Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
zerstreute. D'Artagnan kam hinzu, als die letzten Fetzen zur Erde flatterten. – »Mein Herr,« sagte der Musketier, »der König erwartet Sie.« –
Der Oberintendant schritt durch den Korridor, wo die Herren von Brienne, von Rose und von Saint-Aignan, auf Befehle des Königs wartend, herumstanden. Es fiel Herrn Fouquet auf, daß sie ihn kaum beachteten; sie grüßten ihn nicht einmal. Er erkannte an dem Benehmen dieser Höflinge die Stimmung, die beim König selbst gegen ihn herrschte. Aber er richtete den Kopf stolz empor und trat mit ruhiger Entschlossenheit vor Ludwig XIV., der am Schreibtische saß und, ohne aufzublicken, nach Herrn Fouquets Befinden fragte.
»Ich habe Fieber,« antwortete der Minister, »aberich stehe Eurer Majestät zu Dienst.« – »Die Stände versammeln sich morgen,« sprach Ludwig. »Haben Sie eine Ansprache vorbereitet?« – »Nein, doch kann ich aus dem Stegreif reden, denn ich kenne die Staatsgeschäfte so gut, daß ich nicht in Verlegenheit kommen kann. Aber warum haben Majestät Ihrem ersten Minister das nicht in Paris gesagt?« – »Sie sind krank, ich will Sie nicht mehr anstrengen.« – »Mich strengt keine Arbeit an,« erwiderte Fouquet. »Und da hiermit der Augenblick gekommen ist, Eure Majestät um eine Erklärung zu bitten –« – »Um was für eine Erklärung, Herr Fouquet?« – »Ueber die Gesinnung Eurer Majestät gegen meine Person. Sire, ich bin verleumdet worden und muß Sie bitten, eine gerichtliche Untersuchung gegen mich in die Wege zu leiten. Ich selbst werde dabei als Kläger gegen einen Mann auftreten, der mich bei Eurer Majestät immer wieder in Mißkredit bringt.« – »Herr Fouquet, ich habe das Anklagen nicht gern.« – »Doch wenn man beschuldigt wird, Sire, soll man sich da nicht rechtfertigen dürfen?« – »Ich erkläre Ihnen, ich beschuldige Sie nicht.«
Fouquet trat zurück. – »Er hat seinen Entschluß gefaßt,« dachte er. »So halsstarrig ist nur jemand, der nicht mehr zurück will. In diesem Augenblick die Gefahr nicht sehen, hieße blind sein, und nur ein Tor würde wehrlos abwarten.« – Und laut fragte er: »Haben Majestät mich zu einer Arbeit befohlen?« – »Nein, Herr Fouquet, ich habe Ihnen nur den einen Rat zu erteilen, ruhen Sie sich aus. Die Ständeversammlung wird bald vorüber sein, und dann gedenke ich Ihnen volle Ruhe zu vergönnen.« – »Haben Sie mir in betreff dieser Ständeversammlung irgend etwas zu sagen?« – »Nein, HerrFouquet.« – »Mir, dem Finanzminister, gar nichts?« – »Ruhen Sie aus, das ist alles, was ich Ihnen zu sagen habe. Sie sind krank, Sie müssen sich pflegen.«
»Sire, dann darf ich vielleicht auch darum bitten, der Ständeversammlung fernbleiben zu dürfen, da Eure Majestät so sehr besorgt um meine Gesundheit sind?« antwortete er. »Ich werde den morgigen Tag im Bett zubringen und mir etwas gegen mein Fieber verschreiben lassen.« – »Ich gestatte Ihnen das gern, Herr Fouquet. Sie haben Urlaub, und ich werde Ihnen meinen Leibarzt schicken.« – »Ich danke,« antwortete Fouquet mit einer tiefen Verbeugung. »Und da Majestät in Nantes sind, so werden Sie mir vielleicht das Glück gewähren, nun von Belle-Ile Besitz zu ergreifen, das Sie von mir anzunehmen geruht haben?« – Er sah bei diesen Worten dem König fest ins Gesicht. Ludwig errötete und antwortete: »O, ich habe nicht etwa deswegen meine Musketiere mitgebracht.«
»Sire,« erwiderte der Minister lächelnd, »das kann ich mir denken. Brauchen doch Majestät auch nur mit einem Spazierstock in der Hand Belle-Ile zu betreten, um alle Befestigungen fallen zu machen.« – »Pst!« rief Ludwig. »Diese schönen Festungswerke sollen ja gar nicht fallen; sie können mir noch gute Dienste gegen England und Holland leisten. Nun ja, ich werde nach Belle-Ile fahren. Haben Sie Fahrgelegenheiten in Bereitschaft?« – Fouquet durchschaute diesen Schachzug, der ja eigentlich auch eine ziemlich plumpe Finte war. – »Nein, Sire,« antwortete er, »ich wußte ja nicht, daß Majestät so sehr schnell hierher kommen würden. Es ist für nichts gesorgt. Ich habe fünf Schiffe, aber sie liegen alle hier und dort im Hafen, und bis man sie hier haben kann,vergehen mindestens 24 Stunden. Soll ich durch einen Kurier eins herbestellen?«
»Warten Sie bis morgen,« versetzte der König. »Lassen Sie erst das Fieber vorübergehen.« – »Es ist wahr,« sagte Fouquet, der nunmehr des Königs Absicht klar durchschaute. »Wer weiß, ob wir nicht
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