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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Ich pflügte durch immer tieferen Schnee, und dann ging es einen langen, langsamen Anstieg hinauf. Inzwischen fühlte ich meine Füße nicht mehr. Ich konnte nicht einmal mehr sagen, ob ich noch Schuhe trug oder nicht. Die Robe schlug beim Gehen gegen mich und peitschte die nackten Beine mit dem Schnee, der sich in der Wolle verfangen hatte. Und bei jedem Schritt, den ich tat, dachte ich daran, dass der Narr noch immer an den Drachen gekettet war und müde versuchte, sich von dem Stein fernzuhalten, von dem er wusste, dass er ihn seiner Menschlichkeit berauben würde.
    Dann blieb die Laterne wundersamerweise stehen. Wer auch immer mein Führer sein mochte, nun wartete er auf mich an der Spitze des Hangs, den wir nach und nach erklommen hatten. Ich rief erneut mit rauer Kehle und verdoppelte meine Anstrengungen. Ich kam immer näher und senkte den Kopf gegen einen Wind, der immer wütender wurde, je höher ich kam. Dann, als ich den Blick hob, um zu sehen, wie weit ich inzwischen gekommen war, sah ich deutlich, wer die Laterne hielt und auf mich wartete.
    Es war der Schwarze Mann.
    Eine namenlose Angst erfüllte mich. Aber nachdem ich ihm nun so weit gefolgt war, was blieb mir da anderes übrig, als weiterzugehen? Ich kam näher heran, nah genug, um kurz die Adlernase unter der schwarzen Kapuze zu sehen, als er die Laterne hob. Dann stellte er die Laterne auf den Boden und wartete. Ich drückte meinen Arm an die Brust und kämpfte mich die letzten Meter den Hang hinauf. Das Licht wurde heller, aber ich konnte den Schwarzen Mann nicht länger daneben stehen sehen. Als ich die Laterne erreichte, stand sie auf einem aus dem Schnee ragenden Felsen mitten auf dem windumtosten Grat.
    Der Schwarze Mann war verschwunden.
    Ich benutzte den rechten Arm, um meine linke Hand so sanft wie möglich nach unten zu drücken. Ein stechender Schmerz fuhr durch meine Schulter, als der Arm mit vollem Gewicht nach unten zog, doch ich biss die Zähne zusammen. Ich nahm die Laterne, hielt sie in die Höhe und rief. Ich sah keine Spur von dem Schwarzen Mann, nur Schnee. Ich schlurfte weiter und folgte seinen Fußabdrücken. Sie endeten an einem windigen Felsgrat. Doch im nächsten Tal, nicht weit unter mir, sah ich die schwach beleuchteten Zelte unseres Lagers, und sofort waren alle Gedanken an den Schwarzen Mann wie weggeblasen. Unten warteten Freunde, Wärme und möglicherweise sogar Rettung für den Narren. Ich stapfte durch den Schnee auf die Zelte zu und rief Chades Namen. Nach meinem zweiten Ruf brüllte Langschopf mir in herausforderndem Ton etwas zu.
    »Ich bin es. Fitz. Nein. Ich meine: Ich bin es. Tom!« Ich bezweifele, dass er irgendetwas von dem verstand, was ich rief. Ich war heiser vom vielen Schreien und musste überdies gegen den Wind ankämpfen. Gut erinnere ich mich an die große Erleichterung, die ich empfand, als ich die anderen Männer aus den Zelten kommen sah. Sie zundeten Laternen an und hielten sie in die Höhe. Ich wankte und rutschte den Hügel zu ihnen hinunter, während sie mir entgegenkamen. Ich erkannte Chades Silhouette und dann die des Prinzen. Eine gedrungene Gestalt wie die von Dick war jedoch nicht zu sehen, und ich spürte, wie ein Schluchzen meinen Hals hinaufstieg. Dann war ich endlich in Hörweite der Männer und rief atemlos: »Ich bin es! Tom! Lasst mich rein. Mir ist so kalt! Wo ist Dick? Habt ihr Dick gefunden?«
    Aus ihrer Mitte trat ein breitschultriger Mann, vorbei an Langschopf, der vergeblich versuchte, ihn zurückzuhalten. Er lief drei Schritte auf mich zu, und ich sog ungläubig den Atem ein, kurz bevor er mich an seine gewaltige Brust drückte. Trotz der Schmerzen in meiner Schulter wehrte ich mich nicht. Ich ließ meinen Kopf auf seine Schulter sinken und fühlte mich mit einem Mal so sicher, wie schon seit Jahren nicht mehr. Plötzlich hatte ich das Gefühl, dass alles wieder gut werden würde; nichts war mehr unmöglich. Der Dem-wir-folgen war hier, und er hatte nie zugelassen, dass uns ein Leid geschah.
    Über meinen gesenkten Kopf hinweg sagte Burrich wütend zu Chade: »Schau ihn dir doch nur einmal an! Ich habe immer gewusst, dass ich ihn dir nicht hätte anvertrauen dürfen.
    Nie!«
    In dem Chaos, das darauf folgte, stand ich auf meinen verfrorenen Füßen einfach nur da und ignorierte die Fragen, die von allen Seiten auf mich einprasselten. Burrich sagte mir ins Ohr: »Ruhig, mein Junge. Ich bin gekommen, um dich nach Hause zu bringen, euch beide, dich und meinen Flink. Du hättest

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