Die Brueder des Kreuzes
organisieren. Einem jeden von ihnen war vor dem Eintreffen der ersten Schiffe eine Aufgabe zugeteilt worden, und der Nachmittag und Abend flogen unter der harten Arbeit dahin, die bis in die finstersten Nachtstunden hinein andauerte. Sie arbeiteten in Gruppen, und auch hier bildeten die Templer ihre eigenen Mannschaften und hielten sich von den anderen fern, während man gemeinsam dafür sorgte, dass jedem Schiff sein Platz zugewiesen wurde.
Als die erste Schicht der Dockarbeiter – Arbeiter aus dem Ort genau wie Soldaten und Seeleute – an diesem Abend schlafen ging, waren sie völlig erschöpft und gereizt, und bei mehr als einer Schlägerei war sogar Blut geflossen. Doch auch jetzt war die Arbeit noch nicht getan, und frische Mannschaften übernahmen ihre Plätze.
St. Clair erhob sich zwar wie üblich zum Morgengebet, aber er hatte in den vergangenen sechsunddreißig Stunden kaum geschlafen und empfand daher kaum Schuldgefühle, als er sich hinterher eine abgelegene Ecke suchte und sich unbemerkt noch einmal zum Schlafen zusammenrollte, während seine Kameraden ihren Dienst antraten. Als er eine Stunde vor dem Mittag erfrischt erwachte, stellte er fest, dass der Tag zu Ehren der Hochzeit des Königs zum Feiertag erklärt worden war. Angelockt von lauten Stimmen und köstlichem Bratenduft trat er an die Reling und sah, dass der Strand voller Männer war, die sich am Strand um ein Häuflein Lagerfeuer drängten. Dazwischen stand ein Bierfass aufgebockt – ein Anblick, der ihm schlagartig den Mund austrocknete und ihm Lust auf den Geschmack des kühlen Gebräus machte.
Er trat in sein Quartier, das um diese Tageszeit so gut wie verlassen war, legte seine Rüstung ab und kleidete sich zum ersten Mal seit Wochen nur in Hemd und Hose. Er freute sich wie ein Junge, sich frei bewegen zu können, und ging an Land, um sich zu den Feiernden zu gesellen. Dort besorgte er sich einen Krug Bier, und jemand schnitt ihm eine Scheibe Fleisch von einem der Spieße ab. Er legte das Fleisch zwischen zwei frische Brotscheiben und suchte sich ein Plätzchen, an dem er sich hinsetzen und gemütlich essen konnte. An einem der Feuer fand er einen Baumstamm, der zwei Männern Platz bot, und ließ sich darauf nieder, um zu essen und zuzuhören.
Alle Welt redete natürlich von der gestrigen Hochzeit, aber zugleich von den drei Schiffen aus Outremer, die immer noch im Hafen lagen. Sie hatten König Guido und seinen Hofstaat bedeutender Würdenträger sowie hundertsechzig Ritter an Bord. Für das Gerede über die Hochzeit interessierte sich André wenig, denn er war sich sicher, dass er bald mehr darüber erfahren würde, als nötig war. Die Besucher aus Outremer hingegen interessierten ihn brennend – einige der Ritter in ihren vom Kampf gezeichneten Rüstungen hatte er ja schon gesehen.
Er konnte sich nicht einmal ansatzweise vorstellen, warum König Guido, der rechtmäßige König Jerusalems, das Land zu Kriegszeiten verlassen sollte, noch dazu in Begleitung so vieler kampfbereiter Ritter – es sei denn, man hatte ihn seines Amtes enthoben. Er hatte Glück, denn die Männer, die mit ihm am Feuer saßen, gehörten Richards Leibgarde an und bekamen daher vieles aus erster Hand mit, weil ihre Schutzbefohlenen sie gewöhnlich mehr oder weniger ignorierten.
König Philip von Frankreich, so erfuhr er, hatte sich bei seiner Landung in Acre entschlossen, Conrad von Montferrat – nicht Guido von Lusignan – in seinem Anspruch auf die Krone Jerusalems zu unterstützen. Das überraschte André sehr, wusste er doch, dass Conrad sowohl ein Vetter als auch ein Vasall Barbarossas war und dass er genau wie der sogenannte Heilige Römische Kaiser der christlich-orthodoxen Kirche anhing. Beide hatten vor Jahren öffentlich geschworen, sich für die Vormachtstellung der orthodoxen Kirche in Jerusalem einzusetzen – ein Schwur, den der Papst alarmiert zur Kenntnis genommen und verurteilt hatte und der dazu geführt hatte, dass der Papst den derzeitigen fränkischen Feldzug zur Rückeroberung der Heiligen Stadt geradezu panisch vorangetrieben hatte, einen Feldzug, zu dessen Anführern Philip zählte.
Inzwischen war Barbarossa tot; seine Armee stellte keine Bedrohung der römischen Pfründe mehr dar, doch wenn sich Philip von Frankreich nun offen auf die Seite Conrads von Montferrat stellte und Guidos legitimen Anspruch auf das Königreich Jerusalem leugnete, bedeutete dies, dass der König von Frankreich dem Papst mit Absicht eine lange Nase
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