Die 7 Suenden
dem Zeugenstand entließ, um sie dann im Schlussplädoyer auseinanderzunehmen.
Nicky Gaines reichte Yuki einen Zettel von Red Dog. Sie las ihn durch, während Richter Bendinger ungeduldig an dem Gummiband um sein Handgelenk zerrte und sagte: »Ms. Castellano? Wollen Sie die Zeugin ins Kreuzverhör nehmen?«
Parisis Botschaft war kurz. Drei Worte. »Schlagen Sie zu.«
Yuki schüttelte den Kopf und flüsterte Parisi an Gaines vorbei zu: »Wir sollten verzichten.«
Parisis Miene verdüsterte sich, und er sagte: »Soll ich es selber machen?«
So viel zum Thema unanfechtbar. Red Dog hatte gesprochen. Yuki stand auf, griff nach der Kopie des Formulars, auf dem Junie bestätigt hatte, dass sie über ihre Rechte aufgeklärt worden war, und trat vor den Zeugenstand.
»Ms. Moon«, sagte Yuki ohne Einleitung. »Auf diesem Formular haben Sie bestätigt, dass Sie über Ihre Rechte aufgeklärt worden sind. Können Sie sich daran erinnern?«
»Ja, ich glaube schon.«
»Und Sie können auch lesen und schreiben, nicht wahr?«
»Ja.«
»Also gut. Dieses Formular wurde Ihnen von Sergeant Lindsay Boxer und Inspector Richard Conklin während der Befragung auf der Polizeiwache am 19. April vorgelegt.
Hier steht: ›Vor dem Beginn der Befragung müssen Sie sich über Ihre Rechte im Klaren sein. Sie haben das Recht zu schweigen. Alles, was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden.‹ Und hier sehe ich auch eine Unterschrift. Ist das Ihre?«
Junie warf einen Blick auf das Dokument und sagte: »Ja.«
Yuki las das Formular von oben bis unten vor, und nach jedem Absatz fragte sie Junie: »Haben Sie das verstanden? Ist das Ihre Unterschrift?« Bumm, bumm, bumm .
Und nach jeder Frage besah Junie sich das Blatt Papier gewissenhaft und sagte »Ja«.
»Und hier, am unteren Rand, findet sich eine Verzichtserklärung. Darin steht, dass Sie Ihre Rechte zur Kenntnis genommen und verstanden haben, dass Sie auf einen Rechtsbeistand verzichten und dass Sie weder bedroht noch in irgendeiner Form genötigt wurden. Haben Sie diese Verzichtserklärung unterzeichnet?«
»Ja, Madam, das habe ich.«
»Haben Sie der Polizei erzählt, dass Michael Campion in Ihrem Haus gestorben ist und dass Sie seine Leiche anschlie ßend beseitigt haben?«
»Ja.«
»Haben Sie sich von der Polizei in irgendeiner Form hinters Licht geführt oder genötigt gefühlt?«
»Nein.«
Yuki ging zu ihrem Tisch zurück, legte das Formular ab, erntete ein Kopfnicken von Parisi und wandte sich wieder an die Angeklagte.
»Warum haben Sie dieses Geständnis abgelegt?«
»Ich wollte der Polizei behilflich sein.«
»Ich bin etwas verwirrt, Ms. Moon. Sie wollten also der Polizei behilflich sein. Zuerst haben Sie ausgesagt, Sie hätten Mr. Campion noch nie gesehen . Dann sagen Sie, er sei
in Ihren Armen gestorben . Dann sagen Sie, Sie hätten seine zerstückelten Körperteile in einen Müllcontainer geworfen. Und jetzt sagen Sie, Sie hätten sich die ganze Geschichte ausgedacht, um der Polizei einen Gefallen zu tun - weil Sie eben so sind .
Ms. Moon. Welche Lüge sollen wir Ihnen denn nun abkaufen? «
Junie warf ihrer Anwältin einen alarmierten Blick zu, starrte Yuki an, stieß mit zitternden Lippen ein paar unartikulierte Laute aus. Tränen liefen ihr über die Wangen, und dann stieß sie hervor: »Es tut mir leid. Ich weiß nicht... ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
Da ertönte eine Frauenstimme aus dem Zuschauerraum, direkt hinter dem Tisch der Verteidigung. » AUFHÖREN !«
Yuki wandte sich, genau wie alle anderen im Saal Anwesenden, der Stimme zu. Sie gehört Valentina Campion, der Ehefrau des ehemaligen Gouverneurs und Mutter des toten Jungen. Sie war aufgestanden und hielt sich an der Schulter ihres Mannes fest.
Yuki spürte, wie sämtliches Blut sich in ihren Füßen sammelte.
»Ich halte es einfach nicht mehr aus, was sie diesem armen Kind da antut«, sagte Valentina Campion zu ihrem Mann. Dann schob sie sich an ihm vorbei in den Gang und verließ, beobachtet von zweihundert Menschen, die von ihren Plätzen aus ihren Weg verfolgten, den Gerichtssaal.
85
Yuki hatte sich die ganze Nacht von einer Seite auf die andere geworfen wie ein gestrandeter Thunfisch. Am nächsten Morgen schwitzte sie immer noch und dachte daran, wie sie zuerst von ihrem verfluchten Chef eine Breitseite verpasst bekommen hatte, nur um anschließend von Valentina Campion unter einen Vierzigtonner gestoßen zu werden.
Im Verlauf eines Prozesses entstehen
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