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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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waren – etwa parallel zueinander – in das Rebellengebiet eingedrungen. Die Strategie der Töter hatte einen durchaus soliden Eindruck gemacht. Das galt besonders für Willem, der seufzte und klagte und immer wieder auf der Tatsache herumritt, daß tausend Töter es leicht mit dreitausend Rebellen aufnehmen konnten. Jede Entscheidungsschlacht würde für die Volksarmee in einem schrecklichen Desaster enden.
    Es bereitete Fraden ein außerordentliches Vergnügen, die Gedanken Moros zu erraten. Dieser war nämlich der Ansicht, daß sich die Guerillas in einer Lage befanden, in der ihnen nur zwei Möglichkeiten blieben. Da der Rebellenbezirk im Westen von dem Gebirgszug begrenzt wurde, hatten sie keine Rückzugsmöglichkeit. Die drei Töterkolonnen würden bis zu den Bergen vorrücken und dabei alle Tiere und Fleischtiere, denen sie auf ihrem Marsch begegneten, einfangen und sich so von den Erträgen des Landes ernähren. Überschüsse würden sie nach Sade schicken. Die Guerillas würden sich also entweder so weit zurückziehen, bis sie nicht weiter zurückweichen könnten, und sich dann zu einer Entscheidungsschlacht stellen, bei der sie vernichtet würden, oder sie würden ihre Truppen konzentrieren und sich mit einer überlegenen Anzahl auf eine der Marschsäulen stürzen. Doch dann würden die beiden anderen Marschsäulen herumschwenken und die Volksarmee von der Seite her angreifen. Der Untergang der Guerillas wäre also so oder so besiegelt.
    Die dritte Möglichkeit hatte Moro übersehen.
    Jetzt waren etwa hundert Töter in das kleine Dschungelwäldchen eingedrungen, und sie marschierten direkt in die Zangen eines Hinterhalts … Plötzlich erklangen mehrere schrille Schreie aus dem Dickicht. Von seiner Position auf dem Hügel aus sah Fraden, wie drei oder vier Bäume, die in einer Reihe standen, schwerfällig auf den Waldboden stürzten, einen Regen von Blättern und Ästen mit sich reißend. Willem hatte mit seiner Schnittpistole, die zwischen Holz und menschlichem Fleisch keinen Unterschied machte, das Feuer eröffnet. Schüsse erklangen. Harte, trockene Salven, die die Guerillas aus ihrer undurchdringlichen Deckung auf die Killer abfeuerten. Dann war unregelmäßiges Feuer zu hören, als die Töter auf ihre unsichtbaren Gegner feuerten.
    Der rückwärtige Teil der Tötertruppe schwärmte jetzt aus. Die Männer rissen die Morgensterne aus dem Gürtel, begannen zu schreien und stürmten dann wie eine tollwütige Wolfsmeute in den Dschungel.
    Weitere präzise Salven erklangen, dazu wieder unregelmäßige Schüsse. Eine weitere Baumreihe polterte auf den Waldboden. Durch die Entfernung und das dichte Laubwerk gedämpft drang jetzt der Kampfruf der Töter zu Fraden hinauf:
    „ TÖTEN ! TÖTEN ! TÖTEN !“
    Dann war alles vorbei, beinahe genauso plötzlich, wie es begonnen hatte. Fraden hörte die Töter noch immer blindlings schießen, doch das war eine Verschwendung von Munition, denn die Guerillas waren bereits im Dschungel untergetaucht, um den nächsten Hinterhalt in einer endlosen, aufreibenden Reihe vorzubereiten.
    Die beiden anderen Tötergruppen hatten das gleiche Schicksal zu erdulden. Seit zwei Wochen waren sie nun durch das Land voranmarschiert und hatten gegen Phantome gekämpft. Sie machten Gefangene, die sie zurück zum Hauptlager schickten, doch die kamen niemals dort an. Die Töter, die sie bewachen sollten, gerieten von einem Hinterhalt in den nächsten. Der Töterzug, der jeden Tag in unzählige kleine Gefechte verstrickt wurde, konnte nicht Hunderte von aufsässigen Gefangenen mit sich führen. Bald machten die Töter keine Gefangenen mehr.
    Eine Politik der verbrannten Erde vereitelte auch den zweiten Teil des Töterplans. Die Tiere trieben die Fleischtiere weg, wenn sich die Töter näherten, oder sie schlachteten sie und verspeisten sie selbst. Dies war allerdings ein Punkt, der Fraden nicht gefiel: Die Sangraner waren nicht dazu bereit, den Tötern die Fleischtiere vorzuenthalten, wenn sie sie nicht selber essen durften. Fradens Plan, den Kannibalismus abzuschaffen, mußte fürs erste aufgeschoben werden.
    Aber das war es wert. Es zwang die Töter dazu, Nahrungsmittel und Munition aus dem Hauptlager nach vorn zu bringen. Solche Transportzüge waren natürlich eine leichte Beute für die Guerillas.
    Die Töter waren hungrig, sie hatten kaum genügend Munition, und die ständigen Überfälle hielten sie immer am Rande der Raserei. Sie verloren nach und nach immer mehr Männer, ihre Lage

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