Song genannt. Kisses from Sebastian.«
Wie war Gregor an diese Mail gekommen? Ich war erleichtert, dass ich Sebastian so deutlich geantwortet hatte: »Widme ihn besser einer anderen Dame. Bin ja in festen Händen â¦Â« Das hatte ich geschrieben, und das musste Gregor doch auch gesehen haben. Doch als ich weiterlas, erstarrte ich. Meine Antwortmail lautete:
»Lieber Sebastian, ich kann mich kaum auf die Arbeit konzentrieren. Ich spüre die ganze Zeit deine Küsse, deine Hände auf meiner Haut ⦠Ich sehne mich nach mehr. Janne«
Es ging noch weiter. Nun kam wieder Sebastian: »Es war wunderschön mit dir. Du bedeutest mir sehr viel. Wann können wir uns sehen?«
»Ich kann es nicht erwarten. Hoffentlich geht das Wochenende schnell vorbei. Ich melde mich gleich, wenn ich zurück in Berlin bin, deine Janne.«
In meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Wie konnte das sein? Ich scrollte hoch zum Beginn. Die E-Mails waren am Freitag an Gregor weitergeleitet worden, und er hatte sie erst nach seiner Rückkehr von der Ostsee entdeckt. Der Absender hieÃ
[email protected]. Heimlicher Tod? Geheimer Tod? Was sollte das bedeuten?
Gregor wandte sich ab, wollte aus dem Zimmer gehen.
»Gregor! Bitte warte. Wer hat dir das geschickt?«
»Keine Ahnung. Anonym. Ist mir aber auch egal.« Er warf mir einen wütenden Blick zu. »Vielleicht jemand aus deinem Sender, dem es leidgetan hat zu sehen, wie ich verarscht werde.«
»Ich habe das nicht geschrieben. Nichts davon.«
»Wie musst du an der Ostsee gelitten haben. Wie hast du es fertiggebracht, mit mir zu schlafen? Hast du dabei an ihn gedacht?«
Er ging aus dem Zimmer. Ich lief ihm nach in die Werkstatt. Was konnte ich noch sagen, um ihn zu überzeugen? Er drehte mir den Rücken zu. »Geh einfach.«
Ich musste es schaffen, dass er mir glaubte. Aber ich verstand es ja selber nicht. Ich atmete tief durch.
»Das Einzige, was stimmt, ist, dass ich mit Sebastian gemailt habe.«
Gregor richtete sich auf, er hielt eine stählerne Schraubzwinge in der Hand, sein Körper war angespannt. Ich erzählte ihm, wie ich Sebastian und Benni kennengelernt hatte und von der Einladung zu dem Konzert. Ich berichtete wahrheitsgetreu, dass Sebastian mit mir geflirtet hatte und dass wir uns ein Taxi nach Hause geteilt hatten.
»Ich habe nichts mit ihm. Aber ich mag ihn. Er ist ein liebenswerter Chaot. Der kleine Benni kommt mir fast erwachsener vor als er. Vielleicht träumt Sebastian von einer Kleinfamilie, sucht nach einem Mutterersatz für Benni. Nach jemandem, der sich um sie beide kümmert. Was weià ich? Er scheint irgendwas in mich hineinzuprojizieren. Aber ich habe ihm gesagt, dass ich vergeben bin. Und als diese Mail mit dem Song kam, habe ich es ihm noch mal geschrieben.«
Gregors Anspannung war noch gewachsen. Er umklammerte die Schraubzwinge so fest, dass die Adern an seinem Unterarm hervortraten. »Ich muss nachdenken. Bitte ⦠lass mich einfach in Ruhe.«
Er glaubte mir nicht. Ich weià nicht, ob ich ihm geglaubt hätte, wenn die Situation umgekehrt gewesen wäre.
»Das ist die Wahrheit. Mehr ist nicht passiert. Diese Mails, die du da bekommen hast, sind nicht echt. Irgendwer muss sie gefälscht haben.«
Erst in dem Moment, in dem ich es aussprach, wurde mir die Ungeheuerlichkeit des Vorgangs bewusst. Wieder war jemand an meinem Computer gewesen. Hatte meine privaten Mails gelesen. Hatte sie umformuliert und an Gregor weitergeleitet. Es fühlte sich an wie ein Schlag in den Magen. Jemand hatte vor, mein Leben zu zerstören.
8
Der Schlüssel glitt fast lautlos in mein Türschloss. Ich kämpfte das beklommene Gefühl nieder, drehte ihn um und schob die Tür einen Spalt auf. Stille. Abgestandene Luft. Staubpartikelchen auf meinem Spiegel. Ich machte so wenig Licht wie möglich, ging langsam von Zimmer zu Zimmer und zog überall die Vorhänge zu. Dann schloss ich mich im Schlafzimmer ein, doch ich konnte nicht einschlafen. Bei jedem leisen Knacken schreckte ich hoch. Und meine Gedanken fuhren Achterbahn. Wer hatte Gregor die Mails geschickt? Wer hatte Zugang zu meinem Computer? Der merkwürdige Anruf unter Tränen von Michaela ⦠Und dann war sie nicht mehr zu erreichen gewesen. Konnte es sein, dass sie â¦
Irgendwann nach Mitternacht hörte ich Lärm durch die Wand. Es klang, als würde Sebastian die Möbel