Die Deutschen
Abänderungen.
Nachdem die Elterleute gestürzt worden sind, gilt der nächste Angriff den Prädikanten, die das Regiment der Hundertundvier in ihren Predigten scharf tadelten. Daraufhin verlassen die Prädikanten nacheinander die Stadt.
Die Weidesache ist immer wieder zwischen dem Rat und den Hundertundvier Gegenstand der Verhandlungen. Aber der Rat weigert sich entschieden, einen Eingriff in das Privateigentum vorzunehmen. Der Rat bleibt standhaft, und es kommt zu heftigen Auseinandersetzungen und zu Tumulten auf der Straße.
Da die Bürgermeister gewarnt werden, es ginge um ihr Leben, beschließen sie in heimlicher Versammlung, die Stadt zu räumen, um ihre Verhandlungsfreiheit wiederzugewinnen.
Die Nachricht von der Flucht der Bürgermeister macht in Bremen einen großen Eindruck. Man befürchtet, daß die Geflüchteten Mittel und Wege finden werden, um dem Aufstand von außen her ein Ende zu machen. Die Aufständischen beschließen, die Geflohenen zur Rückkehr zu bewegen. Die Bürgermeister empfangen die Deputation auf dem Schloß Bederkesa. Man trinkt gemeinsam, aber am Morgen lehnen die Bürgermeister es ab, nach Bremen zurückzukehren. Nur wenn das eigenwillige Regiment der Hundertundvier gänzlich abgeschafft und der Rat in sein hergebrachtes Regiment wieder eingesetzt werde, wollen sie zurückkehren. Wochen der heftigsten Auseinandersetzungen folgen, bis sich eine Deputation der Bürgerschaft mit den Bürgermeistern in folgenden Punkten einigt: die Weidesache solle von einigen befreundeten Landständen nach Recht entschieden werden; das Regiment der Hunderundvier werde abgestellt; die Verfassung solle darauf geprüft werden, ob sie etwas enthalte, das wider Gott und Recht sei. Der Versuch, den Bürgermeistern das Zugeständnis abzuringen, daß die Hundertundvier straflos bleiben sollten, bleibt ohne Erfolg.
Die Hundertundvier können mit Recht beweisen, daß die Deputation ihre Vollmacht weit überschritten hatte.
In Bremen wird bald das Gerücht verbreitet, die Bürgermeister ständen mit großer Rüstung vor der Stadt. Daraufhin kommt es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Bürgern. Die Führer der Hundertundvier, die teilweise in Hausarrest versetzt worden waren, können sich wieder öffentlich sehen lassen. Da entschließen sich die Bürgermeister, durch bewaffnete Gewalt dem Treiben ein Ende zu machen. Bauern und Knechte kommen heimlich bewaffnet in die Stadt. Die Bürgermeister versuchen es noch einmal mit einem Brief, in dem sie das Ende der Herrschaft der Hundertundvier verlangen. Die große Mehrheit der Bevölkerung ruft, sie sollten sofort zurücktreten. So gelingt es, der Revolution ohne Blutvergießen ein Ende zu machen. Der Rat beschließt zum guten Ende noch schnell, den hundertundvier Männern Gnade und Vergebung zuzusichern. Am 5. September kehren die Bürgermeister, von stattlicher Rüstung begleitet, nach Bremen zurück. Am folgenden Tage werden Dove und zwei seiner aktivsten Genossen in den Turm gelegt.
Der Gemeinde wird eine Schrift zur Beratung vorgelegt, die bestimmt ist, der Wiederkehr des Aufruhrs vorzubeugen. Ihr Inhalt war kurz dieser: die Vollmächtigkeit des Rates wird bestätigt. Niemand soll bei Verlust seiner Wohnung sich das dem Rate gebührende Regiment anmaßen. Der Kaufmann und die Handwerksämter sollen in ihren Zusammenkünften nur ihre eigenen Geschäfte erledigen; benutze sie jemand, um etwas gegen den Rat vorzubringen, so würde er bestraft; täten es ganze Korporationen, so verlören sie ihre Privilegien und Freiheiten. Jeder Bürger, sobald er zu Jahren gekommen sei, habe den gebührlichen Bürgereid zu leisten.
Das ist also das Resultat der Revolution: jede freie Bewegung der Bürger ist gebunden, und jeder Versuch, die Handlungen des Rates zu kritisieren, unmöglich gemacht. Das Gemeinwesen ist in einem Maße wie nie zuvor der Willkür des Rates preisgegeben.
Von den beiden Männern, die mit Dove verhaftet worden waren, vergiftet sich der eine im Gefängnis, der andere wird nach schlimmen Qualen lebenslänglich verbannt. Dove, durch drei Monate strenge Haft körperlich gebrochen, wird schließlich auf dem Armsünderkarren zur Richtstätte gefahren.
Noch jahrelang haben diejenigen, die verbannt waren, um die Rückkehr in die Heimat, zu Weib und Kindern und zu ihrem Berufe gebeten. Aber der Rat blieb hart gegen alle ihre Bitten. Ihnen ist niemals verziehen worden, und so sind sie im Elend der Fremde zugrunde gegangen.
Chronik 1534–1535
Die
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