Die 7 Suenden
und Herren. Wir befinden uns hier vor Gerrrricht!«, trompetete Davis. »Daher bitten wir Sie, Ihrem gesunden Menschenverstand und den vorgelegten Beweisen die Entscheidung zu überlassen. Wenn Sie das beherzigen, dann bleibt Ihnen gar keine andere Wahl, als Junie Moon in allen Anklagepunkten für nicht schuldig zu erklären. Punktum.«
88
Es war schon nach sieben, als ich in Susie’s Café eintraf. Die Stammkunden an der Theke hatten bereits das Stadium der Ausgelassenheit erreicht. Ich wusste nicht, welchen Song die Steel-Band da klimperte, aber das Ganze drehte sich um die Sonne und das glitzernde Karibische Meer.
Am liebsten wäre ich nach Jamaika gezogen und hätte mit Joe einen Taucherladen aufgemacht, Passionsfrucht-Mai-Tais getrunken und am Strand Fische gegrillt.
Als ich an unseren Tisch im Hinterzimmer kam, räumte Lorraine gerade einen Teller mit Hühnchenknochen ab. Ich bestellte ein Corona, und sie ließ mir eine Speisekarte da. Claire belegte eine ganze Breitseite der Sitznische - nach ihren Worten ein »Sitzplatz für zwei« -, während Cindy und Yuki ihr gegenübersaßen. Yuki musste sich dermaßen an die Wand quetschen, dass sie aussah wie ein platt gedrücktes Insekt.
Sie sah ganz so aus, als hätte sie einen Kampf verloren.
Ich zog mir einen Stuhl heran und sagte: »Habe ich was verpasst?«
»Yuki hat ein tolles Schlussplädoyer gehalten«, sagte Cindy, dann fiel Yuki ihr ins Wort.
»Aber die Davis hat es pulverisiert !«
»Du spinnst doch. Du hast schließlich das letzte Wort gehabt, Yuki«, meinte Cindy. »Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen.«
Ich musste nicht lange betteln. Sobald wir das Essen bestellt hatten, begann Yuki mit ihrer täuschend echten L.-Diana-Davis-Parodie, indem sie immerzu kreischte: » Wo ist das Fleisch? Wo ist das Fleisch? «
Als sie eine kurze Pause einlegte, sagte Cindy. »Und jetzt gib uns deine Gegenrede, Yuki. Als ob wir die Geschworenen wären.«
Yuki lachte ein wenig hysterisch, wischte sich mit einer Serviette die Tränen aus den Augen und stürzte ihre Margarita hinunter - ein Drink, den sie schon an guten Tagen kaum verkraftete. Und dann rülpste sie.
»Ich hasse diese Warterei auf das Urteil«, sagte sie.
Wir lachten alle, und Cindy stupste Yuki so lange an, bis sie »Okay« sagte. Und dann legte sie los, ihre Augen blitzten, und ihre Hände gestikulierten, und sie war voll und ganz Yuki.
»Ich habe gesagt: ›Ist ein Verbrechen verübt worden? Nun, meine Damen und Herren, es hat ja seinen Grund, dass die Angeklagte hier sitzt. Sie wurde von einem unabhängigen Geschworenengericht angeklagt, und nicht etwa aufgrund ihres im Vergleich zu dem Verstorbenen relativ niedrigen sozialen Status. Die Polizei hat ja nicht einfach den Finger irgendwo ins Telefonbuch gesteckt.
Junie Moon hat nicht bei der Polizei angerufen und ein falsches Geständnis abgelegt.
Die Polizei hat vielmehr Informationen beschafft, die sie zu der Person geführt haben, die Michael Campion als Letzte lebend gesehen hat. Diese Person war Junie Moon... Und sie hat es zugegeben .‹«
»Das ist guuut, Süße«, murmelte Claire.
Yuki lächelte und fuhr fort. »›Wir haben Michael Campions Leichnam noch nicht gefunden, aber während all der Monate, die seit jenem Tag, an dem er Ms. Moon aufgesucht hat, vergangen sind, hat er nicht zu Hause angerufen, hat weder seine Kreditkarte noch sein Handy benützt und sich auch nicht per E-Mail bei seinen Eltern oder Freunden gemeldet und ihnen mitgeteilt, dass er wohlauf ist.
So etwas würde Michael niemals tun. So war er nicht. Also, wo ist Michael Campion? Junie Moon hat es uns erzählt. Er ist tot. Er wurde zerstückelt. Und dann in einen Müllcontainer geworfen. Sie hat es getan.
Punktum.‹«
»Siehst du?«, sagte Cindy grinsend. »Sie hat den Nagel aber so was von auf den Kopf getroffen.«
89
An diesem Abend, nach unserem Treffen bei Susie’s, saßen Claire und ich auf ihrem Bett und feierten eine Zwei-Personen-Pyjama-Party. Edmund war mit dem San Francisco Sinfonieorchester unterwegs, und Claire hatte gesagt: »Ich will auf gar keinen Fall, dass ich einsam und allein hier herumhocke, und dann setzen plötzlich die Wehen ein, meine Liebe.«
Ich schaute sie an, wie sie in der riesigen Kuhle lag, die sie mit ihren knapp 120 Kilo in die Spezial-Schaumstoffmatratze mit Memory-Effekt (»passt sich jeder Körperform an«) modelliert hatte.
»Zunehmen kann ich beim besten Willen nicht mehr«, sagte sie. »Das ist
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