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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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nicht auf ihrem reservierten Platz auf dem Vordeck der Hohenzollern erschien, tat Ingeborg aufrichtig erstaunt. Sie klagte einem Leutnant der Besatzung ihr Leid und bat darum, doch noch ein wenig zu warten, weil sich ihre Freundin, die Freiherrin von Moltke, offenbar verspätet habe. Der Leutnant verbeugte sich steif und erklärte höflich, dass das Schiff zur vom Kaiser festgelegten Zeit ablegen würde, da der Start der Regatta um exakt zehn Uhr stattfinden würde.
    Die Dampfpfeife der Hohenzollern ertönte, und der Anker wurde gelichtet. Das erste Ziel war der Startpunkt zwischen einem Inselchen mit einer Kanone und einer etwa hundert Meter entfernten großen roten Boje im Meer, hinter der sich die großen Jachten drängten. Die Meteor des Kaisers und die Iduna seiner Gattin hatten zufälligerweise
wieder einmal die besten Startpositionen inne. Die Ran lag ganz hinten, und ihr wunderbar funkelnder Rumpf reflektierte die Sonne. Es war ein sonniger Sommertag mit mäßiger Brise, laut Anschlagbrett herrschte Windstärke vier.
    Nach dem Startschuss sah es aus wie immer. Die Meteor und die Iduna gingen gleichzeitig über die Startlinie, gefolgt von Prinz Eitel Friedrich und seiner Friedrich der Große , seinem Bruder Adalbert mit der Samoa III und von Prinz Friedrich Wilhelm mit der Angela . So begann jede Regatta.
    Danach begann ein Gerangel um die Positionen. Die amerikanische Jacht mit dem seltsamen Namen Spokane kollidierte beinahe mit der englischen Golden Eagle , musste eine zusätzliche Wende vollführen und verlor dadurch Zeit. Heinrich von Moltkes Walküre , die Ellida von Ingeborgs Vater und Krupp von Bohlen und Halbachs Bertha lagen vorn, aber die Ran war weit abgeschlagen.
    Die Ran segelte als Letzte und, wie es schien, langsamer als die anderen über die Startlinie. Aus unerfindlichem Grund hatte sie keine Fock gesetzt, sondern nur das Großsegel. Außerdem wählten die Norweger einen anderen Kurs als die übrigen Jachten, die höflich hinter der kaiserlichen Familie hersegelten. Durch ihr Opernglas sah Ingeborg, wie Lauritz und seine Besatzung jetzt auch die Fock setzten, aber immer weiter in der Ferne verschwanden. Ingeborg wusste nicht, was sie davon halten sollte. In seinen Briefen hatte Lauritz so zuversichtlich geklungen.
    Der junge Leutnant, der ihr die vom Kaiser festgelegte Zeit zum Ablegen so barsch mitgeteilt hatte, war wie beiläufig ganz in ihrer Nähe an die Reling getreten. Er hielt ein großes Militärfernglas in der Hand. Ab und zu schien er etwas zu überprüfen und nickte dann. Ingeborg war
überzeugt, dass er ihr imponieren wollte. Sie beschloss, auf das Spiel einzugehen. Sie war neugierig und besorgt. Was hatte Lauritz vor?
    Sie erhob sich und ging auf den Leutnant zu, der ihr Kommen nicht zu bemerken schien.
    »Entschuldigen Sie die Störung, Herr Leutnant«, begann sie.
    Er drehte sich rasch um und sah fast aufrichtig erstaunt aus.
    »Natürlich stören Sie nicht, mein Fräulein, womit kann ich dienen?«
    »Wären Sie wohl so freundlich, mir zu verraten, was sich in der Ferne eigentlich abspielt? Sie haben eindeutig das größere Fernglas.«
    »Selbstverständlich, mein Fräulein! Haben Sie Bekannte bei der Regatta?«
    »Ja. Mein Vater segelt die Ellida , und ich wüsste gerne, auf welchem Platz er ist.«
    Nachdem sie einige bedeutungslose Informationen darüber erhalten hatte, erkundigte sie sich, was von dem neuen Norweger zu halten sei. Der Leutnant begann sofort, eifrig zu berichten.
    Er war überzeugt, dass die Norweger anfangs absichtlich die Endposition eingenommen hätten, um die Mitstreiter mit einer ganz anderen Route zu überraschen. Die Norweger segelten härter am Wind und mussten somit eine längere Strecke zurücklegen, würden aber mit etwas Glück, oder vielleicht sei es auch Verstand, eine höhere Geschwindigkeit erzielen.
    Er warf einen kontrollierenden Blick durch sein Fernglas und nickte, reichte es dann Ingeborg und erklärte, sie könne
sehen, dass die Ran wirklich viel schneller segele als alle anderen. Sie kränge so stark, dass man ihren blauen Unterwasseranstrich sehen könne. Bei so schwachem Wind sei das eine Leistung. Mit den Norwegern war definitiv nicht zu spaßen. Im Übrigen sei das ein sehr interessantes Boot.
    »Ja, das klingt zweifellos sehr interessant«, antwortete Ingeborg. »Wären Sie vielleicht so freundlich, mir Gesellschaft zu leisten, Herr Leutnant? Ich habe hier noch einen freien reservierten Stuhl.«
    Mit dieser Aufforderung brachte

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