick für dich beanspruchen und sie im nächsten wieder abschütteln. Einer Krone kann man sich nicht so einfach wieder entledigen.
Ich bin nicht wirklich der König, und du weißt das.
Jetzt ist es zu spät für diese Haltung, Fitz!
Chade klang wütend.
Zu spät. Die Königin hat dir diese Autorität angeboten, und du hast angenommen.
So einfach wollte ich nun doch nicht kapitulieren. Allerdings war ich mir auch noch nicht im Klaren darüber, ob ich ihm zustimmte oder nicht.
Gib mir etwas Zeit. Inzwischen seid ihr ja sicher auf See. Was kann denn noch so dringend sein, nun da ihr davongesegelt seid?
Eine Zeit lang kann das noch warten, das stimmt; aber danach, Fitz, darfst du nicht wieder einfach so verschwinden, ohne uns vorher Bescheid zu sagen.
Bin ich denn ein Diener, dass mir sogar meine Zeit nicht mehr gehört?
Schlimmer. Du bist ein König, und damit das >Opfer< für alle.
Er löste seinen Geist von meinem, bevor ich etwas darauf erwidern konnte, Ich blinzelte und erkannte, dass ich gerade gehört hatte, wie die Tür sich schloss. Prilkop war gegangen. Der Narr schaute mich an. Irgendwie hatte er bemerkt, dass der Gabenkontakt vorüber war. »Es tut mir Leid«, sagte ich. »Chade hatte es wie immer eilig und von mir verlangt, sofort mit der Königin zu sprechen. Er behauptet, wenn sie mich auch nur einen Augenblick lang als >Opfer< anerkannt hätte, hätte ich nun alle Pflichten und die Verantwortung eines gekrönten Hauptes. Das ist einfach nur lächerlich.«
»Ist es das?«
»Du weißt, dass es das ist!«
Meine Verteidigung löste eine wahre Redeflut bei ihm aus, als hätten sich während des Wartens die Worte bei ihm aufgestaut wie Wasser hinter einem Damm.
»Fitz, kehre zu dem Leben zurück, für das du bestimmt warst, und liebe es ohne Vorbehalt. Das ist es, was ich für dich gesehen habe.« Er stieß ein Lachen aus, das schon an Hysterie grenzte. »Das hat mir sogar Kraft gegeben, als ich im Sterben lag: das Wissen, dass du nach meinem Tod dieses Leben führen würdest. Wenn der Schmerz am schlimmsten war, habe ich mich auf das konzentriert, was ich für dich gesehen hatte, und ihn durch mich hindurchfließen lassen.«
»Aber... sie hat gesagt, du hättest nach mir gerufen. Als sie dich gefoltert hat.« Ich sprach die Worte und wünschte mir fast sofort, ich hätte sie wieder zurücknehmen können. Der Narr wirkte plötzlich krank und alt.
»Vermutlich habe ich das tatsächlich getan«, gab er zu. »Ich habe nie von mir behauptet, sonderlich tapfer zu sein. Doch dass sie mich dazu hat bringen können, ändert gar nichts. Nichts.« Er schaute ins Feuer, als hätte er dort etwas verloren, und ich schämte mich, dass ich ihn wieder an seine Qualen erinnert hatte. Kein Mann sollte je daran erinnert werden, vor Menschen geschrien zu haben, die sich daran ergötzten. »Das sollte mich vermutlich daran erinnern, dass ich in vielerlei Hinsicht nicht so stark bin, wie ich gerne glauben würde. Und ich sollte mich nicht in eine Lage bringen, in der meine Schwäche uns beiden schaden kann.«
Plötzlich ergriff er meine Hand. Das erschreckte mich. Ich riss den Kopf hoch, und wir schauten einander in die Augen. »Fitz, bitte. Führe mich nicht in Versuchung, dir zu folgen und mich in die Zukunft einzumischen, die ich für dich vorausgesehen habe. Führe mich nicht in Versuchung, mich aus meiner Zeit zu lösen und mir etwas zu nehmen, was nie für mich bestimmt war.« Er schauderte unvermittelt, als wäre ihm plötzlich kalt geworden. Dann ließ er meine Hand los, beugte sich näher ans Feuer und hielt die Hände darüber. Seine Fingernägel hatten zu wachsen begonnen. Er rieb sich die Hände, und trockene Hautfetzen fielen in die Glut wie weiße Asche. Die neue Haut darunter erinnerte mich an poliertes Holz. Sanft, sehr
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