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Die Eifelgraefin

Die Eifelgraefin

Titel: Die Eifelgraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Schwester jedoch sehr. Beide Mädchen konnten eine ansehnliche Mitgift vorweisen, was Grosse immer wieder ins Gespräch hatte einfließen lassen.
    Nachdenklich blickte Johann über die Hügel hinweg zum Horizont. Keines der beiden Mädchen reizte ihn besonders, obgleich sie beide nett, wohlerzogen und unterhaltsam waren. Möglicherweise lohnte es sich, eine der beiden als künftige Herrin der Mantenburg in Erwägung zu ziehen.
    Doch heute war nicht der Tag, über solche Dinge nachzudenken. Johann wandte sich vom Fenster ab und verließ die Schlafkammer, um den Vorgängen in der Kemenate auf den Grund zu gehen.
    Als er auf die halb offenstehende Tür von Hedwigs Zimmer zuging, war die Musik jedoch verstummt. Er hörte Elisabeths Stimme, die in strengem Tonfall den Sinn von Tischregeln erläuterte.
    Johann runzelte die Stirn und näherte sich leise der Tür. Belustigt erkannte er die Knappen, den Pagen und die Edeljungfern, die sittsam am Tisch saßen und eine Lektion in gutem Benehmen über sich ergehen lassen mussten. Johann lehnte sich in den Türrahmen und lauschte aufmerksam Elisabeths Ausführungen über den richtigen Gebrauch des Löffels und die Notwendigkeit, sich vor Benutzung des Trinkbechers den Mund abzuwischen. Sie saß dabei aufrecht, als habe sie eine Holzlatte verschluckt, und ihre Stimme klang so bestimmt, dass selbst der größte Tölpel begreifen musste, dass sie das, was sie sagte, als ehernes Gesetz betrachtete.
    Die Jungen schienen davon wenig begeistert zu sein. Als Emmerich versuchte, sich bequemer hinzusetzen und die Beine auszustrecken, erntete er von Elisabeth einen kurzen, aber heftigen Tritt gegen das Schienbein. Im nächsten Momentkiekste Friedel empört auf. Er saß zu Elisabeths Rechten, und ihr Zeigefinger hatte sich hart in seinen Rücken gebohrt, um ihn dazu zu bringen, sich aufrecht hinzusetzen.
    «Halt das Messer mit der Spitze nach unten», wies sie den kleinen Craft an. «Nimm die Ellenbogen vom Tisch und achte auf deine Tischnachbarin. Ihr Becher ist leer, also solltest du sie fragen, ob sie noch etwas trinken möchte.»
    Craft kaute konzentriert auf seiner Unterlippe, dann wandte er sich an Gertrud, die neben ihm saß. «Willst du noch   …»
    «Halt!» Elisabeth schüttelte strafend den Kopf. «Du sprichst mit deiner geliebten Schwester, also sei höflich!»
    Emmerich kicherte und zuckte sofort zusammen, als ihn erneut Elisabeths Schuhspitze am Schienbein traf.
    «Also noch einmal, Herr Craft», forderte sie den kleinen Jungen auf.
    «Ähm.» Craft runzelte die Stirn. «Liebe Schwester, möchtest du noch etwas zu trinken haben?»
    Elisabeth nickte beifällig. «Schon besser. Und nun antwortet ihm, Gertrud.»
    Gertrud wandte sich ihrem Bruder zu. «Vielen Dank, lieber Bruder. Würdest du mir bitte noch von dem süßen Wein geben.»
    «Ah, ah!» Lächelnd schüttelte Elisabeth den Kopf. «Ihr solltet am Abend nicht mehr als einen Becher von dem schweren Wein trinken, Gertrud. Bittet Euren Bruder um den Apfelmost.»
    Gertrud seufzte ergeben. «Lieber Bruder, würdest du mir bitte etwas von dem Most einschenken?»
    «Sehr schön», lobte Elisabeth. «Und nun noch einmal, ohne zu seufzen.»
    Gertrud verzog das Gesicht.
    «Und ohne Grimasse!», tadelte Elisabeth sofort.
    Gertrud zuckte zusammen, holte jedoch gehorsam Luft und begann: «Lieber Bruder, würdest du   …» In diesem Moment bemerkte sie Johann. Erschrocken hielt sie inne.
    Elisabeth folgte dem überraschten Blick des Mädchens und hob die Brauen. «Herr Johann, guten Tag.»
    Johann stieß sich vom Türrahmen ab, trat einen Schritt in die Kemenate und wollte gerade zu einer Antwort ansetzen. Doch Elisabeth war bereits aufgestanden und um den Tisch herum auf ihn zugegangen. Missbilligend sah sie ihm in die Augen, und zum wiederholten Male war er irritiert, weil sie dazu kaum zu ihm aufschauen musste. «Das Belauschen einer Tischkonversation zeugt von schlechter Kinderstube», sagte sie im selben Tonfall, mit dem sie auch die Jungen und Gertrud zurechtgewiesen hatte. Hinter ihr wurde gekichert, doch auf ihren kurzen Blick hin richteten sich die Übeltäter sofort wieder auf und taten, als hätten sie nichts Wichtigeres zu tun, als die imaginären Speisen auf ihren Holztellern zu verzehren.
    «Wünscht Ihr mir etwas mitzuteilen, oder möchtet Ihr Euch zu unserer Runde gesellen und Eure Kenntnisse in höfischem Benehmen auffrischen?»
    Johanns belustigter Gesichtsausdruck verflog. «Weder noch», antwortete er. «Und ich

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