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Die Abenteuer des Joel Spazierer: Roman (German Edition)

Die Abenteuer des Joel Spazierer: Roman (German Edition)

Titel: Die Abenteuer des Joel Spazierer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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Aber es wurde nur Che Guevara gezeigt. Sonst wurde getanzt und gesungen, und Reden wurden gehalten. Als wir nach fünf Stunden das Stadion verließen, sah ich Allegra vor mir in der Menge. Ich rief ihr zu, sie rief mir zu, wir versuchten, zueinander durchzukommen, es gelang uns nicht.
     
    Eine kurze chronologische Zusammenfassung:
    Am 9. Mai war Aldo Moro nach fünfundfünfzig Tagen Geiselhaft von den Brigate Rosse erschossen worden. Seine Leiche wurde im Kofferraum eines Wagens auf halbem Weg zwischen dem Sitz des Partito Comunista Italiano und der Democrazia Cristiana abgelegt.
    Am 24. Juli waren Allegra und ich von Wien im Zug nach Ost-Berlin gefahren, wo wir einen Tag blieben, um anschließend gemeinsam mit dreihundert parteilosen Genossen aus Belgien, Frankreich, Italien, Österreich, Holland, Dänemark, Schweden, Norwegen und der Schweiz nach Havanna zu fliegen (die in einer kommunistischen Partei organisierten Genossen flogen in einer anderen Maschine).
    Am 11. August kehrten wir wieder nach Wien zurück.
    Am 25. August wurde Riccardo in Turin festgenommen. Ihm wurde vorgeworfen, an der Entführung und Ermordung von Aldo Moro beteiligt gewesen zu sein. Er wurde nach Rom in ein Untersuchungsgefängnis gebracht. Er war das erste mutmaßliche Mitglied der Brigate Rosse, das nach Aldo Moros Tod verhaftet wurde. Er verweigerte die Aussage.
    Ende September gab sein Anwalt – ausgesucht und bezahlt von dem Turiner Großindustriellen Edoardo Pellicano – überraschend eine Pressekonferenz, bei der er behauptete, sein Mandant habe mit der Sache nichts zu tun, er sei während der Zeit von Aldo Moros Gefangenschaft gar nicht in Italien gewesen, sondern: auf Kuba. Als Beweis legte er Riccardo Fantonis Pass vor, in dem sich Einreisestempel in die DDR mit Datum 25. Februar 1978 , Einreisestempel in die Republik Kuba vom 27. Februar desselben Jahres plus ein handschriftlicher Vermerk eines kubanischen Grenzbeamten sowie Ausreisestempel aus Kuba mit Datum 9. August, Einreisestempel in die DDR vom 10. August und ein Einreisestempel nach Österreich vom 11. August befanden.
    Riccardo wurde freigelassen. Am selben Tag tauchte er unter. Niemand hat jemals wieder etwas von ihm gehört.
     
    Das mit dem Pass habe ich gedeichselt.
    Nachdem Riccardo verhaftet worden war, überlegte Allegra, wie wir ihm helfen könnten.
    »Warum willst du ihm überhaupt helfen?«, fragte ich.
    »Weil er immer noch mein Genosse ist«, antwortete sie.
    »Die Kommunisten haben die Brigate Rosse verurteilt«, sagte ich, »entschiedener als die Democrazia Cristiana. Sie haben nicht gesagt, der Mord an Aldo Moro sei das grausame, aber gerechte Handwerk des Weltgeistes. Nein, das haben sie nicht gesagt. Die KP hat die Brigate Rosse Verbrecher genannt, Kriminelle, Mörder. Die Kommunisten haben sich mehr für Moro eingesetzt als seine eigenen Leute, habe ich im Radio gehört.«
    »Ich bin keine Kommunistin mehr«, sagte sie.
    »Aber warum ist Riccardo dann immer noch dein Genosse, wenn du keine Kommunistin bist?«
    »Riccardo ist mein Freund. Ist er dein Freund nicht? Ihr habt Tischtennis gespielt und über das Boxen geredet, und er hat dir seinen Pass geliehen, damit du nach Kuba fahren konntest. Er hat dir seinen Namen geliehen.«
    »Ich weiß nicht recht«, sagte ich. »Vielleicht ist er mein Freund, aber ich bin wahrscheinlich sein Feind. Wär ich er, wär ich mein Feind. Ich habe ihm sein Mädchen ausgespannt.«
    »Ich bin kein Mädchen, ich bin eine Frau, und ich war nicht seine Frau.«
    »Was warst du von ihm?«
    »Seine Geliebte und seine Genossin.«
    »Und was bist du von mir?«
    »Ich bin deine Frau.«
    »Und du wünschst dir, dass wir ihm helfen?«
    »Das wünsche ich mir.«
    Ich bat sie, mich allein zu lassen. Ich nahm ihr das Versprechen ab, nicht an der Tür zu lauschen. Sie solle eine Stunde in der Stadt spazieren gehen. Ich sperrte das Zimmer trotzdem ab und zog die Vorhänge vor. Der Stephansdom ist das Haus des Gottes, und ich wollte nicht, dass irgendetwas, was des Gottes ist, Zeuge wird. Ich setzte mich an Allegras Schminktisch, steckte zwei Finger in den Mund und pfiff.
    Nacheinander kamen sie unter dem Bett hervorgekrochen. Der Größe nach – erst der Kater, dann der Marder, zuletzt das Rotkehlchen. Leider, wandte sich der Marder an die anderen, nachdem ich dargelegt hatte, worum es ging, leider muss ich euch abermals bitten, mir die Sache zu überlassen, denn ich bin als einziger kompetent und habe als einziger eine Idee. Er

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