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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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nicht zu schätzen: Es liebt nicht, blickt spöttisch um sich und bleibt gefühllos. Ein solcher Mensch sieht, wenn er die Erde verlassen hat, den Schoß Abrahams und spricht mit Abraham, wie es uns in dem Gleichnis von dem reichen Mann und dem armen Lazarus gezeigt ist. Er schaut das Paradies und kann zu Gott hinaufsteigen – und seine Qual besteht gerade darin, daß er zum Herrn eingehen würde, ohne geliebt zu haben, daß er mit solchen, die geliebt haben, in Berührung kommen würde – er, der ihre Liebe mißachtet hat. Denn er sieht klar und sagt sich: Ich vermag jetzt zwar bereits zu erkennen und habe zwar schon das Bedürfnis zu lieben, doch meine Liebe wird keine Großtat, kein Opfer mehr sein. Denn das irdische Leben ist beendet, und Abraham wird nicht zu mir kommen, um auch nur mit einem Tropfen lebendigen Wassers – das heißt, indem mir das frühere, tätige irdische Leben von neuem verliehen würde – die Flamme meines Bedürfnisses nach Liebe zu kühlen, die Flamme, von der ich jetzt brenne, nachdem ich sie auf Erden verschmäht habe! Mein Leben ist aus, und es wird mir keine weitere Zeit mehr gegeben werden! Obgleich ich mich freuen würde, mein Leben für andere hinzugeben, ist das doch bereits unmöglich: Jenes Leben, das ich der Liebe hätte opfern können, ist vergangen, und jetzt liegt ein Abgrund zwischen jenem Leben und diesem Sein ... Man redet oft von einem materiellen Höllenfeuer. Ich spüre diesem Geheimnis nicht nach, ich fürchte mich davor. Aber ich denke, wenn es wirklich ein materielles Feuer gäbe, würden sich die Verdammten in Wahrheit darüber freuen; denn ich stelle mir vor, daß sie in der materiellen Qual wenigstens für einen Augenblick die noch schlimmere seelische Qual vergessen würden. Und es ist unmöglich, sie von dieser seelischen Qual zu befreien, weil diese Qual nicht äußerlich ist, sondern sich in ihnen befindet. Aber selbst wenn es möglich wäre, sie davon zu befreien, würden sie dadurch nur noch unglücklicher. Denn würden ihnen auch die Gerechten aus dem Paradies beim Anblick ihrer Qualen vergeben und sie in ihrer unendlichen Liebe zu sich rufen – ihre Qualen würden gerade dadurch noch vermehrt, weil die Gerechten in ihnen die Flamme der Gier nach tätiger, dankbarer Liebe, die doch schon unmöglich ist, noch stärker anfachen würden. In der Schüchternheit meines Herzens denke ich jedoch, schon das Bewußtsein dieser Unmöglichkeit würde ihnen schließlich eine Erleichterung gewähren. Indem sie die Liebe der Gerechten ohne die Möglichkeit einer Erwiderung annehmen, würden sie in dieser Ergebung und in der Wirkung dieser Demut nämlich ein Abbild jener tätigen Liebe finden, die sie auf Erden verschmäht haben: etwas, was der Wirkung von Liebe ähnelt. Es tut mir leid, meine Brüder und Freunde, daß ich das nicht deutlich auszudrücken verstehe ... Wehe aber denen, die sich auf Erden selbst vernichten! Wehe den Selbstmördern! Ich denke, daß es niemand geben kann, der unglücklicher wäre als sie. Es ist Sünde, wird uns gelehrt, für sie zu beten, und die Kirche schließt sie auch formell aus, doch ich denke im geheimsten Winkel meiner Seele, daß man auch für sie beten darf. Solche Liebe kann Christus ja nicht erzürnen. Ich habe mein ganzes Leben im stillen für diese Menschen gebetet: Das beichte ich euch, meine Väter und Lehrer! Und auch jetzt bete ich täglich für sie.
    Oh, es gibt in der Hölle auch solche, die stolz und wild gewesen sind, obwohl sie die unwiderlegliche Wahrheit ohne Widerspruch erkannten und anerkannten – es gibt schreckliche Menschen, die sich dem Satan und dem stolzen Geist völlig ausgeliefert haben. Für sie ist die Hölle ein selbstgewählter Aufenthalt, wo sie in ihrer Halsstarrigkeit für immer bleiben: Sie sind Märtyrer nach ihrem eigenen Willen. Denn sie haben sich selbst verflucht, indem sie Gott und das Leben verfluchten. Sie nähren sich von ihrem bösen Stolz, so wie ein Hungernder in der Wüste sein eigenes Blut aus seinem eigenen Leib saugt. Aber sie sind halsstarrig in alle Ewigkeit und weisen die Verzeihung zurück und verfluchen Gott, der sie ruft. Einen lebendigen Gott können sie sich nicht vorstellen, ohne ihn zu hassen; daher fordern sie, Gott soll kein Leben haben, sondern sich und seine ganze Schöpfung vernichten. Und sie werden bis in alle Ewigkeit im Feuer ihres Zornes brennen und nach Tod und Nichtsein dürsten. Aber sie werden den Tod nicht erlangen.
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    Hier endet das Manuskript

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