Die Drachenjägerin 1 - Winter, M: Drachenjägerin 1
blutende Bein zierlich von sich gestreckt, die glutäugige Prinzessin. Kein Wunder, denn gerettet war sie noch lange nicht – um die beiden Menschen her wimmelte es von Drachen, und direkt vor ihnen hatte sich der größte von allen aufgebaut. Ein mächtiges grünschuppiges Ungeheuer, dem Feuer aus dem Maul tropfte, ein riesiger Drache, der fast nur aus Hörnern und Zähnen zu bestehen schien. Nachdenklich betrachtete Jikesch den Helden und seinen geifernden Feind.
» Grün«, sagte er. » Was für ein schönes Grün. Was ist das für ein Spiel, Linnia, das du hier spielst?«
Das Mädchen seufzte. » Ich war mir nicht sicher, sonst hätte ich es dir gesagt.«
» Also geht es um den Drachen aus der Legende, den schlimmsten von allen?«
» Dairan ValaNaik. Nat Kyah will die Macht des alten Drachenkönigs.«
Jikesch schwieg eine Weile. » In einer einzelnen Schuppe?«, fragte er schließlich zweifelnd.
» Er hat mir gesagt, dieser Stein – zusammen mit einem Zauberer – könne ihn unvorstellbar mächtig machen. Dairan war wie das Feuer selbst. Eine kleine Flamme genügt, um alles zu verbrennen, um einen Brand zu entfachen, wie es ihn noch nie gegeben hat … Doch«, berichtigte sie sich selbst, » das hat es. Den ersten Drachenmond vor achthundert Jahren, als die Länder brannten … Und wenn Nat Kyah mit diesem Stein das Gleiche tun kann? Wenn er der nächste Drachenkönig werden könnte? Wenn das alles ändern würde?« Alles. Sie fragte sich, was dieses Wort, so schnell dahingesagt, bedeuten mochte.
» Oh, oh«, meinte der Narr.
» Siehst du? Ich kann diesem Untier nicht geben, was es will, selbst wenn ich den Stein finden würde – aber ich muss. Was soll ich bloß tun? Hoffen, dass ich nie auf diese grüne Schuppe stoße, die Nat Kyah die Macht verleihen würde, um ganze Königreiche zu zerstören?«
» Wenn wir einen Drachen hätten wie jenen da, bräuchten wir einen Helden, der mehr vermag als Brahan. Einen zweiten Laran. Wer soll dieser Held sein? Du vielleicht? Oder Prinzlein Arian, der dann endlich beweisen darf, was in ihm steckt? Oder müssen wir gar zu Helden werden? Schließlich ist es unser Drache. Dieser Drache, der ein Sturm werden will.«
» Es darf niemals dazu kommen«, sagte sie. » Ich muss Nat Kyah davon überzeugen, dass es diesen Stein nicht gibt, damit er aufhört, danach zu suchen.«
» Vielleicht gibt es ihn tatsächlich nicht«, murmelte er ungewohnt ernst. » Wir sollten die Götter darum bitten, sonst sind wir alle verloren.«
» Ah, da bist du ja, Narr!«
Einer der Wächter kam die gegenüberliegende Treppe herauf. Hastig drehte Linn sich um – leider gab es nichts anderes abzustauben als das große Bild. Emsig widmete sie sich dem Rahmen.
» He«, sagte der Wächter. » In diesem Stockwerk wird jetzt nicht geputzt. Gleich kommen Botschafter Charrin und seine Schreiberin Chamija hier hoch und werden ihre Gemächer beziehen.«
Schon schritt eine große Gruppe elegant gekleideter Menschen die Stufen herauf. Linn konnte sich gerade noch ein paar Yags in Sicherheit bringen, da standen die Edelleute schon vor dem Gemälde, und der Narr sprang ihnen entgegen.
» Eine kleine Führung gefällig? Hier seht Ihr Brahan, den wunderbaren, den heiligen alten Brahan, mit einer Blechbüchse verkleidet, um sich unerkannt an dieses froschige Ungeheuer anzuschleichen!«
Es musste der Botschafter sein, ein hochgewachsener, hagerer Mann mit einer Adlernase, der kühl antwortete: » Auch in Tijoa werden die alten Helden gewürdigt. Dieser Maler ist übrigens fantastisch. Er hat seinen Verstand benutzt und ist davon ausgegangen, dass Brahan um sein Leben gekämpft hat, statt sich nur auf die Götter zu verlassen.«
Die Dame in dem weißen Pelz lächelte. Linn betrachtete sie verstohlen. Doch, die Tijoanerin war erstaunlich hübsch und bestürzend jung. Golden glänzendes Haar umrahmte ihr herzförmiges Gesicht, und ihre großen blauen Augen funkelten belustigt. Linn fragte sich unwillkürlich, warum sie in ihrem Alter – sie konnte kaum älter sein als sechzehn – schon so einen verantwortungsvollen Posten bekleidete und den Botschafter auf diese lange Reise begleiten durfte. Aber anscheinend umgab sich dieser Herr Charrin gerne mit attraktiven Menschen. Linn hielt Ausschau nach dem gut aussehenden Assistenten, von dem die Gräfinnen geschwärmt hatten, aber vielleicht war er ihnen schon in die Fänge geraten, denn von einem dritten Ausländer war nichts zu sehen.
» Wir sollten diesen
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