Die Deutschen
Volksaufstand in Neapel im Jahre 1647 gegen die spanische Herrschaft zeigt. Diese Aufführung wird zum Signal der Erhebung. Als der Vorhang gefallen ist, stürzen das Publikum und die vor dem Theater versammelte Menschenmenge zum Haus einer Regierungszeitung, zerstören die Pressen, demolieren dann das Haus des Polizeidirektors, brennen das Palais des Justizministers nieder und reißen die königlichen Insignien von den öffentlichen Gebäuden herab. Von Lüttich bis Ostende erhebt sich der Aufstand. Improvisierte Bürgergarden entreißen den Behörden die Macht. Wie in Paris wird auch in Brüssel drei Tage heftig gekämpft; in der Nacht vom 26. auf den 27. August ziehen die geschlagenen Truppen nach Antwerpen ab. Am 10. November erklärt der belgische Nationalkongreß Belgien als unabhängigen Staat mit einer konstitutionellen Monarchie.
In Deutschland sind Bürger und Arbeiter überrascht, daß das Volk von Paris, ohne Führer, mit Waffen, wie sie sich zufällig fanden, die königlichen Garden und die Söldner des Regimes besiegen und den König in die Verbannung treiben konnte. Die Nachricht von der Julirevolution wirkt als Aufruf zum Kampf für die Freiheit. Es gibt kaum einen Ort in Deutschland, wo man die Pariser Ereignisse nicht diskutiert. Die Erregung macht sich in Tumulten Luft, die sich jedoch nicht zu planmäßigen Aufständen entwickeln. Trotzdem gibt es Ereignisse, ohne die spätere Aufstände und revolutionäre Bewegungen nicht verständlich wären.
Der Herzog Karl von Braunschweig, der schon zahlreiche Proben seiner Unfähigkeit abgelegt hat, befindet sich zur Zeit des Ausbruches der Julirevolution in Paris. Er kehrt schleunigst nach Braunschweig zurück. Als er am 6. September das Theater verläßt, wird sein Wagen mit Steinen beworfen und das Schloß, das er glücklich erreicht, von drohenden Volksmassen belagert. Am nächsten Abend wiederholen sich solche Szenen. Als am Morgen bekannt wird, daß der Herzog entflohen sei, drängt eine Volksmenge durch einen unbesetzten Seiteneingang in das Schloß, dessen linker Flügel in Brand gesteckt wird. Daraufhin wird der Bau gestürmt, und am andern Tag liegen zwei Drittel des Schlosses in Asche. Der jüngere Bruder des Fürsten wird gezwungen, die Härten und Ungerechtigkeiten gegen das Land aufzuheben. Karl von Braunschweig kehrt am 18. November 1830 zurück und versucht eine bewaffnete Gegenrevolution, die aber gänzlich mißlingt.
Auch in Hannover kommt es zu ernsten Unruhen. Man ist unzufrieden mit dem Adelsregiment, das im Auftrag Londons handelt und das Land bedrückt. Unter Führung mehrerer Advokaten und Privatdozenten organisiert sich vor allem unter den Studenten eine Nationalgarde. Der König wird gezwungen, seinen allmächtigen Minister, den Grafen Münster, zu entlassen. Eine Kommission aus 21 Mitgliedern unter dem berühmten Professor Dahlmann arbeitet ein neues Staatsgrundgesetz aus, das schließlich als rechtsverbindlich proklamiert wird.
In Sachsen entsteht, ebenfalls als Folge der Juliereignisse, eine neue Verfassung. Nach Erhebungen in Leipzig und Dresden wird die Bürgerschaft bewaffnet und damit zu einer Macht im Staate. Die neue Verfassung sichert eine wirksamere Vertretung des Volkes als bisher und die Öffentlichkeit aller Verhandlungen.
Wesentlich komplizierter entwickeln sich die Vorgänge in Kurhessen. Am 6. September 1830 kommt es in Kassel zu einem Sturm auf die Bäckerläden; die Bürgerschaft bewaffnet sich und organisiert die Bewegung. Eine gewählte Deputation will vom Kurfürsten eine bessere Verfassung verlangen. Der Kurfürst weigert sich, auf Schloß Wilhelmshöhe die Deputation zu empfangen. Als er in die Stadt kommt, findet er den Platz vor dem Schloß von bewaffneten Bürgern besetzt. Jetzt erhält die Abordnung Zutritt, und bald verkündet ein weißes Taschentuch, mit dem aus einem der Schloßfenster gewinkt wird, den Bürgern, daß die Forderungen bewilligt seien und die Stände einberufen würden. Von den verhaßten Zollstätten befreit sich das Volk, indem es überall im Hanauischen und Fuldaischen die Zollhäuser und Barrieren niederreißt und die Akten verbrennt. Die Verfassung entwickelt sich zu einer der freisinnigsten in Deutschland: eine Kammer, Steuerbewilligungsrecht, Pressefreiheit und Trennung von Justiz und Verwaltung. Der Kurfürst wird seiner Regierung müde, ernennt seinen Sohn zum Mitregenten und geht mit seiner Mätresse und seinem Geld auf Reisen.
Im Großherzogtum Hessen beschränkt sich
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