Die Ehre der MacKenzies (German Edition)
verräterische Aktivitäten gegen sein Land verwickelt war, erstickte jede Chance dazu. Barrie wollte eine Erklärung, wollte einen plausiblen Grund für ihre Entführung hören. Wenn sie das Haus verließ, wollte Barrie sich nicht ständig umschauen müssen und darüber nachdenken, ob sie nicht doch besser mit einem Leibwächter gegangen wäre. Sie wollte ein normales Leben führen, und sie wollte ihr Kind nicht in einer Atmosphäre der Angst großziehen.
Denn genau das war es, womit das gesamte Haus angefüllt war. Es erdrückte sie. Sie musste fort, weg von der Angst, dass, sollte ihr Vater wirklich in dunkle Geschäfte verwickelt sein, sie jederzeit erneut entführt werden könnte. Es ging jetzt nicht mehr nur um sie selbst. Barrie musste auch an ihr Kind denken.
In den ersten Schwangerschaftsmonaten schlief Barrie morgens lange, aber an einem Morgen hatte lautes Spatzengezwitscher vor ihrem Fenster sie aufgeweckt. Sobald sie wach war, meldete sich die morgendliche Übelkeit, und Barrie hastete zum Bad. Danach ging es ihr wieder gut, und zum ersten Mal seit Wochen verspürte sie wieder richtigen Hunger.
Es war kaum sechs Uhr, Adele, die Köchin, war noch nicht im Haus. Frühstück gab es normalerweise um acht. Barrie knurrte der Magen. Noch zwei Stunden … so lange konnte sie nicht warten.
Also schlüpfte Barrie in Morgenmantel und Pantoffeln und verließ leise ihr Zimmer. Das Schlafzimmer ihres Vaters lag direkt am Treppenabsatz, sie wollte ihn nicht stören. Mehr noch, sie wollte vermeiden, dass er mit ihr in die Küche kam. Er bemühte sich sehr, so zu tun, als sei nichts passiert. Aber Barrie gelang das nicht.
Sie glaubte, er schlafe noch, aber als sie an seiner Tür vorbeikam, hörte sie die Stimme ihres Vaters. Sie dachte, er habe sie vielleicht gehört und nach ihr gerufen. Doch als sie stehen blieb, sagte er gerade in scharfem Ton: „Mack“.
Barrie erstarrte. Ein kalter Schauer ergriff sie. Der einzige Mack, den sie kannte, war Mack Prewett. Aber warum sollte ihr Vater mit Prewett telefonieren? Soweit sie wusste, war der immer noch in Athen. Ihr Vater hatte demissioniert. Was hatte er noch mit Prewett zu bereden?
Dann überschlug sich plötzlich ihr Puls. Vielleicht hatte sie ja nur die erste Silbe von Mackenzie gehört. Vielleicht war Zane das Thema. Wenn sie an der Tür horchte, konnte sie möglicherweise etwas Neues herausfinden.
Sie schlich zur Tür und lauschte.
„… ist hoffentlich bald zu Ende“, hörte sie ihren Vater sagen, dann schien er selbst zuzuhören. „Das war nie so geplant. Barrie sollte nie mit hineingezogen werden. Sieh zu, dass du die Sache zum Abschluss bringst, Mack.“
Verzweifelt schloss Barrie die Augen. Eiseskälte durchfuhr sie und ließ sie zittern. Sie musste schlucken, um die Übelkeit zu unterdrücken. Ihr Vater war tatsächlich an dunklen Geschäften beteiligt, zusammen mit Mack Prewett. War Prewett ein Doppelagent? Und wenn ja, für wen spionierte er? Es war nicht mehr wie früher, in der Zeit des Kalten Krieges waren die Grenzen auf der Welt noch gestochen scharf gezogen. Heute schienen Geld und Religion die Hauptursachen für Konflikte zu bilden. Wo passten Mack Prewett und William Lovejoy in dieses Bild? Welche Informationen besaß ihr Vater, die Mack Prewett als CIA-Agent nicht zur Verfügung standen?
Barrie fand keine Antworten. Es konnte alles Mögliche sein. Ihr Vater hatte Freunde in ganz Europa, er erfuhr viele Dinge, auch Vertrauliches. Es machte nur keinen Sinn, dass er für Geld Informationen verkaufen sollte. Schließlich hatte William Lovejoy mehr als ein angenehmes finanzielles Polster im Rücken. Doch für manche Leute war Geld wie eine Droge, sie mussten immer mehr haben, waren immer auf der Suche nach einer neuen Einnahmequelle … und nach Macht und Einfluss, die mit Geld einhergingen.
War es möglich, dass Barrie sich so sehr in ihrem Vater getäuscht hatte? Hatte sie ihren Vater immer nur mit den Augen des Kindes gesehen, als den Mann, der ihr Sicherheit und Geborgenheit gab, nicht als einen Mann, dessen Ehrgeiz seine Moral vergiftete?
Tränenblind stolperte Barrie zu ihrem Zimmer zurück. Ihr war gleich, ob ihr Vater sie hörte. Er schien jedoch noch in sein Gespräch vertieft zu sein, denn seine Tür blieb verschlossen.
Sie rollte sich auf ihrem Bett zusammen und dachte über das Gehörte nach. Was war nie geplant gewesen? Die Entführung? Das war jetzt mehr als zwei Monate her. Hatte es etwa eine neue Drohung gegeben? Wollte
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