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Die Dichterin von Aquitanien

Titel: Die Dichterin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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sollten, um kleiner und harmloser zu wirken. Erstaunt spürte sie, dass Emma näher an sie herangerückt war.

    »Was in Gottes Namen machen wir jetzt?«, flüsterte Emma, nun ohne jeden Hauch von Hochmut oder Feindseligkeit. »Sag schon, was machten die Bauern aus deinem Dorf, wenn sie wütenden Wildschweinen begegneten?«
    »Auch in Bauerndörfern laufen gewöhnlich keine Wildschweine herum. Sie haben Angst vor Menschen, doch diese Jagdgesellschaft hat sie aufgeschreckt und zornig gemacht«, erwiderte Marie, griff aber gleichzeitig nach Emmas Hand. Für einen kurzen Augenblick schienen die beiden tatsächlich wie Schwestern, die sich gezankt hatten, aber nun vereint waren im Angesicht der Gefahr.
    »Das ist eine Kreatur Satans«, wimmerte Emma.
    »Nein, nur ein Keiler«, sagte Marie so gelassen wie möglich und strich über Emmas lange, schmale Finger. Sie ertastete zwei Goldringe unter dem Leder des Handschuhs und staunte für einen Moment, dass die junge Tante auch bei einer Jagd nicht auf Schmuck verzichtete.
    Eine Weile begegnete sie dem Blick des Keilers so gefasst wie möglich. Tiere waren ihr vertraut, sie hatte von Kindheit an gelernt, sich mit diesen Wesen durch Gesten und den Klang ihrer Stimme zu verständigen. Doch für Abélard oder Cleopatra war sie ein vertrauter Teil des täglichen Lebens gewesen. Dem Keiler musste sie ebenso fremd und unheimlich scheinen wie er ihr. Sie versuchte dennoch, eine stumme Botschaft des Friedens zu vermitteln, und war erleichtert, dass auch Emma sich nicht regte. Der Junge hatte seine Augen geschlossen und harrte schicksalsergeben der Dinge, die nun kommen mochten. Langsam senkte sich die Schnauze des Keilers auf den Waldboden, und Marie atmete auf. Vielleicht würde das Tier einfach wieder verschwinden. Sie könnten nun versuchen, ein paar Schritte rückwärtszugehen, doch wollte sie den verletzten Jungen nicht einfach so liegen lassen.

    Dann zerriss Hundegebell die angespannte Stille. Urplötzlich sprangen zwei hellbraune Körper auf den dunkleren, wuchtigen Leib des Keilers und bissen sich fest. Gleich darauf sank einer von ihnen mit einem gellenden Jaulen zu Boden. Blut tränkte den Waldboden, während Gedärme aus der aufgerissenen Bauchhöhle quollen. Der andere Hund wich kurz zurück, um sich gleich darauf wieder auf den nun zornig tobenden Gegner zu stürzen. Weglaufen, schoss es Marie durch den Kopf. Jetzt mussten sie rennen und beten, der noch lebende Hund möge den Keiler lang genug aufhalten.
    »Lauf!«, rief sie Emma zu und hörte deren Schritte, während sie selbst sich beugte, um den Jungen aufzuheben. Hinter ihr war Hufgetrappel zu hören, und sie fragte sich, warum auf einmal auch die Pferde wieder kamen. Nochmals ertönte ein jämmerliches Jaulen. Der zweite Hund war wohl bereits tot. Dann hallte schmerzerfülltes Quieken durch den Wald, so voll von verzweifeltem Zorn, dass es wie ein Messer in ihre Brust stach. Sie sah den Keiler blutüberströmt auf die zerfetzten Körper der Hunde fallen. In seinem Nacken steckte die Spitze einer Lanze. Der Junge, dessen Körper sie umschlungen hielt, begann laut zu wimmern, als könne er den Anblick und Geruch von Blut nicht mehr ertragen.
    »Ich danke euch, Chevalier de Osteilli«, sagte Emma im Hintergrund. »Ihr habt meiner Nichte und mir das Leben gerettet.«
    Der Ritter war vom Pferd gestiegen und musterte die Szene um ihn herum ernsthafter, als Marie ihn jemals zuvor erlebt hatte. Eine tiefe Falte zwischen den Brauen störte in dem apfelglatten Gesicht, während er die Lanze aus dem hingeschlachteten Tierkörper zog.
    »Es ist sehr unklug, sich von einer Jagdgesellschaft zu entfernen«, sagte er streng, »vor allem für unbewaffnete Damen.«

    »Zwei Hunde hatten eine Fährte. Ich folgte ihnen, und Marie folgte mir«, erklärte Emma. Ihre Stimme hatte wieder einen sehr gekünstelten Klang angenommen, als rede sie über eine nette Belanglosigkeit bei Hofe.
    »Eben das war unklug«, erwiderte Guy de Osteilli. Emma zwang sogleich ein Lächeln auf ihr Gesicht, obwohl ihre Augen angesichts des Tadels kurz auffunkelten.
    »Nennt es weiblichen Eigensinn, wenn Ihr wollt. Aber ich danke Euch von Herzen für Eure Heldentat.«
    Marie musterte den mächtigen, blutüberströmten Leib des toten Keilers und fragte sich, ob er ohne die Hunde und den Ritter nicht einfach verschwunden wäre. Dennoch klapperte sie mit den Zähnen. Die Todesangst hatte ihren Körper immer noch im Griff.
    »Es war meine erste Jagd«, presste sie

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