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Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Titel: Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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hinter sich lassen. In den vergangenen Tagen hatte Nando sich so stark an den Glanz der Stadt gewöhnt, dass es ihm nicht leichtfiel, wieder in die Schatten hinabzusteigen, und ihn überkam Wehmut, wenn er an ihren bevorstehenden Aufbruch dachte. Noemi hingegen schien es kaum abwarten zu können. Beinahe beschwingt schob sie sich durch die Scharen der Engel. Bereits im Morgengrauen hatte sie ihre Sachen gepackt, und trotz des gewohnt harten Unterrichts bei Avartos war das Lächeln den ganzen Tag über nicht von ihren Lippen gewichen. Nur einmal hatte ihre Miene sich verfinstert, als sie kurz von ihrem Ziel gesprochen hatten. Nando drängte jeden Gedanken daran beiseite. Ihm blieben nur noch wenige Augenblicke in dieser Stadt, die er sich nicht mit den Gedanken an die Gefahren ihrer bevorstehenden Reise verderben lassen wollte.
    »Dort ist es.« Noemi deutete auf ein Portal, dessen Sturz von mächtigen Statuen getragen wurde. Engel mit flammenden Schwingen waren es, die Hammer und Schwert gekreuzt hielten.
    Kyrion Arex , stand über ihren Köpfen, ein Name, der für die beste Schmiedekunst der Engel stand. Nando folgte Noemi durch die Tür. Im Inneren des Gebäudes roch es nach heißem Metall und Feuer, doch anstelle einer Esse glommen verschiedenfarbige Flammen in schwebenden Schalen. Für gewöhnlich sprühten daneben Funken unter den Schlägen der Hämmer, die – von unsichtbarer Hand geführt – die gefährlichsten Schwerter des Engelreichs formten. Die Luft war erfüllt von donnernder Magie, und immer wieder wurde sie vom lauten Zischen zerrissen, wenn die glühenden Waffen in die Wasserbehälter geworfen wurden. Doch nun war es weit nach Geschäftsschluss, lediglich aufgrund Avartos’ ausdrücklicher Bitte hatten sie überhaupt zu dieser Stunde kommen dürfen, und eine unwirkliche Stille lag über der sonst so geschäftigen Schmiede. Zwei lange Reihen mit den kunstvollsten Rüstungen und Waffen führten zum Tresen. Und dort stand Kyrion weit über sein Zahlbuch gebeugt und brachte die Einnahmen des Tages zu Papier.
    Der Schmied war kaum größer als Nando, aber dreimal so breit und hatte für einen Engel ungewöhnlich warme Augen. Ständig flammte ein spitzbübisches Lächeln in ihnen auf, und Nando erinnerte sich gut daran, dass Kyrion bei ihrem letzten Besuch nicht mehr als sein Augenmaß gebraucht hatte, um ihre Rüstungen anzupassen. Seine Schwingen waren so kurz, dass Nando sich fragte, ob er überhaupt mit ihnen fliegen konnte, aber sobald er sich seinem Handwerk widmete, entstanden die kunstvollsten Schmiedearbeiten unter seinen groben Händen, als würde die Poesie, nach der das Lachen in seinen goldenen Augen sich sehnte, durch ihre Bewegung zum Leben erwachen. Vermutlich hätte er sich mit Mara glänzend verstanden. Nando musste grinsen, als er mit Noemi an den Tresen trat. Er ging jede Wette ein, dass Kyrion ebenso wie seine Tante mit Zahlen auf Kriegsfuß stand, und er meinte schon, ein Fluchen aus seinem Mund dringen zu hören, als Noemi neben ihm erstarrte. Im selben Augenblick sah er es auch. Kyrions Hand lag starr auf seinem Buch, und es waren keine Zahlen, die über seine Finger auf das Papier flossen. Es war Blut.
    Nando hörte kaum das unheilvolle Flüstern, das plötzlich durch den Raum flog. Wie gelähmt schaute er auf die Hand des Engels. Die Haut zog sich von Fleisch und Knochen zurück, faulte und verwandelte sich dann in die wachsbleiche Hand einer Frau. Langsam hob der Engel den Kopf, und noch ehe Nando ihm ins Gesicht sah, wusste er, wen er vor sich hatte. Das Gesicht des Schmieds zerbrach zu Asche, und darunter, weiß wie Schnee, lag das Antlitz des Todes.
    Teufelssohn , strich Kymbras Stimme durch seine Gedanken, während sie leise lächelte. Du kommst spät.
    Ehe Nando etwas erwidern konnte, packte sie seinen Arm und zog ihn zu sich heran. Eiskalte Glut drang aus ihren Nägeln in seinen Körper, und die Nacht ihrer Augen zog ihn in ihren Abgrund, so schnell, dass er kaum mehr die Umrisse des Zimmers wahrnahm. Wie von ferne spürte er die Hitze von Pherodos, der auf Noemi zutrat, langsam, als wollte er sich an ihrer Furcht weiden, und er hörte das keckernde Lachen Ligurs und Raars wispernde Stimmen. Kymbra verzog den Mund, Nando hörte den Fluch, der über ihre Lippen kam, aber er erwiderte ihren Blick regungslos. Er würde ihr nicht so leicht zum Opfer fallen wie Kyrion, den sie von innen heraus verbrannt hatte. Kalt flammte seine Magie in ihm auf, und gerade als sich der

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