Die Drachenflotte (German Edition)
Sie schnippte ihm ein wenig Sand vor die Füße, dann noch einmal, fester, und strahlte ihn dabei mit ihrem bezaubernden Lächeln an, sodass er gar nicht böse sein konnte. Also spielte er mit und wich scheinbar kapitulierend mit erhobenen Händen vor ihren Angriffen zurück. Sie gab immer neue Sandsalven auf ihn ab, während sie ihm auf die Veranda hinaus folgte, und er begann wild die Beine zu werfen, wie das unglückliche Opfer im Kino, das vom Bösewicht mit vorgehaltenem Colt zum Tanzen gezwungen wird. Hemmungslos lachend bückte sie sich, um unter der Verandabank zu fegen. Ihr ausgeschnittenes Hemd, das dabei nach vorn fiel, enthüllte den zerschlissenen Büstenhalter darunter und lockende Ansichten von nacktem Fleisch und Schatten. Als sie in die Höhe schaute und seinen Blick bemerkte, lächelte sie erfreut.
«Claudia», rief der alte Mann vom Empfang. «Claudia!»
«Ich jetzt gehen», sagte sie. «Bis später, ja?»
«Hoffentlich, ja.» Er beugte sich über das Verandageländer, um ihr nachzuschauen, und bemerkte mit Genugtuung, dass sie ihren Schritten ein wenig Extraschwung mitgab, nur für ihn.
II
Genervt von der absurden Menge an Papierkram, die notwendig war, nur um ein paar Euro zu wechseln, lief Knox die Vortreppe der Bank hinunter. Aber es war endlich erledigt. Jetzt der Proviant. Um den zu besorgen, ging er quer durch die Stadt zu einem kleinen, aber stets belebten Markt, einem Paradeplatz farbenprächtiger Kleider und funkelnden Glasschmucks, wo Obst und Gemüse auf wackligen Holztischen ausgelegt waren: gelb-braune Bananen, orange-grüne Mandarinen, pralle, noch nicht vollständig gereifte Tomaten, Knoblauch- und Zwiebelknollen, dicke, kurze Karotten, cremeweißer Maniok, Kokosnüsse, Salatköpfe, Kürbisse, Papayas, blitzende Edelstahlschalen voll Reis und Bohnen.
Unter der gleißenden Sonne, die von einem klaren Himmel herabschien, summten Schwärme blau und grün schillernder Fleischfliegen über fettglänzenden Tischen voller Zebusteaks. Eine bucklige Alte hockte rittlings über zwei Körben mit orange-roten Krebsen und reizte mit ihrem Bambusstecken, den sie mitten in die wimmelnde Masse von Leibern hineinstieß, die Tiere so lange, bis die Scheren zupackten und den Stecken so fest hielten, dass sie sie herausheben konnte, um sie dann über einem Eimer abzuschütteln. Er kaufte Fisch, Reis und andere Lebensmittel ein, um etwas für den Abend zu haben, falls sie Eden bis zum Sonnenuntergang nicht erreichten, und besorgte dann noch Kekse und mehrere Flaschen Wasser.
Zeit, zum Boot zurückzukehren. Er blieb einen Moment stehen, um sich zu orientieren. Über einigen Hütten zu seiner Rechten konnte er eine Reihe Palmen erkennen, deren Wedel wie Hippiehaare im Wind flatterten. Dort musste der Strand sein. Er ging los, aber nach wenigen Schritten sah er am Ende einer schmalen Gasse ein Stück Wasser glitzern. Sofort bog er ab und ging zwischen zwei Reihen niedriger Hütten gemächlich schlendernd seinem Ziel entgegen, ohne den Mann zu bemerken, der ihm mit etwa einem Dutzend Schritten Abstand folgte.
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Kapitel 11
I
D as Commissariat Central de Police von Toliara, nicht weit vom Stadtzentrum gelegen, war ein zweigeschossiger gelber Bau, dessen von Löchern durchsetzte Fassade aussah wie ein Kriegsschauplatz. Rebecca fragte an der Wache nach Polizeipräsident Andriama, und ein junger Mann in Jeans und einem blütenweißen Hemd mit kurzen Ärmeln führte sie nach oben zu seinem Büro, wo er ihr mit großer Geste die Tür öffnete. Ein Luftzug vom offenen Fenster wirbelte lose Papiere auf dem Schreibtisch auf, und Andriama schlug blitzschnell mit der offenen Hand darauf, um zu verhindern, dass sie davonflogen. Doch als er Rebecca bemerkte, vergaß er die Papiere, sprang auf und eilte ihr entgegen, um sie zu begrüßen, wobei er mit beiden Händen ihre Hand umschloss und diese streichelte wie einen Kuschelhamster.
«Zu Ihren Diensten, Madame», versicherte er und zeigte strahlend die schwarzen Stummel bis zum Zahnfleisch abgefaulter Zähne. «Wie kann ich Ihnen behilflich sein?»
«Ich bin Rebecca Kirkpatrick», stellte sie sich vor. «Ich komme wegen meines Vaters und meiner Schwester.»
«Ah, ja. Natürlich.» Augenblicklich ließ er ihre Hand los, und seine Miene trübte sich. «Das ist eine schlimme Geschichte. Nehmen Sie doch Platz. Bitte setzen Sie sich.» In seiner Erscheinung vereinigte sich, wie bei so vielen Madagassen, das Erbe verschiedener Völker. Er war
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