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Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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wahrscheinlich die Musikkapelle spielen. Rath schaute sich die Arbeiten eine Weile an, dann entdeckte er Gustav Wengler, der ganz oben auf dem Plateau des Kriegerdenkmals erschienen war und das Treiben zu seinen Füßen beobachtete wie ein Feldherr, in seinem Gefolge drei Männer, von denen Rath einen bereits kannte. Polizeimeister Grigat, den Schnurrbart gestriegelt, die Uniform gebügelt, stand da mit auf dem Rücken verschränkten Armen und guckte wichtig unter dem Tschako. Die anderen beiden trugen Stresemann und Zylinder und wirkten schon von Weitem hochoffiziell und staatstragend.
    Rath stieg die Stufen empor. Wengler breitete die Arme aus, als er ihn erkannte, und es wirkte beinahe so, als begrüße er einen alten Freund. »Ah! Unser Besuch aus Berlin!«
    »Gar nicht so einfach, Sie zu treffen, Herr Wengler.«
    »Dasselbe erzählt Polizeimeister Grigat von Ihnen.« Wengler wies auf seine Begleitung. »Darf ich vorstellen: Landrat Wachsmann, Bürgermeister Maeckelburg. – Kommissar Rath aus Berlin.« Rath gab allen die Hand, auch Grigat; es war ein einziges Händeschütteln, als befänden sie sich auf einem offiziellen Empfang, und ein bisschen so fühlte es sich auch an, bei all den Honoratioren, die hier versammelt waren.
    »Das wird ja ein gewaltiges Fest hier«, sagte Rath.
    »Nicht wahr.« Der Landrat guckte stolz. »So groß wie wir feiert kaum ein Kreis in Masuren das Bekenntnis zur Heimat.«
    »Dürfte ich denn Herrn Wengler für einen Moment aus Ihrer Mitte entführen?«
    »Wir waren gerade dabei, die Abfolge des morgigen Festakts durchzugehen, Herr Kommissar.«
    »Das ist doch kein Problem, Gustav!« Der Landrat klopfte Wengler jovial auf die Schulter. »Wir sind doch so weit durch. Du hältst die Hauptrede, und ich spreche vorher ein kleines Grußwort. Der Musikverein spielt zur Einstimmung. Und danach Platzkonzert, wie immer.«
    »Schön, wenn das so weit geklärt ist«, sagte Rath, »es ist wirklich dringend.« Er schaute Wenglers Entourage an. »Vielleicht kennen Sie hier irgendwo einen Platz, Herr Direktor, an dem wir uns ungestört unterhalten können …«
    »Wie wäre es mit dem Park?« Der Schnapsfabrikant zeigte über das Grün. »Ein kleiner Spaziergang, wenn Ihnen das recht ist.«
    Rath nickte, und sie machten sich auf den Weg. Einen Moment befürchtete er, Erich Grigat könne sich berufen fühlen mitzukommen, doch der Polizeimeister blieb, als eine eindeutige Aufforderung ausblieb, oben bei den Honoratioren stehen.
    »Was gibt’s denn so Dringendes?«, fragte Gustav Wengler, als sie außer Hörweite waren.
    »Neue Entwicklungen«, sagte Rath und zündete sich eine Overstolz an, »in unserem Mordfall.« Er bot auch dem Fabrikanten eine an, doch der lehnte ab.
    »Ich habe schon gehört, dass Sie eine Mitarbeiterliste aus der Brennerei angefordert haben. Aus dem Jahre vierundzwanzig.«
    »Ja, Sie hatten wohl recht, die Spur führt in die Vergangenheit.« Rath blieb stehen und schaute Wengler an. »Was sagt Ihnen der Name Radlewski, Herr Wengler?«
    »Sie haben den alten Naujoks besucht, nicht wahr? Grigat erwähnte so etwas.«
    »Ich meine nicht Martha Radlewski, ich rede von ihrem Sohn.«
    Wengler guckte erstaunt.
    »Es könnte sein, dass Artur Radlewski den Tod seiner Mutter rächt und dass Ihre ehemaligen Mitarbeiter …«
    »Wieso Rache? Für was? Die Frau hat sich zu Tode gesoffen. War eine stadtbekannte Säuferin.«
    »Vielleicht denkt ihr Sohn da anders. Vielleicht denkt er, der Schwarzbrand hat seine Mutter getötet.«
    »Wenn er das wirklich denken sollte …« Wengler schaute Rath in die Augen. Er hatte einen harten Blick, dem man unwillkürlich ausweichen wollte. »… warum kommt er dann erst jetzt aus seinen Wäldern?«
    »Das sind Fragen, die allesamt noch nicht beantwortet sind. Aber Radlewski hätte ein Motiv, er hat womöglich Kenntnis über das bei den Morden eingesetzte Gift, und er hat kein Alibi.«
    »Das hat einer, der wie ein Wilder allein im Wald lebt, wohl nie.«
    »Ich meine es ernst, Herr Wengler. Radlewski befindet sich wahrscheinlich seit fast einem Dreivierteljahr nicht mehr in der Gegend. Er könnte die Morde im Westen begangen haben.« Rath nahm einen tiefen Zug von seiner Overstolz. »Wir müssen wissen, ob weitere Mitarbeiter der Luisenbrennerei womöglich in die Schwarzbrennerei damals verwickelt waren …«
    »Ach, deswegen die Liste!« Wengler lachte. »Herr Kommissar, das Verfahren damals ist eingestellt worden, sie haben sich die Akte doch

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