Die Comtessa
vier jungen Ritter Gold und Silber unter sich verteilt hatten.
Ein dicker Ast war von einer Eiche gebrochen und versperrte den Weg. Die Pferde mühten sich über die Böschung, um ihn zu umgehen.
»Wir sollten bald eine Rast einlegen«, rief Arnaut Ermengarda zu, die neben ihm ritt. Fast musste man schreien, um den Wind zu übertönen. »Sonst fällt uns Raimon noch vom Pferd.«
Ermengarda machte ein unglückliches Gesicht.
»Ich weiß. Und es ist nur meine Schuld.«
»Denk nicht so. Der Pfeil hätte sonst dich treffen können. Auch Raimon hätte das niemals gewollt.«
»Und du?« Sie warf ihm einen langen, forschenden Blick zu.
»Ich?« Arnaut fühlte sich überrumpelt. Die Röte stieg ihm ins Gesicht. »Wenn dir etwas zustieße …«, stotterte er, »… ich könnte es mir nie verzeihen.«
Sie legte ihm die handschuhbewehrte Hand auf den Arm.
»Ich weiß, Arnaut. Verzeih mir die dumme Frage.«
In diesem Augenblick wandte sich Felipe zu ihnen um. Ermengardas Hand zuckte unwillkürlich zurück, aber er hatte die Geste bemerkt, und ein Anflug von Zorn huschte über sein Gesicht. Dann drehte er sich abrupt wieder um und gab seinem Pferd die Sporen, um zur Spitze aufzuschließen.
»Ich fürchte, wir haben ihn verärgert«, sagte sie.
»Ich sehe keinen Grund«, knurrte Arnaut. Felipes Verhalten missfiel ihm. »Ist es wahr, dass du ihn als deinen
champio
auserkoren hast?«
»Es stimmt. Eine Laune, schon lange vor der Flucht. Er bat mich darum.«
»Gibt ihm das ein Anrecht auf besondere Ansprüche?«
»Natürlich nicht.«
Wieder warf sie ihm diesen seltsamen Blick zu, der ihn verunsicherte und den er nicht zu deuten wusste.
Fraire
Aimar hatte recht. Er war im Begriff, sich in etwas zu verstricken, aus dem es keinen Ausweg gab.
»War das vorhin ernst gemeint«, fragte er, um solche Gedanken zu vertreiben. »Ich soll dein Kriegsherr werden? Das war nur Spaß, oder?«
»Warum sollte ich spaßen?«, rief sie gegen den Wind, der gerade wieder aufbrüllte. »Auch wenn ich nichts davon verstehe … aber dir vertraue ich.«
Arnaut lächelte verlegen. Sosehr ihn das Lob freute, so inständig hoffte er, ein solches Vertrauen nicht zu enttäuschen. Aber dann packte ihn der Übermut.
»Du brauchst gar keinen Kriegsherrn«, rief er und grinste.
»Und warum nicht?«
»Sieh uns doch an. Du kommst daher, und alle sinken vor Liebe zu Boden. Wer kann dir widerstehen? Wozu noch Soldaten?«
»Mach dich nur über mich lustig.« Sie runzelte die Stirn und gab vor, zu schmollen.
»Nein, nein. Ich denke nur, wir machen dir ein Banner wie das
oriflamme,
du weißt doch, das Kriegsbanner des Königs von Frankreich, vor dem alle zittern.«
»Oriflamme?«
»Es ist blutrot, und wenn es vor dem König in die Schlacht getragen wird, weiß jeder, dass keine Gefangenen gemacht werden und keine Gnade zu erwarten ist. Das erfüllt die Herzen der Feinde mit Schrecken, und sie fliehen vor ihm wie der Kaiser der Alemannen bei Metz.«
»Ohne Kampf?«
»So ist es. Wir machen dir also auch ein Banner, aber eines der Liebe,
una baneira d’amor.
Damit schlägst du alle Feinde in die Flucht. Und Rogier singt eine Hymne dazu. Nie wieder Krieg in Narbona.«
»Und Alfons?«, kicherte sie.
»Den fegen wir gleich als Ersten hinweg!«
Da lachte sie ausgelassen. »Jawohl! Husch und hinfort nach Tolosa. Auf Nimmerwiedersehen!«
In diesem Augenblick hörten sie wildes Gebrüll weiter vorn. Und das Klirren von Stahl. Arnaut blickte sich rasch um. Sie befanden sich auf einem Hang, der dicht mit hohem Gebüsch und Steineichen überwuchert war. Linker Hand des Weges fiel das Gelände steil ab ins Tal, auf der anderen Seite zeigten sich jetzt Männer mit Waffen in den Fäusten. Viele Männer. Einige sprangen von der Böschung auf den Weg.
Ein guter Ort für einen Überfall, fuhr es ihm durch den Sinn. Hier waren sie eingekeilt, konnten nur vor oder zurück. Weiter vorn sah er Felipe mit erhobenem Schwert um sich schlagen und kurz auch das erschrockene Gesicht Aimars, den man vom Pferd gerissen hatte. Als er einen Blick über die Schulter warf, sah er auch hinter ihnen Bewaffnete, aber weniger als vor ihnen. Zwei Kerle versuchten, einen dicken Ast von der Böschung zu zerren, um ihnen den Rückweg zu versperren.
»
Garda
Ermengarda!«, brüllte er, so laut er konnte. Nur ihre Sicherheit zählte jetzt. »Felipe, Severin … alle auf mich!«
Er ließ die Zügel fahren, zerrte den Schild vom Rücken und riss das Schwert aus der Scheide. Amir
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