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Die Beschützerin

Die Beschützerin

Titel: Die Beschützerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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Sessel fallen.
    Â»Seit einem Jahr rede ich mir ein, dass ich nicht schuld war. Dass das jedem Mann so passiert wäre. Wir sind alle so verdammt eitel. Vanessa hat mir das Gefühl gegeben, etwas Besonderes zu sein. Kati war zu der Zeit nur noch mit sich beschäftigt. Sie hatte im Job an allen Fronten zu kämpfen. Ich hatte eine Phase, da konnte ich es nicht mehr hören, den ganzen internen Kram, wer ihr jetzt wieder übel mitgespielt hatte. Diese Paranoia. Sie fühlte sich verfolgt, auf der Straße, in ihrer Wohnung, egal, wo. Sie ist langsam durchgedreht. Es war einfach nur noch anstrengend. Und ich konnte ihr nicht helfen. Zumindest wusste ich nicht, wie.«
    Â»Und Vanessa Ott steckte hinter Katis Problemen?«
    Â»Das kann ich nicht beweisen. Aber es passierte alles gleichzeitig. Kati hatte nie mit irgendwem Probleme. Sie war der Sonnenschein in ihrer Abteilung, wurde zu jedem Geburtstag eingeladen. Und auf einmal wurden Lügen über sie verbreitet, die anderen wandten sich von ihr ab. Und das fing alles mit dem Tag an, an dem Vanessa Ott bei der IOMAG aufgetaucht ist.«
    Draußen zog eine dunkle Wolkenfront auf, es wurde dämmrig im Zimmer. Hunzickers Gesicht lag im Schatten.
    Â»Aber warum?«, fragte ich. »Warum macht sie das?«
    Â»Sie ist krank im Kopf«, meinte er langsam. »Am Anfang haben wir uns ständig gesehen. Gut, ich war scharf auf sie, aber gleichzeitig war sie mir unheimlich. Sie wollte permanent wissen, wo ich bin, was ich tue. Sie hat sich angeklammert. Als ich versucht habe, mich ein bisschen zurückzuziehen, ist sie sofort aggressiv geworden.«
    Â»Wann haben Sie gemerkt, dass es dieselbe Frau ist, mit der Ihre Verlobte im Job zu tun hatte?«
    Â»Als Kati mir die Webseite von Bloomsdale gezeigt hat. Da war ein Foto von Vanessa. Und dann wurde es gruselig …« Er schüttelte den Kopf. »Am selben Tag kam Vanessa mit einer neuen Frisur ins Studio. Ich dachte, ich sehe nicht recht. Sie trug die Haare wie Kati, kurz geschnitten und blond gefärbt. Und sie hatte ein T-Shirt mit irgendeinem bunten Aufdruck an. An dem Abend hab ich kapiert, dass sie irre sein muss. Sie wurde mir echt unheimlich.«
    Â»Und dann?«
    Â»Was dann? Ich hab Schluss mit ihr gemacht. Nach dem Training. Wir waren noch im Studio.«
    Â»Wie hat sie reagiert?«
    Â»Sie hat keinerlei Gefühl gezeigt. Ist gleich gegangen. Ich habe sie danach nicht mehr wiedergesehen. Als Kati dann starb und die Ermittlungen begannen, da hatte ich den Verdacht …« Er starrte vor sich hin. »Nein. Ich war sicher , dass sie sich gerächt hat. An Kati und auch an mir.«
    Regen prasselte gegen die Scheibe.
    Â»Und der Abschiedsbrief?«
    Er schüttelte wieder den Kopf, als wäre er dieses Thema endgültig leid. »Er war nicht von Kati. Ja, ich weiß, was Sie sagen wollen.« Er hob abwehrend die Hand, was ich in der Dunkelheit nur noch schemenhaft erkennen konnte. »Das Gutachten der Schriftexperten. Angeblich war es ihre Schrift.«
    Er stand auf und ging ins Schlafzimmer. »Da«, sagte er durch die offene Tür. »Auf dem Kopfkissen hat er gelegen.«
    Ich folgte ihm, glaubte, nicht richtig gehört zu haben. »Das ist Katharinas Schlafzimmer gewesen? Sie hat hier gewohnt?«
    Obwohl die Luft warm und abgestanden war, bildete sich eine Gänsehaut auf meinen Armen. Auf den Gedanken war ich bisher nicht gekommen. Hatten die beiden hier zusammengelebt? Nein, dafür war die Wohnung zu klein. Das Bett war breit genug für zwei Personen, doch nur auf einer Seite stand ein Nachttisch. An der Wand hing eine Fotoleinwand mit dem Panorama einer Steppenlandschaft. Sand, vertrocknete Sträucher. Erst auf den zweiten Blick erkannte ich einen Tiger, der im Staub lauerte, das dunkle Muster seines Fells hob sich ab vor dem Gelb und dem Grau der Umgebung. Seine Augen faszinierten mich. Sie strahlten Ruhe aus, Gewissheit, gebündelte Kraft. Er konzentrierte sich, aber worauf?
    Hunzicker drehte sich mit einer heftigen Bewegung zu mir um, lenkte mich ab von dem Bild.
    Â»Nach Katis Tod wollte ich hier nichts verändern. Ich konnte es nicht. Deshalb hab ich meine Wohnung gekündigt und bin bei ihr eingezogen. Hab mir ein Katharina-Mausoleum errichtet. Aber es ist nur eine leere Schachtel, ohne Inhalt. Das Bild da mit dem Tiger. An dem hat sie gehangen. Ein paar Möbel. Das Briefpapier. Requisiten. Aber ihre Seele ist nicht mehr

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