Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Blumenwiese am Auge des Himmels

Titel: Die Blumenwiese am Auge des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Meinck
Vom Netzwerk:
der Luft. Die Rakete zerplatzte, und Herr Kügelchen landete direkt vor Ella Pie. Jetzt war die silberne Kugel schon so groß wie ein Lampion und hatte ein Gesicht. Fehlten nur noch Arme und Beine.
    „Glotzen Sie mich nicht so an“, sagte Ella Pie erschrocken.
    „Sie haben von mir nichts zu befürchten“, sagte der Naturwissenschaftler und verwandelte sich wieder in eine Kugel von der Größe eines Tennisballs.
    „Schon gut“, sagte Ella Pie. „Schönen Dank auch. Der Trick mit der Badewanne ist uralt. Ich hätte es wissen müssen.“
    „Die Naturwissenschaft“, rief Herr Kügelchen hinter dem Strauch.
    „Ach was!“ sagte Ella Pie und zog sich schnell an.
    Das Tor zum Palast war verschlossen. Links und rechts standen zwei Wächter in Schlosseranzügen. Sie hatten nicht einmal Waffen, nur zwei Kästen mit Werkzeugen.
    „Hier kommt niemand rein“, sagten sie. „Der König ist beschäftigt.“
    „Habt ihr mich etwa beobachtet?“ fragte Ella Pie.
    „Tun Sie ihnen nichts“, flüsterte Herr Kügelchen. „Sie erfüllen nur ihre Pflicht.“
    „Und die Rakete? Schließlich wollten sie uns umbringen.“
    „Wie Sie wünschen“, meinte Herr Kügelchen. „Ein kleiner Denkzettel kann ihnen nicht schaden.“
    Ella Pie murmelte einen Zauberspruch, der die Wächter erstarren ließ. Gleich darauf zuckte ein Blitz aus der silbernen Kugel, und die Torflügel öffneten sich. Ella Pie betrat den Palast. Klick-klick-klick-klick hüpfte Herr Kügelchen neben ihr her die Betonstufen hinauf. Es stimmte. Der König war beschäftigt. Er lag in der Badewanne, las einen Roman und trank Bier.
    Ella Pie mußte vor dem Thron warten, bis die Dienerinnen den König abgetrocknet hatten. Es gab eine Menge Leute im Palast. Die Männer trugen Schlosseranzüge und die Frauen bunte Kittelschürzen. Überall wurde gehämmert und gewischt, bis der König hereinkam und sich auf den Thron setzte. Mit einer Handbewegung scheuchte er die Dienerschaft aus dem Saal. Zurück blieben lediglich seine drei Hauptgemahlinnen und zwanzig I-thai-thais, die ihm Getränke und Handtücher brachten. Seinem faltigen Gesicht sah man an, daß er es nicht leicht hatte.
    Der Thronsaal war so, wie man sich den Thronsaal eines reichen Königs vorstellt: Marmorsäulen, dicke Teppiche auf dem Fußboden, eine bühnenartige Erhöhung mit dem Thronsessel in der Mitte, von einem roten Samtbaldachin überdacht, in dem es von Brillanten nur so blitzte. Es war nicht zu verkennen, daß der König sein ganzes Geld hineingesteckt hatte, auch wenn die Dienerschaft recht ärmlich gekleidet war. Um so kostbarer waren die mit Goldfäden bestickten Seidengewänder der drei Hauptgemahlinnen, und auch die zwanzig I-thai-thais konnten sich nicht beklagen. Die Schmucksteine funkelten nur so an Halsketten, Armreifen und Ringen aus purem Gold. Jetzt fingen die I-thai-thais auch noch an zu singen und auf ihren Gitarren zu

    spielen, bis der König ärgerlich abwinkte. Er ließ sich ein Glas Bier reichen, trank es in einem Zug aus und musterte Ella Pie in ihrer Stewardeßuniform mit einem gelangweilten Blick.
    „Bringt ihr eine Kittelschürze und einen Eimer mit Scheuerlappen“, befahl er.
    „Das würde ich Ihnen nicht raten, Majestät“, sagte Herr Kügelchen in der Landessprache.
    „Seit wann können denn silberne Kugeln reden?“ fragte der König. „Auf jeden Fall ist sie zu dick. Königin kann sie bei mir nicht werden.“
    „Wer will denn hier Königin werden?“ fragte Ella Pie empört.
    „Ergreift sie und sperrt sie ins Waschhaus!“
    Die Hauptgemahlinnen und I-thai-thais wagten aber nicht, sich Ella Pie zu nähern. Denn die silberne Kugel war mit einemmal glühend rot und strahlte eine unangenehme Hitze aus.
    „Na schön“, sagte der König, erschöpft vom Bad. „Was wollt ihr eigentlich von mir?“
    „Die Pflanze Als-Greis-wird-der-Mensch-wieder-jung“, erwiderte Ella Pie. „Du bekommst auch viel Geld dafür.“ „Geld! Geld!“ Der König lachte und wackelte mit dem Kopf. „Badewannen brauche ich. Eine Million.“
    „Auch Badewannen kriegst du“, sagte Ella Pie.
    „Aber dein Kraut gibt es bei uns nicht. Frag Enkidu, der ist schon seit Jahren durch unsere Täler gekrochen und hat jeden Fleck abgesucht.“
    „Ohne die Pflanze keine Badewannen“, sagte Ella Pie hart.
    Der König zuckte mit den Schultern. „Wärst du nicht so dick, würde ich dich hierbehalten“, sagte er.
    Ella Pie verfärbte sich. Doch als sie die Hand heben wollte, um einen Zauberspruch

Weitere Kostenlose Bücher