Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
Luft schnappten, mit ängstlichen Gesichtern dastanden und trotzdem nicht weggehen konnten.
» Los!«, rief sie ihm zu. » Fürchtest du dich mehr als ich?«
Er warf. Ein Messer, zwei, das nächste. Alle Messer, die einer der Männer ihm reichte, und er malte damit Alasans Umrisse nach, nagelte ihr Haar ans Holz, das mit Federn und Schleifen, mit kleinen Muscheln und winzigen Steinchen geschmückte Haar.
Einer Frau unter den Zuschauern wurde schlecht, sie stolperte davon. Die Männer johlten begeistert. Münzen regneten in die Kisten. Jemand fragte: » Ist das nicht der Narr, der immer im Schlosshof sitzt?«
Lachend kam Alasan auf ihn zu. » Oh ich wusste, du kannst es noch. Keinen Augenblick hatte ich Angst.«
Nivals Herz hämmerte wild, als er antwortete: » Ich schon.«
Sie legte eine Hand auf seine Schulter. » Mit dieser Nummer werden wir unterwegs gut verdienen, wenn du uns begleitest, Jikesch.«
Er erstarrte. Hatte Chamija das gehört? Wo war sie?
» Du und dein Vater und ich … wie ein richtige Familie.«
» Was soll das heißen, mein Vater und du?«, fragte er.
» Nun … kannst du dir das nicht denken?«
Der wilde Zorn, der ihn plötzlich durchströmte, traf ihn mit der Gewalt einer Frühjahrsflut, mächtig und zerstörerisch, und riss ihn mit sich.
» Deshalb ist ihm die Rache nicht mehr wichtig – weil er meine Mutter vergessen hat?«
Aus diesem Grund war es seinem Vater also egal, ob sein Sohn die mörderische Mission erfüllt hatte. War es dem Tensi je um Luzines Schicksal gegangen? Oder hatte Cassemin nur seinen Sohn loswerden wollen, der im Weg war, als er um eine jüngere Frau werben wollte? Der erfahrene Spielmann hatte die Waffe geschmiedet, die einen König töten konnte – und dann den Attentäter, den er geschaffen hatte, seinem Schicksal überlassen. Eine Laune, mehr nicht. Was kümmerten die Tensi Könige, was kümmerten sie Bestrans? Was bedeutete ihnen der Tod einer Bestran-Frau, die niemals mehr gewesen war als ein Zeitvertreib?
Es war nur ein einziger Augenblick, in dem die Dämme brachen, in dem der Zorn sich ungehindert Bahn brechen konnte. Jikesch krallte die Hand um Alasans Arm, sein Fuß zuckte vor, und er trat sie gegen das Schienbein. An die Schuppe in seinem Schuh erinnerte er sich erst, als die Tänzerin vor ihm auf dem Pflaster lag, das Gesicht weiß, die Augen blicklos, und sich unter ihrem Kopf eine Blutlache ausbreitete.
Da rannte er, wie gejagt von tausend Flüsterwespen, drängte sich durch die Menge, schob sich durch unzählige Beine, die ihm den Weg versperrten, hetzte durchs Tor. Heulend und weinend stürmte er den Hang hinauf, zurück ins Schloss, wo wenigstens niemand wohnte, um den er Angst hatte.
17
» Ihr schleicht Euch von beiden Seiten an«, sagte Okanion. Der Drache ruhte in einer Mulde am Ufer eines Flüsschens wie ein Schatz in einem mit Samt ausgeschlagenen Kästchen. Ein Juwel in Silberrot. Seine Schönheit verschlug Linn den Atem.
» Warum wir?«, beschwerte sich Gunya. » Sie soll ihn erledigen. Es war nicht die Rede davon, dass wir ihr helfen und sie dann den ganzen Ruhm und die Geschenke einsackt.« Die Zeit, in denen sie Linn fast menschlich vorgekommen war, war offenbar vorüber. Die junge Drachenjägerin hatte schon gehofft, dass sie sich den Respekt der Ritterin verdient hatte, doch das war wohl nicht von Dauer gewesen.
» Manchmal frage ich mich, wie Ihr so lange überleben konntet«, meinte Linn, » ohne dass Euch jemand Eure reizende Nase gebrochen hat.«
» Ha!«
» Keine Sorge, ich werde das nicht übernehmen. Schließlich habt Ihr mir das Leben gerettet«, fügte Linn hinzu, » auch wenn Ihr Euch anscheinend nicht daran erinnern könnt. Bei meinem ersten Kampf mit einem Drachen, in Werrin, wisst Ihr noch?«
Gunya grunzte etwas Unverständliches.
» Da wäre es doch schade, wenn es umsonst gewesen sein sollte, nicht wahr? Also, ich empfehle Euch, Okanions Anweisungen zu befolgen. Sichert die Seiten, ich werde von vorne angreifen. Meinetwegen können wir auch vierzig Drachen töten, bis jeder von uns zehn hat.«
» Na los«, sagte Okanion. » Wer jetzt noch zögert, hätte lieber Kammerjäger werden sollen statt Drachenjäger.«
Je näher sie dem Drachen kamen, umso weniger wirkte er wie ein Juwel; vor ihnen wuchs er zu einem funkelnden Felsen empor, von Disteln und Blumen bewacht. Seine Hörner und Zacken waren leicht rötlich. Linn fand ihn wunderschön und verharrte einen Moment staunend, bevor sie sich an den
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