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Die Eifelgraefin

Die Eifelgraefin

Titel: Die Eifelgraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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«Was ist denn nun?» Elisabeth ging zur Tür und schaute hinaus. Gerade kamGertrud die letzten Stufen heraufgelaufen. Ihr Gesicht war von der Anstrengung leicht gerötet. «Elisabeth, kommt schnell herunter. Da sind Gaukler in den Hof gekommen. Frau Hedwig und Herr Simon sind schon unten und begrüßen sie. Kommt schnell, sonst verpasst Ihr sie noch!»
    «Gaukler?», fragte Elisabeth erstaunt nach. «Eine ganze Gruppe?» Sie warf sich ihren Mantel erneut über und folgte dem aufgeregten Mädchen die Wendeltreppe hinab. Luzia eilte ihnen hinterher.
    «Ich weiß nicht, wie viele es sind», hörte sie Gertrud plappern. «Es ist ein großer Wagen, der von zwei Mauleseln gezogen wird. Das haben wir durchs Fenster gesehen.»
    Die Nachricht, dass eine Schaustellertruppe auf der Burg eingetroffen war, hatte sich bereits wie ein Lauffeuer verbreitet, und von überall her kamen Knechte und Mägde und auch einige der Wachsoldaten herbeigelaufen.
    Als die drei jungen Frauen den Hof erreichten, war einer der Gaukler, ein kleiner rundlicher Mann mittleren Alters mit schütterem braunem Haar, auf den Bock des Reisewagens geklettert. Er trug ein braun-blaues Gewand im Schachbrettmuster und einen breiten Filzhut, den er nun lüftete, während er sich vor seinem Publikum schwungvoll verbeugte.
    «Seid gegrüßt, ihr lieben Leut und ihr edlen Frauen und Herren!», sagte er mit einer volltönenden Stimme, die mühelos sogar im hintersten Winkel des Burghofs zu verstehen war. «Mein Name ist Heinrich, man nennt mich auch Henri le Trouvère. Erlaubt mir, ihr guten Leut, dass ich euch meine Truppe vorstelle, denn es handelt sich um überaus talentierte, ja begnadete Künstler, die es kaum erwartenkönnen, euch mit ihren Darbietungen zu erfreuen.»
    Von irgendwo hinter dem Wagen erklang ein lauter Trommelwirbel, und ein Mann sprang neben ihn auf den Wagen und verbeugte sich.
    «Der singende klingende Roland», stellte Heinrich den jungen Mann vor, der sein langes schwarzes Haar im Nacken zu einem Zopf zusammengebunden hatte. Seine Kleidung sah ziemlich abgetragen aus.
    «Er ist unser Sänger und Musikus. Spiel uns etwas vor, Roland!»
    Roland zog eine Flöte unter seinem Wollmantel hervor und spielte eine lustige Melodie. Heinrich nickte zustimmend. «Dank dir für die Kostprobe. Ihr guten Leut, wenn ihr es uns erlaubt, werden wir euch zeigen, dass Roland nicht nur der Flöte die schönsten Weisen entlocken kann, sondern auch der Fidel, der Schalmei, der Leier und sogar, so wahr ich hier stehe, seinem Kamm!»
    Für die letzten Worte erntete Heinrich die ersten Lacher. Roland verbeugte sich erneut und sprang zurück auf den Boden. Als Nächster kletterte ein blonder Hüne neben Heinrich auf den Bock. Wieder erklang ein Trommelwirbel.
    «Veit, mein Freund!», rief Heinrich und klopfte dem muskulösen Kerl, der ihn um mehr als einen Kopf überragte, auf die Schulter. «Sag den Leuten, was dich hierherführt!»
    Veit grinste breit und zog unter der Plane des Wagens eine Pechfackel hervor, die im nächsten Moment wie von Zauberhand aufflackerte. Er ergriff eine zweite Fackel und dann eine dritte, entzündete beide an der ersten und begannmit den brennenden Stäben zu jonglieren. Bewunderndes Raunen ging durch die Reihen der Knechte und Mägde. Plötzlich warf er alle drei Fackeln zugleich in die Luft, fing sie nacheinander auf und löschte sie mit seinem Mund.
    Gertrud stieß einen erschrockenen Schrei aus. Veit verbeugte sich und sprang vom Wagen, begleitet von Applaus und Jubelrufen.
    Heinrich wartete, bis die Leute sich wieder beruhigt hatten, dann breitete er seine Arme aus. «Verzeiht ihm seine Schweigsamkeit, liebe Leut. Er ist ein bisschen schüchtern.»
    Wieder wurde gelacht.
    Die Trommel setzte wieder ein, und im nächsten Moment traten der Trommler und ein weiterer Mann hinter dem Wagen vor. Beide waren identisch in farbenfroh gemusterte Hemden, Beinlinge und Mäntel gekleidet.
    Heinrich winkte sie zu sich.
    «Dies sind Friedbert und Siegbert, unsere scherzenden Zwillinge. Sagt, Leute, sehen sie einander nicht ähnlich wie ein Ei dem anderen?»
    Wieder lachten die Umstehenden, denn unähnlicher konnten sich zwei Menschen kaum sein. Abgesehen von den Kleidern, hatten sie rein gar nichts gemein. Friedbert war groß und breitschultrig mit stoppeligem hellblondem Haar und Händen so groß wie Schaufeln. Siegbert hingegen war einen Kopf kleiner als sein Bruder, schmal und dunkelhaarig. Seine feingliedrige Gestalt erinnerte fast an ein

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