Die Eifelgraefin
etwasbeizubringen. Sogar die Kinderfrau kam mit dem kleinen Simon, dem erst fünfjährigen Sohn Hedwigs, in die Kemenate und schaute zu.
Elisabeth hatte den Umstand, dass nun richtige Musikanten auf der Burg weilten, ausgenutzt und den jungen Roland gebeten, diese Generalprobe, wie sie es nannte, mit der Fidel zu begleiten.
Den Mädchen machte es großen Spaß, zu richtiger Musik zu tanzen, während Friedel und Emmerich herumzappelten und sich ganz offenbar langweilten. Elisabeth musste sie mehrfach streng zur Ordnung rufen, bis sie bereit waren, die Schritte mit ihren Tanzpartnerinnen korrekt auszuführen. Sie selbst tanzte dabei mit Friedel, der mit seinen knapp vierzehn Jahren der ältere der Knappen war. So konnte die zierliche Gertrud mit ihrem kleinen Bruder tanzen, der sich als einziger der Jungen große Mühe gab, alles richtig zu machen.
Der Tanzstunde schloss Elisabeth dann noch eine Lektion in Tischmanieren und Konversation an. Dazu ließ sie den Tisch in der Kemenate von Luzia mit schlichtem Geschirr, Holzlöffeln und einfachen Messern decken und die Jungfern und Knappen Platz nehmen.
Hedwig hatte ihnen zwar bereits die entsprechenden Regeln beigebracht, schien aber nicht allzu streng auf deren Einhaltung achtzugeben. Elisabeth ließ jedoch keinerlei Nachlässigkeit zu, was vor allem die Knappen zu spüren bekamen. Während nämlich Herzelinde und Gertrud sich redlich Mühe gaben, sich vorbildlich zu verhalten, machten Friedel und der etwas behäbige Emmerich sich einen Spaß daraus.
«Wozu brauche ich denn überhaupt Fingerregeln?», beschwerte sich sogar der kleine Craft. «Ich kann doch mit der ganzen Hand viel besser zugreifen!»
Friedel lachte laut und nickte zustimmend, während Emmerich begeistert in die Hände klatschte.
Elisabeth, die Craft gegenüber kerzengerade auf ihrem Stuhl saß, erläuterte: «Die Fingerregeln, wie du es nennst, sind sehr wichtig, mein Junge. Wir können nicht einfach mit beiden Händen auf die Bratenplatte greifen und sollten auch nicht das Fleisch in die Soßenschüssel tauchen. Das macht einen sehr schlechten Eindruck. Fleisch nehmen wir nur mit Daumen und Zeigefinger von der Platte, tauchen es nicht ins Salzfass, sondern nehmen uns ein paar Körnchen mit unserer Messerspitze …» Sie führte es vor, indem sie mit ihrem Messer ein paar Sandkörnchen aus einem Tontöpfchen entnahm. «Und die Finger tauchen wir niemals tiefer als bis zum ersten Glied in die Soßenschüssel. Auf diese Weise bekleckern wir uns auch nicht …»
***
Mit großen Schritten stieg Johann die Stufen zu seiner Kammer hinauf. Auf Höhe der Steinkammer schallte ihm plötzlich ein Tanzlied entgegen. Verblüfft blieb er stehen und lauschte. Hedwig hatte ihm zwar zur Begrüßung erzählt, dass sich am Vortage eine Gauklergruppe auf der Burg eingefunden habe, doch was sie in der Kemenate – denn von dort schien die Musik zu kommen – zu suchen hatte, war ihm schleierhaft. Aber er war schwer mit zwei Bündeln bepackt, also ging er zunächst ein Stockwerk höherund betrat seine Kammer. Er war verspätet eingetroffen, denn er hatte den gestrigen Tag in Mayen verbracht. Sein Vater hatte ihm aufgetragen, den dortigen Amtmann Hans Grosse wegen einer Urkundensiegelung aufzusuchen, also hatte er die Gelegenheit genutzt und diese Pflicht erfüllt. Er war daraufhin von Grosse zum Essen eingeladen worden, der wohl annahm, dass sich Johann in der Gesellschaft seiner beiden hübschen Töchter wohlfühlen würde. Es waren in der Tat zwei reizende Mädchen, die Johann mit amüsanten Geschichten zu unterhalten wussten. Deshalb verabschiedete er sich später als geplant und beschloss, erst am folgenden Morgen nach Kempenich zu reiten.
Johann legte die Bündel auf dem Bett ab und warf einen Blick aus dem Fenster. Noch schien die Sonne von einem fast wolkenlosen Himmel, doch die Luft roch nach Regen.
Im Nachhinein musste er über sich selbst den Kopf schütteln. Dass er fast den gesamten gestrigen Nachmittag mit den Töchtern des Amtmannes verbracht hatte, konnte dieser mit Fug und Recht als ein Interesse an den Mädchen auslegen. Johann vermutete schon länger, dass Grosse, der einer reichen Patrizierfamilie entstammte, mit einer Verbindung zum Hause von Manten liebäugelte. Kathryn, mit ihren vierzehn Jahren noch recht jung, war ein dralles Mädchen mit einem runden, gleichwohl aber hübschen Gesicht. Ihre ältere Schwester Maria war etwas schlanker, ähnelte mit ihren weizenblonden Haaren ihrer
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