Die Deutschen
dennoch mit 257 gegen 236 Stimmen sanktioniert.
General Wrangel, inzwischen zum »Oberkommandierenden aller Truppen in den Marken« ernannt, hält auf einer Parade eine Rede an die Offiziere: »Wir sind zu einem wichtigen Moment gekommen, man will die Republik ausrufen und das Königtum vernichten. Der König will die Freiheit, aber Freiheit kann nur mit dem Gehorsam gegen das Gesetz bestehen, diesen Gehorsam müssen wir wiederherstellen …«
Noch am Abend des 16. September treffen sich in Frankfurt die Abgeordneten der Linken zu einer vielstündigen Besprechung über die im Parlament notwendigen Maßnahmen. Abordnungen der Arbeitervereine und Handwerker entsenden in die Beratung Delegationen, die die Linke auffordern, sich sofort als Konvent, als Sonderparlament zu erklären, dem das Vertrauen des ganzen Volkes gehören werde. Die Linke lehnt nicht nur diese Vorschläge ab, sondern warnt die Abordnungen eindringlich vor jeder Art von Gewaltanwendung. Aber weder die Abgeordneten der Linken noch die Mitglieder der Delegationen sind mehr Herr der Lage.
Der »Frankfurter Arbeiterverein« versammelt seine Mitglieder, verteilt Waffen und organisiert Kampfgruppen. Am Nachmittag des 17. September, es ist ein Sonntag, sammeln sich an die 10000 Menschen auf der Pfingstweide, einem Platz im Nordosten der Stadt. Von den fünf anwesenden Abgeordneten halten zwei aufrührerische Reden an das Volk. Am Abend fordert ein Vertreter der Manifestanten auf einer Versammlung aller Fraktionen der Linken: »Mit Gut und Blut wollen wir die Linke schützen, wenn sie aus jener servilen Versammlung austritt und sich selbständig konstituiert. Aber das verlangen wir auch von ihr. Tut sie es nicht, dann freilich wird das Volk die Linke als ebenso ehrlos betrachten wie die Mitglieder der Mehrheit, dann freilich wird die neue Revolution auch über die Linke hinweggehen und diese vernichten wie das Centrum und die Rechte!« Der Abgeordnete Vogt erklärt, daß die drei versammelten Fraktionen der Linken sich bereits im entgegengesetzten Sinne entschieden hätten. Daraufhin sagen sich die Demonstrierenden von der »ehrlosen Linken« los.
Am 18. September früh 9 Uhr beginnt die Parlamentssitzung unter dem Schutz der Bajonette. In dem Augenblick, als die Linke gegen die militärische Demonstration vor der Paulskirche protestiert dröhnt die Nordpforte der Kirche unter Axtschlägen und wuchtigen Stößen: sie war vom Militär nicht geschützt. Aber nun werden die Aufständischen mit Gewalt am Eindringen in das Parlament gehindert. Während das Parlament weitertagt, errichten die Aufständischen an entscheidenden Punkten verschiedener Straßen Barrikaden, ohne daß das Militär sie daran hindere. Offenbar hat man höheren Orts ein Interesse daran, es zu einer blutigen Auseinandersetzung kommen zu lassen. Schließlich werden zwei Barrikaden von den preußischen Truppen, zwei von den österreichischen Soldaten erstürmt.
Auf beiden Seiten fallen Opfer. Aber immer noch sind die Hauptbarrikaden nicht genommen. Der bedeutendste Führer der Linken, Robert Blum, warnt die Kämpfenden und fordert sie auf, von weiterem Blutvergießen abzulassen. Aber Dutzende von Flintenläufen der Aufständischen richten sich gegen den Abgeordneten; er wird von seinen Freunden zurückgerissen. Während der Barrikadenkampf im vollen Gange ist, reitet der Abgeordnete Fürst Lichnowsky den heranrückenden Truppen entgegen. Er ist dem Volk als »Arroganter Reaktionär« unter allen Abgeordneten der verhaßteste. Nun wird er von den Massen erkannt, verfolgt und auf furchtbare Weise erschlagen. Inzwischen donnern die Kanonen des Militärs gegen die Barrikaden; nach kurzer Zeit werden sie eingenommen. Die Nachrichten vom Ausbruch einer neuen Revolution in Frankfurt verbreitet sich mit Windeseile durch ganz Deutschland. Der Revolutionär Struve, der von der Schweiz aus durch einige Monate Baden mit revolutionären Flugschriften überschwemmt und Agitatoren geschickt hat, fällt zwei Tage später in Baden ein und ruft die Deutsche Republik aus.
48 Stunden danach sind die Freischaren zerstreut, und Struve ist gefangen. An diesem 26. September brechen Unruhen in Köln aus, obwohl die Festung mit starken Truppenkontigenten belegt ist. Nach heftigen Zusammenstößen werden die Aufständischen niedergeschlagen, und über die Stadt wird der Belagerungszustand verhängt.
Trotz dieser Niederlagen der Revolutionäre ist eine Wendung in der Entwicklung der deutschen Revolution
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