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Die Chronik der dunklen Wälder - Seelenwächter: Band 6 (German Edition)

Die Chronik der dunklen Wälder - Seelenwächter: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Chronik der dunklen Wälder - Seelenwächter: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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sie ihn aus. Er stürzte und schlug sich die Nase am Fels auf.
    Eine Sturzflut von Gerüchen umspülte ihn: der Gestank der Dämonen, der Ohn-Hauch-Duft des Steingesichts, der starke Geruch des Schwanzlosen, an den Wolf sich nun von früher erinnerte. Und der Geruch seines Rudelgefährten.
    Wolf flog durch die Dunkelheit. Der Tunnel war schmal und verschlungen wie Gedärm, aber er hörte das Zähnefletschen der Meute. Es klang dumpf. Das verriet Wolf, dass er auf einen richtig großen Bau zulief.
    Er hörte das bekannte Singen der Lange-Klaue-diefliegt der Rudelgefährtin und das Rascheln von Eulenflügeln. Er rannte noch schneller. Dämonen jagen – das gefiel ihm.
     
    Das Tunnelende kam näher. Renn lief schneller.
    »Nicht so schnell!«, warnte Dark.
    Sie hörte nicht auf ihn. Sie hörte nur das Klappern der Knochen und den Singsang der Seelenesserin, der wie Todesröcheln klang.
    Kraft der Knochen
Und Kraft des Steins
Und Kraft des dämonischen Auges
Ruft Eostra die Ruhelosen Toten
Eostra bindet sie an sich!
    Renn versuchte, sich an einen Trennzauber zu erinnern, der die Beschwörung aufhob, aber Eostras eiserner Wille ließ ihre Gedanken erstarren. Keiner kann die Maskierte aufhalten.
    Renn erreichte den Tunnelausgang.
    Dark riss sie zurück.
    Der Tunnel mündete in schwindelerregender Höhe nahe der Decke in die Höhle. Es führte kein Weg nach unten.
    Renn verkniff sich einen Schrei, sank auf die Knie und warf einen Blick über den Rand. Durch das Dickicht riesiger Steinzähne sah sie, dass die Höhle von einem Spalt geteilt war, der wie ein schwarzer Blitz im Zickzack durch sie hindurchlief. Auf ihrer Seite des Spalts brannte auf einem Opfertisch ein dicht in Rauch gehülltes Feuer. Darunter strichen Schatten um den Fuß einer Steinsäule, deren oberes Ende sie nicht erkennen konnte. Selbst aus der Ferne spürte sie den Hass dieser Schatten und wusste, dass es Eostras Meute war. Von Torak war nichts zu sehen.
     
    Eostra ruft die Ruhelosen Toten …
     
    Renn legte ihre Waffen vor sich auf den Boden. Ihre Axt und ihr Bogen waren noch heil, doch ihr Köcher war zusammengedrückt worden, als sie sich durch den Spalt gezwängt hatte. Nur noch drei Pfeile waren ganz.
     
    Eostra bindet sie an sich!
     
    Der Rauch verzog sich und Renn konnte einen flüchtigen Blick auf die Maskierte werfen. Sie sah eine fahle Hand über die Keule mit dem Feueropal streichen. Sie sah sein tiefrotes Licht durch ein dunkles Netz aus Schnüren dringen, das den blutroten Stein kreuz und quer umspannte. Sie wählte einen Pfeil aus. Eostra ahnte die Gefahr und hüllte sich erneut in Rauch.
    »Spürst du sie?«, raunte Dark, der neben ihr kniete.
    »Wen denn?«
    »Dort unten im Rauch. Etwas Schreckliches.«
    »Ich kann nichts erkennen.«
    »Ich auch nicht. Aber ich kann sie fühlen.«
    Renn fühlte sie auch. Dort in der Flüsterhöhle war noch mehr als nur Eostra und ihre Handlanger.
    »Es liegt an dem Rauch«, hauchte sie. »Der gehört zum Zauber. Schau nicht hin.«
    Aber Dark konnte seinen Blick nicht abwenden. Ebenso wenig wie sie.
    Die Seelenesserin unterbrach ihren Singsang. Schwarze Dunkelheit senkte sich über die Höhle. In die Stille hinein sprach Eostra:
    Listig wie die Schlange, die Verführerin …
Seshru … Komm herbei!
    Renn bekam am ganzen Körper eine Gänsehaut.
    Die Höhle schien sich mit leisem, hallendem Zischen zu füllen.
    Das kann nicht sein, sagte sich Renn. Das ist unmöglich.
    Sie sah, wie der Rauch die Form einer geschmeidigen Gestalt annahm …
    Nein. Seshru ist tot. Deine Mutter ist tot. Du hast ihr die Todeszeichen aufgemalt. Du hast gesehen, wie ihr Leichnam begraben wurde.
    Eostra nahm ihren Sprechgesang wieder auf. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis er endlich abbrach. Abermals wurde das Feuer abgedeckt.
     
    … Narrander… Komm herbei!
     
    Von der gegenüberliegenden Seite der Höhle erklang eine männliche Stimme. »Narrander kommt«.
    Renn hielt den Atmen an. Sie kannte diese Stimme.
    »Dein Zauber ist unrein«, verkündete die Stimme jetzt. »Er trägt das Haar eines Lebenden.«
    Eostra gab keine Antwort.
    »Wer ist das?«, fragte Dark.
    Renn sagte nichts. Als sie den Mann aus dem Schatten treten sah, schob sich die Vergangenheit zusammen wie Packeis.
    Die Adlereule stürzte auf ihn zu. Er wehrte sie mit der Axt ab. Sein Gang war unsicher. Zerschlissene Tierhäute hingen um seine dürren Glieder. Renn wusste, dass sie, wenn sie etwas näher wäre, einen struppigen, vor Schleim

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