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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Nacht vor dem Einschlafen einfällt, daß du nicht verrichtet hast, was du hättest verrichten sollen, so steh sofort auf und verrichte es! Wenn böse, gefühllose Menschen um dich herum dich nicht hören wollen, fall vor ihnen nieder und bitte sie um Verzeihung, denn in Wahrheit bist auch du daran schuld, daß sie dich nicht hören wollen. Wenn du jedoch mit den Erbosten gar nicht mehr reden kannst, so diene ihnen schweigend und in Demut, ohne je die Hoffnung zu verlieren. Und wenn dich alle verlassen und mit Gewalt von sich stoßen, so daß du ganz allein bleibst, dann fall auf die Erde und küsse sie und benetze sie mit deinen Tränen, und die Erde wird fruchtbar werden von deinen Tränen, selbst wenn dich in deiner Einsamkeit niemand sah und hörte. Glaube bis ans Ende, sollten auch alle Menschen auf Erden vom rechten Wege abgewichen und du als einziger treu geblieben sein, bringe auch dann Gott dein Opfer dar und preise ihn, du, der einzige Treugebliebene! Doch wenn zwei von euch Gleichgesinnten sich zusammenfinden, dann bildet ihr schon eine ganze Welt, die Welt der lebendigen Liebe. Umarmt euch dann mit gerührtem Herzen und lobt den Herrn: Sofern euer auch nur zwei sind, ist seine Gerechtigkeit bereit erfüllt.
    Wenn du selbst sündigst und über deine Sündhaftigkeit oder eine plötzliche Sünde von dir betrübt bist, sogar zu Tode betrübt, freu dich über einen anderen, freu dich über einen Gerechten. Freu dich, daß er gerecht und von Sünde frei geblieben ist, selbst wenn du gesündigt hast.
    Wenn dich aber die Bosheit der Menschen so entrüstet und tief bekümmert, daß du sogar wünschst, dich an den Missetätern zu rächen, so fürchte dieses Gefühl mehr als alles andere! Geh dann sofort hin und such dir Qualen, als wärst du selbst an aller Bosheit der Menschen schuld. Nimm diese Qualen auf dich und ertrage sie, und dein Herz wird zur Ruhe kommen. Du wirst einsehen, daß auch du Schuld trägst, denn du hättest selbst als der einzige Sündlose den Missetätern leuchten können und hast es nicht getan. Wenn du geleuchtet hättest, wäre mit deinem Licht auch anderen der Weg erhellt worden, und der die Missetat vollbracht hat, hätte sie bei deinem Licht vielleicht nicht vollbracht. Und selbst wenn du geleuchtet hast und siehst, daß die Menschen auch bei deinem Licht nicht auf die Rettung ihrer Seele bedacht sind, bleib trotzdem fest und zweifle nicht an der Kraft des himmlischen Lichtes; glaube daran daß sie ihre Seelen später retten werden. Wenn sie aber auch später ihre Seelen nicht retten, so werden ihre Söhne sie retten, denn dein Licht wird nicht umkommen, auch wenn du selbst schon gestorben bist. Der Gerechte geht dahin, aber sein Licht bleibt. Die Menschen retten ihre Seelen immer noch nach dem Tode des Retters. Das Menschenvolk nimmt seine Propheten nicht freundlich auf, sondern bringt sie um; dennoch lieben die Menschen ihre Märtyrer und verehren die, welche gemartert worden sind. Du aber arbeitest für das Ganze, du wirkst für die Zukunft. Trachte nie nach Belohnungen; auch ohne sie wird dir nämlich schon ein großer Lohn auf dieser Erde zuteil: deine geistige Freude, die nur der Gerechte erlangt. Fürchte dich nicht vor den Vornehmen und Starken, sondern sei weise und immer freundlich! Lerne maßzuhalten und den rechten Zeitpunkt abzuwarten! Wenn du allein bist, bete! Wirf dich gern auf die Erde nieder und küsse sie. Küsse die Erde und liebe sie unermüdlich und unersättlich! Liebe alle Menschen! Liebe alles, trachte nach dieser grenzenlos begeisterten Verzückung. Benetze die Erde mit deinen Freudentränen und liebe diese Tränen! Schäme dich dieser Verzückung nicht, schätze sie hoch: Sie ist eine große Gabe Gottes, die nicht vielen gegeben wird, sondern nur den Auserwählten!
i) Über die Hölle und das Höllenfeuer. Eine mystische Betrachtung
    Meine Väter und Lehrer! Ich überlege, was wohl die Hölle sein mag. Ich urteile darüber so: Sie ist der Schmerz darüber, daß man nicht mehr lieben kann. Nur einmal in dem unendlichen, weder durch Zeit noch Raum meßbaren Sein wird einem geistigen Wesen durch sein Erscheinen auf der Erde die Fähigkeit gegeben, zu sich zu sagen: Ich bin, und ich liebe! Einmal, nur einmal wird ihm Gelegenheit zu tätiger, lebendiger Liebe gegeben, und eben zu diesem Zweck wird ihm das irdische Leben gegeben und mit ihm eine bestimmte Spanne Zeit. Doch was geschieht? Dieses glückliche Wesen weist die unschätzbare Gabe von sich, es weiß sie

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