Die Drachenjägerin 1 - Winter, M: Drachenjägerin 1
gehörigen Schlag abgekriegt.«
Einen Moment dachte sie, er würde sich nicht trauen. Doch dann legte er seine Hände auf ihr Haar und betastete ihre Kopfhaut. Als sie zusammenzuckte, hielt auch er den Atem an. » Tut mir leid. Seid Ihr in einen Steinschlag geraten? Ist die Höhle eingestürzt?«
Zum ersten Mal schwang ein echtes Lächeln in seiner Stimme mit, ein kaum sichtbares, leicht spöttisches Lächeln.
» Da waren noch mehr Gefangene. Mit denen bin ich aneinandergeraten. Es ist eine ordentliche Beule, nicht wahr? Kann man das auch magisch behandeln?«
Seine Hände verweilten auf ihrem Haar. Sie spürte, wie er am ganzen Körper bebte. Ihm musste bewusst sein, dass sie es fühlte, aber zu ihrem Erstaunen ließ er seine Finger liegen. Sie bewegten sich beide nicht; ihr war, als würde die Wärme seiner Fingerspitzen bis in ihr Herz fließen.
» Ja«, sagte er schließlich. » Nicht mit Salbe, dafür würde ich etwas von diesem Öl nehmen.« Er wandte sich ab und kam mit einem kleinen Fläschchen wieder. Nur ein paar Tropfen träufelte er auf die Schwellung, da fühlte Linn schon, wie die Kopfschmerzen sich auflösten, wie die Stelle wunderbar kühl wurde und aufhörte zu pochen.
» Ich habe noch weitere Verletzungen«, sagte sie hastig, selbst überrascht von der Gier nach seinen Händen auf ihrer Haut. » Einen Messerstich am Rücken. Den spüre ich auch noch. Ich dachte, eine einmalige Behandlung würde ausreichen, und hatte mich auch schon gewundert, warum es immer noch schmerzt.«
» Zeigt her.«
Sie wollte gerade ihre Tunika hochheben, um ihn einen Blick auf die Stichwunde werfen zu lassen, als Mora ins Zimmer platzte.
» Nival! Was machst du hier im Zimmer der jungen Dame! Linnia! Das kann doch wohl nicht wahr sein!«
Mit hochrotem Kopf huschte Nival hinaus. » Wir sprechen uns noch!«, rief seine Tante ihm nach, bevor sie sich wutschnaubend an das Mädchen wandte.
» Was wird das hier? Allein in einem Zimmer, noch dazu nachts? Ich dachte, ich kann dir vertrauen!«
» Das könnt Ihr auch«, versicherte Linn hastig. Ihr schauderte bei dem Gedanken daran, wie es für Mora ausgesehen hätte, wenn sie nur einen Moment später hereingekommen wäre. » Er wollte bloß seine Sachen holen. Wir haben ein wenig geredet, und er hat gefragt, wo ich so lange gesteckt habe. Wirklich, Frau Mora, was denkt Ihr von mir?«
» Euch unterhalten könnt ihr auch unten in der Essstube oder in der Küche. Aber zwei junge Leute, die nicht verheiratet sind, ohne Aufsicht, ohne irgendjemanden, der auf sie aufpasst – was hast du dir bloß dabei gedacht? Was hast du ihm erlaubt zu denken?«
» Nichts«, beteuerte sie. » Rein gar nichts. Ich bin verlobt, das weiß er. Keiner von uns würde das jemals vergessen. Ich habe ganz gewiss nicht die Absicht, Euren Neffen zu verführen, Frau Mora.« Linn erlaubte sich ein kleines Lachen, doch Moras Gesicht blieb eisig. » Dürfen wir nicht ein wenig miteinander reden? Wir haben uns so schrecklich lange nicht gesehen, und ich gehöre doch irgendwie zur Familie … fast …« Linns Stimme erstarb. Von Moras Freundlichkeit, mit der sie das Mädchen am Abend aufgenommen hatte, war nichts mehr übrig.
Das Stirnrunzeln der älteren Frau glättete sich ein wenig. » Na gut«, sagte sie. » Dann will ich dir das glauben. Aber es wäre grausam, in Nival eine Hoffnung zu wecken, die sich nie erfüllen kann. Er hat eine große Zukunft vor sich, und ich erlaube nicht, dass du ihm das verdirbst. Uns bleibt nichts anderes übrig, als so zu tun, als wäre nichts passiert. Doch ich warne dich, Linnia. Du bist immer noch eine Verdammte, verstoßen vom König persönlich – wenn du auf Gnade hoffst, wäre es alles andere als günstig, wenn Zweifel an deinem Lebenswandel aufkämen.«
» Aber«, stammte Linnia, » Ihr verratet doch nichts?«
» Nein«, versprach Mora. » Ich werde schweigen. Aber ich will dich nie wieder allein mit Nival erwischen, ist das klar? Wenn er etwas holen muss, soll er klopfen, und du reichst es ihm hinaus. Es gibt keinen Grund, warum er zu dir ins Zimmer kommen sollte. Überhaupt keinen.«
» Ich weiß. Ich hab’s verstanden.«
» Na hoffentlich.« Die Hausherrin wandte sich zum Gehen. » Ob du überhaupt hierbleiben kannst, das wird sich morgen zeigen. Und ob ich dich hierlassen kann, wenn die Gefahr besteht, dass du Nivals Leben und seine Karriere zerstörst – das muss ich mir noch durch den Kopf gehen lassen.«
Linn sagte kein Wort. Sie machte ein
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